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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Gefässsystems
rend die andere nach und nach in die Mittellinie rückt. -- In der
Leber treibt der gemeinschaftliche Stamm der Nabelvenen (der
frühere Stamm der Omphalo-mesentericae) bald die zwei schon be-
sprochenen Systeme von zu- und abführenden Venen und spielt
dann die Rolle der späteren Pfortader, mit dem Unterschiede jedoch,
dass die Nabelvene niemals alles ihr Blut durch die Leber sendet,
sondern immer einen Theil desselben durch ihren Stamm direct dem
Herzen, mit anderen Worten, der Cava inferior übermittelt. Es ist
jedoch zu bemerken, dass dieser Stamm später mit der Entwicklung
der Leberäste nicht vollkommen gleichen Schritt hält (Fig. 208), so
dass während der grössten Zeit des Embryonallebens doch das meiste
Blut der Nabelvene erst auf dem Umwege durch die Leber das Herz
erreicht und der ursprüngliche Stamm doch nur als ein engerer Ver-
bindungskanal zwischen ihr und der unteren Hohlvene erscheint,
der nun, wie Sie wissen, Ductus venosus heisst. Dass die Venae
hepaticae revehentes
der Umbilicalvene die eigentlichen Lebervenen
sind, wird Ihnen bereits klar geworden sein und ebenso ist Ihnen
auch bekannt, dass der Ductus venosus nach der Geburt obliterirt
und nur in einem vom linken Aste der Pfortader zur Cava hinzie-
henden Strange sich erhält.

Die ersten Körpervenen, welche im Embryo entstehen, sind dieVenae jugulares
et cardinales.

Venae jugulares und cardinales von Rathke. Beim Hühn-
chen entstehen die Venae cardinales (siehe Fig. 26 vc) am An-
fange des dritten Tages nach den Gefässen des Fruchthofes, aber
vor der Allantois und den Vasa umbilicalia und so wird es sich
wohl auch beim Säugethier- und menschlichen Embryo verhalten,
obschon hierüber noch nichts Sicheres bekannt ist. Es ist dieses
erste System von Körpervenen, dessen genauere Kenntniss wir vor
Allem Rathke, dann auch Coste (l. c. Brebis Pl. IV. V. VI) verdan-
ken, ein sehr zierliches paariges System, dessen einzelne Theile
sich folgender Maassen verhalten. Die Venae jugulares ent-
springen mit vielen Aestchen vom Kopfe besonders aus dem Ge-
hirn, laufen dicht hinter den Kiemenspalten und vor der Gegend des
Gehörbläschens nach hinten bis in die Höhe des Herzens, wo sie
nach innen sich biegen und mit den Stämmen der Venae cardinales
die Ductus Cuvieri bilden, die rechts und links von der Speiseröhre
gegen das Herz verlaufen und mit einem kurzen Stämmchen, ge-
meinschaftlich mit der Vena omphalo-mesenterica, in die noch einfache
Vorkammer sich einsenken. Die Venae cardinales entspringen

Entwicklung des Gefässsystems
rend die andere nach und nach in die Mittellinie rückt. — In der
Leber treibt der gemeinschaftliche Stamm der Nabelvenen (der
frühere Stamm der Omphalo-mesentericae) bald die zwei schon be-
sprochenen Systeme von zu- und abführenden Venen und spielt
dann die Rolle der späteren Pfortader, mit dem Unterschiede jedoch,
dass die Nabelvene niemals alles ihr Blut durch die Leber sendet,
sondern immer einen Theil desselben durch ihren Stamm direct dem
Herzen, mit anderen Worten, der Cava inferior übermittelt. Es ist
jedoch zu bemerken, dass dieser Stamm später mit der Entwicklung
der Leberäste nicht vollkommen gleichen Schritt hält (Fig. 208), so
dass während der grössten Zeit des Embryonallebens doch das meiste
Blut der Nabelvene erst auf dem Umwege durch die Leber das Herz
erreicht und der ursprüngliche Stamm doch nur als ein engerer Ver-
bindungskanal zwischen ihr und der unteren Hohlvene erscheint,
der nun, wie Sie wissen, Ductus venosus heisst. Dass die Venae
hepaticae revehentes
der Umbilicalvene die eigentlichen Lebervenen
sind, wird Ihnen bereits klar geworden sein und ebenso ist Ihnen
auch bekannt, dass der Ductus venosus nach der Geburt obliterirt
und nur in einem vom linken Aste der Pfortader zur Cava hinzie-
henden Strange sich erhält.

