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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Auges.
anderen Autoren, wie Bischoff, Gray, Fr. A. v. Ammon (die Entw. d.
menschl. Auges. 1858. St. 52 u. flgde.) und Schöler nicht, sich von
der fraglichen Einstülpung zu überzeugen und wird es dessnahen
nicht überflüssig sein zu bemerken, dass beim Hühnchen die Oeff-
nung der Linsengrube äusserst leicht zu beobachten ist, wovon Sie
sich an einem früher Ihnen vorgelegten Embryo, an dem auch die
Oeffnung der Labyrinthblase des Gehörorganes zu sehen war, selbst
haben überzeugen können. Was die feineren Vorgänge der Linsen-
bildung betrifft, so hatte übrigens Huschke keine Kenntniss dersel-
ben und ist Vogt der Erste, der in seiner Embryologie des Salmones
1842. St. 76 und 77 zeigte, dass die Linse aus den Epidermiszellen
der Linsengrube hervorgeht, welche nach der Abschnürung der
Einstülpung erst einen hohlen Sack und dann einen soliden durch
und durch aus Zellen gebildeten Körper darstellen. Dieselbe Bezie-
hung der Linse zu dem Epithel der Linsengrube machte auch ich für
die Tintenfische wahrscheinlich (Entwickl. d. Cephalopoden. 1844.
St. 103) und Remak bestätigte dann diese Erfahrungen bei Fischen,
beim Frosche und beim Hühnchen. Am genauesten hat derselbe bei
dem letzten Thiere die Linsenbildung verfolgt und können Sie die
hier stattfindenden Vorgänge aus der Fig 136 entnehmen. h stellt
das Hornblatt dar, welches da, wo es der primitiven Augenblase an-
liegt, sich verdickt und einstülpt (Fig. 136, 1). In zweiter Linie (Fig.
136, 2) schnürt sich die dickwandige Linsengrube ganz ab, in der-
selben Weise, wie das Medullarrohr vom Hornblatte sich trennt, und
nun liegt die Linse als eine hohle dickwandige Blase in der vorderen
Vertiefung der eingestülpten primitiven Augenblase, die von nun an
als Höhlung der secundären Augenblase erscheint. Die Wandung der
eben gebildeten Linse besteht aus cylindrischen radiär gestellten
Zellen, welche später in Fasern auswachsen, wobei dann die ur-
sprüngliche innere Höhle bald schwindet. Beim Frosche soll nach
Remak (Unters. üb. d. Entw. d. Wirbelth. St. 150) die Linse nur
aus der tieferen farblosen Schicht des Hornblattes sich entwickeln,
jedoch anfänglich ebenfalls blasig sein, was mir nicht verständlich
ist, indem ja hier eine Linsengrube nicht vorhanden sein kann. Bei
Fischen dagegen sah Remak die Grube sehr schön, fand jedoch bei
Gobio die eben abgeschnürte Linse schon solid und aus Linsenfasern
gebildet, die während der Abschnürung sich bilden. -- Diese Er-
fahrungen Remak's sind, wie schon bemerkt, beim Hühnchen in der
That leicht zu bestätigen, immerhin will ich Ihnen noch eine Ab-

