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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane.
der Hoden im Scrotum herabgestiegen ist, in demselben Verhältnisse
zu ihm wie beim Erwachsenen die freie Lamelle der Vaginalis pro-
pria
, während die ursprüngliche Bauchfellbekleidung der Drüse die
[Abbildung] Fig. 222.
Tunica adnata darstellt, wie Ihnen
aus nebenstehendem Schema Fig. 222
hinreichend deutlich werden wird.
Dasselbe lehrt zugleich auch, dass
die Höhle der Vaginalis propria un-
mittelbar nach vollendetem Descen-
sus
durch einen Kanal, der immer
noch der Scheidenkanal heissen
kann, mit der Bauchhöhle in Verbindung steht. Die Zeit der Vollen-
dung des Descensus ist eine verschiedene, doch findet man in der
Regel noch vor dem Ende des Embryonallebens beide Hoden im
Scrotum, in anderen Fällen vollendet sich der Descensus erst nach
der Geburt. Nicht selten ist es, dass beide Seiten etwelche Ver-
schiedenheiten zeigen und in Ausnahmefällen bleibt der eine oder
der andere Hoden im Leistenkanale oder selbst in der Bauchhöhle
stehen, welcher letztere Zustand als Kryptorchidie bezeichnet
wird. Sind die Hoden regelrecht herabgestiegen, so findet man bei
Neugebornen den Scheidenkanal noch offen, doch schliesst sich der-
selbe bald nach der Geburt, wobei jedoch ebenfalls sehr häufig Un-
regelmässigkeiten sich ergeben, so dass der Kanal auf grössere oder
kleinere Strecken, in seltenen Fällen selbst ganz sich offen erhält.
Schliesst sich derselbe regelrecht, so bleibt nicht selten ein Strang,
das sogenannte Ligamentum vaginale als Rest zurück.

Dem Bemerkten zufolge ist somit die Tunica vaginalis propria
ursprünglich ein Theil des Bauchfells, jedoch in ihren beiden Lamel-
len von etwas verschiedener Herkunft. Die Vaginalis communis
rührt, wie es scheint, vorzüglich von der Fascia superficialis abdominis
her, die bei der Bildung des Scheidenfortsatzes des Bauchfelles mit
sich auszieht und mit welcher auch einige Fasern der platten Bauch-
muskeln herauswuchern, die dann den Cremaster bilden. Eine Bezie-
hung des Gubernaculum Hunteri zur Bildung der letzteren Hülle, die
einige annehmen, kann ich nicht statuiren, dagegen glaube ich, dass

[Abbildung]

Fig. 222. Schema zur Erläuterung des Descensus testiculorum. 1. Der Hoden
am Eingange des Leistenkanales, 2. Der Hoden im Scrotum. h Hoden, a Peri-
tonealüberzug desselben, später Adnata testis, c v Scheidenkanal mit der Erwei-
terung v im Scrotum s, die später äussere Lamelle der Vaginalis propria wird.

Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane.
der Hoden im Scrotum herabgestiegen ist, in demselben Verhältnisse
zu ihm wie beim Erwachsenen die freie Lamelle der Vaginalis pro-
pria
, während die ursprüngliche Bauchfellbekleidung der Drüse die
[Abbildung] Fig. 222.
Tunica adnata darstellt, wie Ihnen
aus nebenstehendem Schema Fig. 222
hinreichend deutlich werden wird.
Dasselbe lehrt zugleich auch, dass
die Höhle der Vaginalis propria un-
mittelbar nach vollendetem Descen-
sus
durch einen Kanal, der immer
noch der Scheidenkanal heissen
kann, mit der Bauchhöhle in Verbindung steht. Die Zeit der Vollen-
dung des Descensus ist eine verschiedene, doch findet man in der
Regel noch vor dem Ende des Embryonallebens beide Hoden im
Scrotum, in anderen Fällen vollendet sich der Descensus erst nach
der Geburt. Nicht selten ist es, dass beide Seiten etwelche Ver-
schiedenheiten zeigen und in Ausnahmefällen bleibt der eine oder
der andere Hoden im Leistenkanale oder selbst in der Bauchhöhle
stehen, welcher letztere Zustand als Kryptorchidie bezeichnet
wird. Sind die Hoden regelrecht herabgestiegen, so findet man bei
Neugebornen den Scheidenkanal noch offen, doch schliesst sich der-
selbe bald nach der Geburt, wobei jedoch ebenfalls sehr häufig Un-
regelmässigkeiten sich ergeben, so dass der Kanal auf grössere oder
kleinere Strecken, in seltenen Fällen selbst ganz sich offen erhält.
Schliesst sich derselbe regelrecht, so bleibt nicht selten ein Strang,
das sogenannte Ligamentum vaginale als Rest zurück.