Die ersten Körpervenen, welche im Embryo entstehen, sind dieVenae jugulares
et cardinales.

Venae jugulares und cardinales von Rathke. Beim Hühn-
chen entstehen die Venae cardinales (siehe Fig. 26 vc) am An-
fange des dritten Tages nach den Gefässen des Fruchthofes, aber
vor der Allantois und den Vasa umbilicalia und so wird es sich
wohl auch beim Säugethier- und menschlichen Embryo verhalten,
obschon hierüber noch nichts Sicheres bekannt ist. Es ist dieses
erste System von Körpervenen, dessen genauere Kenntniss wir vor
Allem Rathke, dann auch Coste (l. c. Brébis Pl. IV. V. VI) verdan-
ken, ein sehr zierliches paariges System, dessen einzelne Theile
sich folgender Maassen verhalten. Die Venae jugulares ent-
springen mit vielen Aestchen vom Kopfe besonders aus dem Ge-
hirn, laufen dicht hinter den Kiemenspalten und vor der Gegend des
Gehörbläschens nach hinten bis in die Höhe des Herzens, wo sie
nach innen sich biegen und mit den Stämmen der Venae cardinales
die Ductus Cuvieri bilden, die rechts und links von der Speiseröhre
gegen das Herz verlaufen und mit einem kurzen Stämmchen, ge-
meinschaftlich mit der Vena omphalo-mesenterica, in die noch einfache
Vorkammer sich einsenken. Die Venae cardinales entspringen

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[421/0437] Entwicklung des Gefässsystems rend die andere nach und nach in die Mittellinie rückt. — In der Leber treibt der gemeinschaftliche Stamm der Nabelvenen (der frühere Stamm der Omphalo-mesentericae) bald die zwei schon be- sprochenen Systeme von zu- und abführenden Venen und spielt dann die Rolle der späteren Pfortader, mit dem Unterschiede jedoch, dass die Nabelvene niemals alles ihr Blut durch die Leber sendet, sondern immer einen Theil desselben durch ihren Stamm direct dem Herzen, mit anderen Worten, der Cava inferior übermittelt. Es ist jedoch zu bemerken, dass dieser Stamm später mit der Entwicklung der Leberäste nicht vollkommen gleichen Schritt hält (Fig. 208), so dass während der grössten Zeit des Embryonallebens doch das meiste Blut der Nabelvene erst auf dem Umwege durch die Leber das Herz erreicht und der ursprüngliche Stamm doch nur als ein engerer Ver- bindungskanal zwischen ihr und der unteren Hohlvene erscheint, der nun, wie Sie wissen, Ductus venosus heisst. Dass die Venae hepaticae revehentes der Umbilicalvene die eigentlichen Lebervenen sind, wird Ihnen bereits klar geworden sein und ebenso ist Ihnen auch bekannt, dass der Ductus venosus nach der Geburt obliterirt und nur in einem vom linken Aste der Pfortader zur Cava hinzie- henden Strange sich erhält. Die ersten Körpervenen, welche im Embryo entstehen, sind die Venae jugulares und cardinales von Rathke. Beim Hühn- chen entstehen die Venae cardinales (siehe Fig. 26 vc) am An- fange des dritten Tages nach den Gefässen des Fruchthofes, aber vor der Allantois und den Vasa umbilicalia und so wird es sich wohl auch beim Säugethier- und menschlichen Embryo verhalten, obschon hierüber noch nichts Sicheres bekannt ist. Es ist dieses erste System von Körpervenen, dessen genauere Kenntniss wir vor Allem Rathke, dann auch Coste (l. c. Brébis Pl. IV. V. VI) verdan- ken, ein sehr zierliches paariges System, dessen einzelne Theile sich folgender Maassen verhalten. Die Venae jugulares ent- springen mit vielen Aestchen vom Kopfe besonders aus dem Ge- hirn, laufen dicht hinter den Kiemenspalten und vor der Gegend des Gehörbläschens nach hinten bis in die Höhe des Herzens, wo sie nach innen sich biegen und mit den Stämmen der Venae cardinales die Ductus Cuvieri bilden, die rechts und links von der Speiseröhre gegen das Herz verlaufen und mit einem kurzen Stämmchen, ge- meinschaftlich mit der Vena omphalo-mesenterica, in die noch einfache Vorkammer sich einsenken. Die Venae cardinales entspringen Venae jugulares et cardinales.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/437>, abgerufen am 22.11.2024.