Entwicklung des Auges.
anderen Autoren, wie Bischoff, Gray, Fr. A. v. Ammon (die Entw. d.
menschl. Auges. 1858. St. 52 u. flgde.) und Schöler nicht, sich von
der fraglichen Einstülpung zu überzeugen und wird es dessnahen
nicht überflüssig sein zu bemerken, dass beim Hühnchen die Oeff-
nung der Linsengrube äusserst leicht zu beobachten ist, wovon Sie
sich an einem früher Ihnen vorgelegten Embryo, an dem auch die
Oeffnung der Labyrinthblase des Gehörorganes zu sehen war, selbst
haben überzeugen können. Was die feineren Vorgänge der Linsen-
bildung betrifft, so hatte übrigens Huschke keine Kenntniss dersel-
ben und ist Vogt der Erste, der in seiner Embryologie des Salmones
1842. St. 76 und 77 zeigte, dass die Linse aus den Epidermiszellen
der Linsengrube hervorgeht, welche nach der Abschnürung der
Einstülpung erst einen hohlen Sack und dann einen soliden durch
und durch aus Zellen gebildeten Körper darstellen. Dieselbe Bezie-
hung der Linse zu dem Epithel der Linsengrube machte auch ich für
die Tintenfische wahrscheinlich (Entwickl. d. Cephalopoden. 1844.
St. 103) und Remak bestätigte dann diese Erfahrungen bei Fischen,
beim Frosche und beim Hühnchen. Am genauesten hat derselbe bei
dem letzten Thiere die Linsenbildung verfolgt und können Sie die
hier stattfindenden Vorgänge aus der Fig 136 entnehmen. h stellt
das Hornblatt dar, welches da, wo es der primitiven Augenblase an-
liegt, sich verdickt und einstülpt (Fig. 136, 1). In zweiter Linie (Fig.
136, 2) schnürt sich die dickwandige Linsengrube ganz ab, in der-
selben Weise, wie das Medullarrohr vom Hornblatte sich trennt, und
nun liegt die Linse als eine hohle dickwandige Blase in der vorderen
Vertiefung der eingestülpten primitiven Augenblase, die von nun an
als Höhlung der secundären Augenblase erscheint. Die Wandung der
eben gebildeten Linse besteht aus cylindrischen radiär gestellten
Zellen, welche später in Fasern auswachsen, wobei dann die ur-
sprüngliche innere Höhle bald schwindet. Beim Frosche soll nach
Remak (Unters. üb. d. Entw. d. Wirbelth. St. 150) die Linse nur
aus der tieferen farblosen Schicht des Hornblattes sich entwickeln,
jedoch anfänglich ebenfalls blasig sein, was mir nicht verständlich
ist, indem ja hier eine Linsengrube nicht vorhanden sein kann. Bei
Fischen dagegen sah Remak die Grube sehr schön, fand jedoch bei
Gobio die eben abgeschnürte Linse schon solid und aus Linsenfasern
gebildet, die während der Abschnürung sich bilden. — Diese Er-
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That leicht zu bestätigen, immerhin will ich Ihnen noch eine Ab-

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[277/0293] Entwicklung des Auges. anderen Autoren, wie Bischoff, Gray, Fr. A. v. Ammon (die Entw. d. menschl. Auges. 1858. St. 52 u. flgde.) und Schöler nicht, sich von der fraglichen Einstülpung zu überzeugen und wird es dessnahen nicht überflüssig sein zu bemerken, dass beim Hühnchen die Oeff- nung der Linsengrube äusserst leicht zu beobachten ist, wovon Sie sich an einem früher Ihnen vorgelegten Embryo, an dem auch die Oeffnung der Labyrinthblase des Gehörorganes zu sehen war, selbst haben überzeugen können. Was die feineren Vorgänge der Linsen- bildung betrifft, so hatte übrigens Huschke keine Kenntniss dersel- ben und ist Vogt der Erste, der in seiner Embryologie des Salmones 1842. St. 76 und 77 zeigte, dass die Linse aus den Epidermiszellen der Linsengrube hervorgeht, welche nach der Abschnürung der Einstülpung erst einen hohlen Sack und dann einen soliden durch und durch aus Zellen gebildeten Körper darstellen. Dieselbe Bezie- hung der Linse zu dem Epithel der Linsengrube machte auch ich für die Tintenfische wahrscheinlich (Entwickl. d. Cephalopoden. 1844. St. 103) und Remak bestätigte dann diese Erfahrungen bei Fischen, beim Frosche und beim Hühnchen. Am genauesten hat derselbe bei dem letzten Thiere die Linsenbildung verfolgt und können Sie die hier stattfindenden Vorgänge aus der Fig 136 entnehmen. h stellt das Hornblatt dar, welches da, wo es der primitiven Augenblase an- liegt, sich verdickt und einstülpt (Fig. 136, 1). In zweiter Linie (Fig. 136, 2) schnürt sich die dickwandige Linsengrube ganz ab, in der- selben Weise, wie das Medullarrohr vom Hornblatte sich trennt, und nun liegt die Linse als eine hohle dickwandige Blase in der vorderen Vertiefung der eingestülpten primitiven Augenblase, die von nun an als Höhlung der secundären Augenblase erscheint. Die Wandung der eben gebildeten Linse besteht aus cylindrischen radiär gestellten Zellen, welche später in Fasern auswachsen, wobei dann die ur- sprüngliche innere Höhle bald schwindet. Beim Frosche soll nach Remak (Unters. üb. d. Entw. d. Wirbelth. St. 150) die Linse nur aus der tieferen farblosen Schicht des Hornblattes sich entwickeln, jedoch anfänglich ebenfalls blasig sein, was mir nicht verständlich ist, indem ja hier eine Linsengrube nicht vorhanden sein kann. Bei Fischen dagegen sah Remak die Grube sehr schön, fand jedoch bei Gobio die eben abgeschnürte Linse schon solid und aus Linsenfasern gebildet, die während der Abschnürung sich bilden. — Diese Er- fahrungen Remak’s sind, wie schon bemerkt, beim Hühnchen in der That leicht zu bestätigen, immerhin will ich Ihnen noch eine Ab-

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/293>, abgerufen am 21.05.2024.