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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Gefässsystems.
dert, vorzüglich der linken Kammer an. Nahezu in demselben Sta-
dium, jedoch immerhin etwas weniger entwickelt, befand sich das
in der Fig. 200 wiedergegebene Herz eines vier Wochen alten Em-
bryo, dessen geöffnete Kammern und rudimentes Septum Ihnen die
Fig. 200 III. zeigt und hätte ich nur zu bemerken, dass die Kam-
mern noch dickwandiger waren, als Ecker dieselben zeichnet, so
wie dass um diese Zeit die linke Kammer die rechte noch bedeutend
an Stärke übertraf.

Einmal angelegt bildet sich die Scheidewand der Kammern rasch
aus und ist dieselbe schon bei Embryonen der siebenten Woche voll-
ständig, so dass nun die Kammern mit zwei getrennten Ostien in den
Vorhof ausmünden. Die Gestalt dieser primitiven venösen Mündun-
gen, die wir durch Ecker zuerst kennen gelernt haben (l. c. Taf. XXX.
Fig. XXVII) ist äusserst einfach und stellen dieselben ursprünglich
nichts als einfache Spalten dar, deren Lage und Gestalt beim acht

[Abbildung] Fig. 201.
Wochen alten Embryo Ihnen die Fig. 201 zeigt. Die
beiden Lippen, welche jede Spalte begrenzen, sind
die ersten Andeutungen der venösen Klappen, undVenöse Klappen.
sieht man bei der Untersuchung der Kammerhöhle,
dass die Ränder derselben schon um diese Zeit
mit Muskelbalken der Kammerwand in Verbindung
stehen. Doch bilden sich diese Klappen erst im
dritten Monate bestimmter aus, was im Einzelnen zu verfolgen
nicht nöthig ist. Die Kammerwandungen bleiben auch im dritten
und vierten Monate noch unverhältnissmässig dick, werden dann
aber im Verhältniss zu den Herzhöhlen in der zweiten Hälfte der
Schwangerschaft wieder dünner, wobei jedoch zu bemerken ist,
dass die rechte Kammer, obschon im Anfang dünnwandiger als die
linke, doch bald dieselbe Stärke erreicht, wie diese und dieses
Verhältniss dann auch während des ganzen Restes der Embryo-
nalzeit beibehält. Von der feineren Structur der HerzmuskulaturFeinerer Bau
der Kammern.

bemerke ich Ihnen nur Folgendes. Der zierliche cavernöse oder
schwammige Bau, der im zweiten Monate dem Herzfleische in sei-
ner ganzen Dicke
zukommt, ist kein länger andauernder Zustand,
vielmehr wird im dritten und vierten Monate allmälig, von aussen
nach innen fortschreitend, die Herzwand compacter, bis am Ende
[Abbildung]

Fig. 201. Herz eines acht Wochen alten Embryo nach Wegnahme der Vor-
kammer von oben, etwa 3mal vergr. o die beiden venösen Ostien, ta die bei-
den Arterien, lr der linke und rechte Ventrikel.

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Entwicklung des Gefässsystems.
dert, vorzüglich der linken Kammer an. Nahezu in demselben Sta-
dium, jedoch immerhin etwas weniger entwickelt, befand sich das
in der Fig. 200 wiedergegebene Herz eines vier Wochen alten Em-
bryo, dessen geöffnete Kammern und rudimentes Septum Ihnen die
Fig. 200 III. zeigt und hätte ich nur zu bemerken, dass die Kam-
mern noch dickwandiger waren, als Ecker dieselben zeichnet, so
wie dass um diese Zeit die linke Kammer die rechte noch bedeutend
an Stärke übertraf.

Einmal angelegt bildet sich die Scheidewand der Kammern rasch
aus und ist dieselbe schon bei Embryonen der siebenten Woche voll-
ständig, so dass nun die Kammern mit zwei getrennten Ostien in den
Vorhof ausmünden. Die Gestalt dieser primitiven venösen Mündun-
gen, die wir durch Ecker zuerst kennen gelernt haben (l. c. Taf. XXX.
Fig. XXVII) ist äusserst einfach und stellen dieselben ursprünglich
nichts als einfache Spalten dar, deren Lage und Gestalt beim acht