Dem Bemerkten zufolge ist somit die Tunica vaginalis propria
ursprünglich ein Theil des Bauchfells, jedoch in ihren beiden Lamel-
len von etwas verschiedener Herkunft. Die Vaginalis communis
rührt, wie es scheint, vorzüglich von der Fascia superficialis abdominis
her, die bei der Bildung des Scheidenfortsatzes des Bauchfelles mit
sich auszieht und mit welcher auch einige Fasern der platten Bauch-
muskeln herauswuchern, die dann den Cremaster bilden. Eine Bezie-
hung des Gubernaculum Hunteri zur Bildung der letzteren Hülle, die
einige annehmen, kann ich nicht statuiren, dagegen glaube ich, dass

[Abbildung]

Fig. 222. Schema zur Erläuterung des Descensus testiculorum. 1. Der Hoden
am Eingange des Leistenkanales, 2. Der Hoden im Scrotum. h Hoden, a Peri-
tonealüberzug desselben, später Adnata testis, c v Scheidenkanal mit der Erwei-
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[455/0471] Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane. der Hoden im Scrotum herabgestiegen ist, in demselben Verhältnisse zu ihm wie beim Erwachsenen die freie Lamelle der Vaginalis pro- pria, während die ursprüngliche Bauchfellbekleidung der Drüse die [Abbildung Fig. 222.] Tunica adnata darstellt, wie Ihnen aus nebenstehendem Schema Fig. 222 hinreichend deutlich werden wird. Dasselbe lehrt zugleich auch, dass die Höhle der Vaginalis propria un- mittelbar nach vollendetem Descen- sus durch einen Kanal, der immer noch der Scheidenkanal heissen kann, mit der Bauchhöhle in Verbindung steht. Die Zeit der Vollen- dung des Descensus ist eine verschiedene, doch findet man in der Regel noch vor dem Ende des Embryonallebens beide Hoden im Scrotum, in anderen Fällen vollendet sich der Descensus erst nach der Geburt. Nicht selten ist es, dass beide Seiten etwelche Ver- schiedenheiten zeigen und in Ausnahmefällen bleibt der eine oder der andere Hoden im Leistenkanale oder selbst in der Bauchhöhle stehen, welcher letztere Zustand als Kryptorchidie bezeichnet wird. Sind die Hoden regelrecht herabgestiegen, so findet man bei Neugebornen den Scheidenkanal noch offen, doch schliesst sich der- selbe bald nach der Geburt, wobei jedoch ebenfalls sehr häufig Un- regelmässigkeiten sich ergeben, so dass der Kanal auf grössere oder kleinere Strecken, in seltenen Fällen selbst ganz sich offen erhält. Schliesst sich derselbe regelrecht, so bleibt nicht selten ein Strang, das sogenannte Ligamentum vaginale als Rest zurück. Dem Bemerkten zufolge ist somit die Tunica vaginalis propria ursprünglich ein Theil des Bauchfells, jedoch in ihren beiden Lamel- len von etwas verschiedener Herkunft. Die Vaginalis communis rührt, wie es scheint, vorzüglich von der Fascia superficialis abdominis her, die bei der Bildung des Scheidenfortsatzes des Bauchfelles mit sich auszieht und mit welcher auch einige Fasern der platten Bauch- muskeln herauswuchern, die dann den Cremaster bilden. Eine Bezie- hung des Gubernaculum Hunteri zur Bildung der letzteren Hülle, die einige annehmen, kann ich nicht statuiren, dagegen glaube ich, dass [Abbildung Fig. 222. Schema zur Erläuterung des Descensus testiculorum. 1. Der Hoden am Eingange des Leistenkanales, 2. Der Hoden im Scrotum. h Hoden, a Peri- tonealüberzug desselben, später Adnata testis, c v Scheidenkanal mit der Erwei- terung v im Scrotum s, die später äussere Lamelle der Vaginalis propria wird.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/471>, abgerufen am 25.11.2024.