Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.hastige Knabe rannte ihm in den Weg; es war Rebb Josseph, sein Vater. Was willst du? wo laufst du hin? fragte er ihn streng. Fischele erbleichte, zwei harte Augen ruhten furchtbar, sein Inneres durchforschend, auf ihm. Meinst du, ich weiß nicht, was dir die Babe anbefohlen hat? rief er mit grausamem Hohne. Der da, sagte er, indem er sich gegen die Bäuerin wandte und mit dem Finger sie bezeichnete, der da sollst du helfen? Ich brech' dir aber ender den Hals und das Genick, wenn du nur einen Finger aufhebst. -- Fort, fort, wenn sie sich den Pack hat aufgelast', kann sie ihn auch schleppen. Er riß den Knaben hastig weg und ging mit ihm auf das Haus zu. Die Bäuerin mußte um diesen Augenblick die Gewalt einer Löwin empfangen haben, mit einem einzigen Rucke hatte sie die eiserne Haue und den schweren Sack vom Boden aufgehoben; rasch ging sie von dannen, die Last schien federleicht in ihren Händen geworden; hinter der Kirche entschwand sie den Blicken. -- -- Zwei Thränen, die aus den Augen der alten Frau schwer und langsam fielen, folgten ihr nach. Wir werden diese Thränen zu deuten wissen! -- hastige Knabe rannte ihm in den Weg; es war Rebb Josseph, sein Vater. Was willst du? wo laufst du hin? fragte er ihn streng. Fischele erbleichte, zwei harte Augen ruhten furchtbar, sein Inneres durchforschend, auf ihm. Meinst du, ich weiß nicht, was dir die Babe anbefohlen hat? rief er mit grausamem Hohne. Der da, sagte er, indem er sich gegen die Bäuerin wandte und mit dem Finger sie bezeichnete, der da sollst du helfen? Ich brech' dir aber ender den Hals und das Genick, wenn du nur einen Finger aufhebst. — Fort, fort, wenn sie sich den Pack hat aufgelast', kann sie ihn auch schleppen. Er riß den Knaben hastig weg und ging mit ihm auf das Haus zu. Die Bäuerin mußte um diesen Augenblick die Gewalt einer Löwin empfangen haben, mit einem einzigen Rucke hatte sie die eiserne Haue und den schweren Sack vom Boden aufgehoben; rasch ging sie von dannen, die Last schien federleicht in ihren Händen geworden; hinter der Kirche entschwand sie den Blicken. — — Zwei Thränen, die aus den Augen der alten Frau schwer und langsam fielen, folgten ihr nach. Wir werden diese Thränen zu deuten wissen! — <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0023"/> hastige Knabe rannte ihm in den Weg; es war Rebb Josseph, sein Vater.</p><lb/> <p>Was willst du? wo laufst du hin? fragte er ihn streng.</p><lb/> <p>Fischele erbleichte, zwei harte Augen ruhten furchtbar, sein Inneres durchforschend, auf ihm.</p><lb/> <p>Meinst du, ich weiß nicht, was dir die Babe anbefohlen hat? rief er mit grausamem Hohne.</p><lb/> <p>Der da, sagte er, indem er sich gegen die Bäuerin wandte und mit dem Finger sie bezeichnete, der da sollst du helfen? Ich brech' dir aber ender den Hals und das Genick, wenn du nur einen Finger aufhebst. — Fort, fort, wenn sie sich den Pack hat aufgelast', kann sie ihn auch schleppen.</p><lb/> <p>Er riß den Knaben hastig weg und ging mit ihm auf das Haus zu.</p><lb/> <p>Die Bäuerin mußte um diesen Augenblick die Gewalt einer Löwin empfangen haben, mit einem einzigen Rucke hatte sie die eiserne Haue und den schweren Sack vom Boden aufgehoben; rasch ging sie von dannen, die Last schien federleicht in ihren Händen geworden; hinter der Kirche entschwand sie den Blicken. — —</p><lb/> <p>Zwei Thränen, die aus den Augen der alten Frau schwer und langsam fielen, folgten ihr nach. Wir werden diese Thränen zu deuten wissen! —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
hastige Knabe rannte ihm in den Weg; es war Rebb Josseph, sein Vater.
Was willst du? wo laufst du hin? fragte er ihn streng.
Fischele erbleichte, zwei harte Augen ruhten furchtbar, sein Inneres durchforschend, auf ihm.
Meinst du, ich weiß nicht, was dir die Babe anbefohlen hat? rief er mit grausamem Hohne.
Der da, sagte er, indem er sich gegen die Bäuerin wandte und mit dem Finger sie bezeichnete, der da sollst du helfen? Ich brech' dir aber ender den Hals und das Genick, wenn du nur einen Finger aufhebst. — Fort, fort, wenn sie sich den Pack hat aufgelast', kann sie ihn auch schleppen.
Er riß den Knaben hastig weg und ging mit ihm auf das Haus zu.
Die Bäuerin mußte um diesen Augenblick die Gewalt einer Löwin empfangen haben, mit einem einzigen Rucke hatte sie die eiserne Haue und den schweren Sack vom Boden aufgehoben; rasch ging sie von dannen, die Last schien federleicht in ihren Händen geworden; hinter der Kirche entschwand sie den Blicken. — —
Zwei Thränen, die aus den Augen der alten Frau schwer und langsam fielen, folgten ihr nach. Wir werden diese Thränen zu deuten wissen! —
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(2017-03-15T13:25:39Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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