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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Einunddreissigste Vorlesung.
das innere Ende des Kanales sich offen erhalten, welche Theile nichts
anderes als die Anlagen des äusseren Gehörganges einerseits und
der Tuba Eustachii und der Paukenhöhle andererseits sind, während
die Verschlussstelle das primitive Trommelfell darstellt. Im weiteren
Verlaufe verlängert sich nun der innere Theil der Kiemenspalte und
wird an seinem hinteren oder äusseren Ende allmälig weiter. Zu-
gleich bilden sich am Ende des zweiten und in der ersten Hälfte des
dritten Monates die knorpeligen Anlagen der Gehörknöchelchen,
Paukenhöhle.doch ist ihr Verhalten zur Paukenhöhle anfänglich ein ganz anderes
als später. Untersucht man nämlich bei einem drei bis vier Monate
alten Embryo die Paukenhöhle nach Wegnahme des dicken und
so zu sagen horizontal liegenden Trommelfelles, so findet man, dass
dieselbe, wenn auch in der Richtung der Flächenausbreitung des
Trommelfelles ziemlich ausgedehnt, doch gar keine Tiefe, keine freie
Höhle besitzt, und dass die Gehörknöchelchen nicht in ihr, sondern
über ihr ihre Lage haben, woselbst sie in einer dicken Lage galler-
tigen Bindegewebes stecken. Dieses Gallertgewebe ist den Embryo-
logen schon seit Langem bekannt, allein dasselbe wurde bisher
fälschlich für ein frei in der Paukenhöhle befindliches Secret, eine
Art Schleim, gehalten, während dasselbe, wie ich gezeigt habe
(Würzb. Verh. IX. St. LXXVIII), gallertiges Bindegewebe ist, in wel-
chem auch Blutgefässe in ziemlicher Menge verlaufen. Dieses Gal-
lertgewebe erscheint, wie v. Tröltsch zuerst mit Recht angegeben
(Würzb. Verh. l. c. und Die Anatomie des Ohres. Würzb. 1860.
St. 66), als eine Wucherung der inneren oder Labyrinthwand der
Paukenhöhle, zieht sich aber, wie ich finde, längs der inneren Wand
der Tuba bis gegen den Türkensattel und umhüllt nach oben die
Gehörknöchelchen sammt der Chorda tympani und den Sehnen der
Musculi stapedius und Tensor tympani. Dieses Gallertgewebe und die
eigenthümliche Lage der Gehörknöchelchen, welche letztere bis jetzt
allein von A. Fr. Günther (Beob. üb. d. Entw. d. Gehörorganes. Leipz.
1842. St. 50) einigermaassen berücksichtigt worden ist, erhält sich
nun auch während der ganzen Fötalperiode und finden sich beide
Verhältnisse noch bei Neugebornen fast ebenso ausgeprägt wie bei
jungen Embryonen. Erst mit dem Eintritte der geathmeten Luft in
die Tuba und Paukenhöhle ändern sich die fötalen Zustände und
macht das Gallertgewebe einer gewöhnlichen Schleimhaut Platz, in
Folge welcher Veränderungen dann die Paukenhöhle sowohl nach
innen als nach oben an Umfang gewinnt und die Ossicula auditus

Einunddreissigste Vorlesung.
das innere Ende des Kanales sich offen erhalten, welche Theile nichts
anderes als die Anlagen des äusseren Gehörganges einerseits und
der Tuba Eustachii und der Paukenhöhle andererseits sind, während
die Verschlussstelle das primitive Trommelfell darstellt. Im weiteren
Verlaufe verlängert sich nun der innere Theil der Kiemenspalte und
wird an seinem hinteren oder äusseren Ende allmälig weiter. Zu-
gleich bilden sich am Ende des zweiten und in der ersten Hälfte des
dritten Monates die knorpeligen Anlagen der Gehörknöchelchen,
Paukenhöhle.doch ist ihr Verhalten zur Paukenhöhle anfänglich ein ganz anderes
als später. Untersucht man nämlich bei einem drei bis vier Monate
alten Embryo die Paukenhöhle nach Wegnahme des dicken und
so zu sagen horizontal liegenden Trommelfelles, so findet man, dass
dieselbe, wenn auch in der Richtung der Flächenausbreitung des
Trommelfelles ziemlich ausgedehnt, doch gar keine Tiefe, keine freie
Höhle besitzt, und dass die Gehörknöchelchen nicht in ihr, sondern
über ihr ihre Lage haben, woselbst sie in einer dicken Lage galler-
tigen Bindegewebes stecken. Dieses Gallertgewebe ist den Embryo-
logen schon seit Langem bekannt, allein dasselbe wurde bisher
fälschlich für ein frei in der Paukenhöhle befindliches Secret, eine
Art Schleim, gehalten, während dasselbe, wie ich gezeigt habe
(Würzb. Verh. IX. St. LXXVIII), gallertiges Bindegewebe ist, in wel-
chem auch Blutgefässe in ziemlicher Menge verlaufen. Dieses Gal-
lertgewebe erscheint, wie v. Tröltsch zuerst mit Recht angegeben
(Würzb. Verh. l. c. und Die Anatomie des Ohres. Würzb. 1860.