[Abbildung] Fig. 201.
Wochen alten Embryo Ihnen die Fig. 201 zeigt. Die
beiden Lippen, welche jede Spalte begrenzen, sind
die ersten Andeutungen der venösen Klappen, undVenöse Klappen.
sieht man bei der Untersuchung der Kammerhöhle,
dass die Ränder derselben schon um diese Zeit
mit Muskelbalken der Kammerwand in Verbindung
stehen. Doch bilden sich diese Klappen erst im
dritten Monate bestimmter aus, was im Einzelnen zu verfolgen
nicht nöthig ist. Die Kammerwandungen bleiben auch im dritten
und vierten Monate noch unverhältnissmässig dick, werden dann
aber im Verhältniss zu den Herzhöhlen in der zweiten Hälfte der
Schwangerschaft wieder dünner, wobei jedoch zu bemerken ist,
dass die rechte Kammer, obschon im Anfang dünnwandiger als die
linke, doch bald dieselbe Stärke erreicht, wie diese und dieses
Verhältniss dann auch während des ganzen Restes der Embryo-
nalzeit beibehält. Von der feineren Structur der HerzmuskulaturFeinerer Bau
der Kammern.

bemerke ich Ihnen nur Folgendes. Der zierliche cavernöse oder
schwammige Bau, der im zweiten Monate dem Herzfleische in sei-
ner ganzen Dicke
zukommt, ist kein länger andauernder Zustand,
vielmehr wird im dritten und vierten Monate allmälig, von aussen
nach innen fortschreitend, die Herzwand compacter, bis am Ende
[Abbildung]

Fig. 201. Herz eines acht Wochen alten Embryo nach Wegnahme der Vor-
kammer von oben, etwa 3mal vergr. o die beiden venösen Ostien, ta die bei-
den Arterien, lr der linke und rechte Ventrikel.

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[403/0419] Entwicklung des Gefässsystems. dert, vorzüglich der linken Kammer an. Nahezu in demselben Sta- dium, jedoch immerhin etwas weniger entwickelt, befand sich das in der Fig. 200 wiedergegebene Herz eines vier Wochen alten Em- bryo, dessen geöffnete Kammern und rudimentes Septum Ihnen die Fig. 200 III. zeigt und hätte ich nur zu bemerken, dass die Kam- mern noch dickwandiger waren, als Ecker dieselben zeichnet, so wie dass um diese Zeit die linke Kammer die rechte noch bedeutend an Stärke übertraf. Einmal angelegt bildet sich die Scheidewand der Kammern rasch aus und ist dieselbe schon bei Embryonen der siebenten Woche voll- ständig, so dass nun die Kammern mit zwei getrennten Ostien in den Vorhof ausmünden. Die Gestalt dieser primitiven venösen Mündun- gen, die wir durch Ecker zuerst kennen gelernt haben (l. c. Taf. XXX. Fig. XXVII) ist äusserst einfach und stellen dieselben ursprünglich nichts als einfache Spalten dar, deren Lage und Gestalt beim acht [Abbildung Fig. 201.] Wochen alten Embryo Ihnen die Fig. 201 zeigt. Die beiden Lippen, welche jede Spalte begrenzen, sind die ersten Andeutungen der venösen Klappen, und sieht man bei der Untersuchung der Kammerhöhle, dass die Ränder derselben schon um diese Zeit mit Muskelbalken der Kammerwand in Verbindung stehen. Doch bilden sich diese Klappen erst im dritten Monate bestimmter aus, was im Einzelnen zu verfolgen nicht nöthig ist. Die Kammerwandungen bleiben auch im dritten und vierten Monate noch unverhältnissmässig dick, werden dann aber im Verhältniss zu den Herzhöhlen in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft wieder dünner, wobei jedoch zu bemerken ist, dass die rechte Kammer, obschon im Anfang dünnwandiger als die linke, doch bald dieselbe Stärke erreicht, wie diese und dieses Verhältniss dann auch während des ganzen Restes der Embryo- nalzeit beibehält. Von der feineren Structur der Herzmuskulatur bemerke ich Ihnen nur Folgendes. Der zierliche cavernöse oder schwammige Bau, der im zweiten Monate dem Herzfleische in sei- ner ganzen Dicke zukommt, ist kein länger andauernder Zustand, vielmehr wird im dritten und vierten Monate allmälig, von aussen nach innen fortschreitend, die Herzwand compacter, bis am Ende [Abbildung Fig. 201. Herz eines acht Wochen alten Embryo nach Wegnahme der Vor- kammer von oben, etwa 3mal vergr. o die beiden venösen Ostien, ta die bei- den Arterien, lr der linke und rechte Ventrikel.] Venöse Klappen. Feinerer Bau der Kammern. 26*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/419>, abgerufen am 18.05.2024.