St. 66), als eine Wucherung der inneren oder Labyrinthwand der
Paukenhöhle, zieht sich aber, wie ich finde, längs der inneren Wand
der Tuba bis gegen den Türkensattel und umhüllt nach oben die
Gehörknöchelchen sammt der Chorda tympani und den Sehnen der
Musculi stapedius und Tensor tympani. Dieses Gallertgewebe und die
eigenthümliche Lage der Gehörknöchelchen, welche letztere bis jetzt
allein von A. Fr. Günther (Beob. üb. d. Entw. d. Gehörorganes. Leipz.
1842. St. 50) einigermaassen berücksichtigt worden ist, erhält sich
nun auch während der ganzen Fötalperiode und finden sich beide
Verhältnisse noch bei Neugebornen fast ebenso ausgeprägt wie bei
jungen Embryonen. Erst mit dem Eintritte der geathmeten Luft in
die Tuba und Paukenhöhle ändern sich die fötalen Zustände und
macht das Gallertgewebe einer gewöhnlichen Schleimhaut Platz, in
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[322/0338] Einunddreissigste Vorlesung. das innere Ende des Kanales sich offen erhalten, welche Theile nichts anderes als die Anlagen des äusseren Gehörganges einerseits und der Tuba Eustachii und der Paukenhöhle andererseits sind, während die Verschlussstelle das primitive Trommelfell darstellt. Im weiteren Verlaufe verlängert sich nun der innere Theil der Kiemenspalte und wird an seinem hinteren oder äusseren Ende allmälig weiter. Zu- gleich bilden sich am Ende des zweiten und in der ersten Hälfte des dritten Monates die knorpeligen Anlagen der Gehörknöchelchen, doch ist ihr Verhalten zur Paukenhöhle anfänglich ein ganz anderes als später. Untersucht man nämlich bei einem drei bis vier Monate alten Embryo die Paukenhöhle nach Wegnahme des dicken und so zu sagen horizontal liegenden Trommelfelles, so findet man, dass dieselbe, wenn auch in der Richtung der Flächenausbreitung des Trommelfelles ziemlich ausgedehnt, doch gar keine Tiefe, keine freie Höhle besitzt, und dass die Gehörknöchelchen nicht in ihr, sondern über ihr ihre Lage haben, woselbst sie in einer dicken Lage galler- tigen Bindegewebes stecken. Dieses Gallertgewebe ist den Embryo- logen schon seit Langem bekannt, allein dasselbe wurde bisher fälschlich für ein frei in der Paukenhöhle befindliches Secret, eine Art Schleim, gehalten, während dasselbe, wie ich gezeigt habe (Würzb. Verh. IX. St. LXXVIII), gallertiges Bindegewebe ist, in wel- chem auch Blutgefässe in ziemlicher Menge verlaufen. Dieses Gal- lertgewebe erscheint, wie v. Tröltsch zuerst mit Recht angegeben (Würzb. Verh. l. c. und Die Anatomie des Ohres. Würzb. 1860. St. 66), als eine Wucherung der inneren oder Labyrinthwand der Paukenhöhle, zieht sich aber, wie ich finde, längs der inneren Wand der Tuba bis gegen den Türkensattel und umhüllt nach oben die Gehörknöchelchen sammt der Chorda tympani und den Sehnen der Musculi stapedius und Tensor tympani. Dieses Gallertgewebe und die eigenthümliche Lage der Gehörknöchelchen, welche letztere bis jetzt allein von A. Fr. Günther (Beob. üb. d. Entw. d. Gehörorganes. Leipz. 1842. St. 50) einigermaassen berücksichtigt worden ist, erhält sich nun auch während der ganzen Fötalperiode und finden sich beide Verhältnisse noch bei Neugebornen fast ebenso ausgeprägt wie bei jungen Embryonen. Erst mit dem Eintritte der geathmeten Luft in die Tuba und Paukenhöhle ändern sich die fötalen Zustände und macht das Gallertgewebe einer gewöhnlichen Schleimhaut Platz, in Folge welcher Veränderungen dann die Paukenhöhle sowohl nach innen als nach oben an Umfang gewinnt und die Ossicula auditus Paukenhöhle.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/338>, abgerufen am 24.11.2024.