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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Siebenundzwanzigste Vorlesung.
viertens unterscheidet Remak noch die Geschlechtsnerven.
Dieselben entstehen am achten Tage aus einer paarigen Anlage am
innern Rande der Urnieren und hinter den Geschlechtsdrüsen. Die-
selbe besteht aus gangliösen Strängen, die durch Queranastomosen
verbunden sind und Fäden an die Keimwerkzeuge abgeben. Die
oberen Enden dieser Stränge sind nach Remak die Anlagen der
Nebennieren, die einen gangliösen Centraltheil besitzen sollen, der
nachträglich aus denselben hervorwachse und mit dem entsprechen-
den Theile der anderen Seite und dem unteren Ende der gangliösen
Stränge zum Plexus coeliacus sich umbilde.

Die bedeutende Tragweite dieser Mittheilungen springt ohne
Weiteres in die Augen und wäre es sehr zu wünschen, dass wir
ähnliche Erfahrungen über den Menschen und die Säugethiere be-
sässen. Alles, was ich Ihnen von diesen mittheilen kann, ist Folgen-
des. Den Grenzstrang des Sympathicus in der Brust sah Valentin,
dem wir die ersten genaueren Mittheilungen verdanken (Entw. St.
471), bei einem 8''' langen Schweineembryo, und Kiesselbach (Hist.
format. et evol. Nerv. Symp
. Monachi 1836. 4. c. Fig. Diss.) bei
einem 81/2''' langen Kalbsembryo und einem 9''' langen des Menschen,
und beschreiben beide Autoren denselben als einen knotigen Strang
ohne Verbindungsfäden. Bischoff sah bei einem 8''' langen mensch-

[Abbildung] Fig. 133.
lichen Embryo durchaus nichts vom Sympathicus, er-
kannte dagegen bei einer 13''' langen Frucht nicht nur
den Brusttheil, sondern auch das Ganglion cervicale su-
premum
. Ich selbst sah den Brusttheil bestimmt bei
8--9''' langen Embryonen des Menschen, doch wird der-
selbe erst am Ende des zweiten und im dritten Monate
deutlicher. Die Ganglien desselben liegen von Anfang an
dicht an den knorpeligen Wirbelkörpern und entstehen
wohl unzweifelhaft aus den Seitenplatten d. h. den Mit-
telplatten. Anfänglich ohne Zwischenstränge eines dicht
am andern gelegen entwickeln sich nachher solche Fäden
zwischen ihnen, doch geht es hiermit sehr langsam vor-
wärts, wie Sie aus nebenstehender Figur erkennen kön-
nen, die den Grenzstrang eines Embryo aus dem vierten
[Abbildung]

Fig. 133. Grenzstrang des Sympathicus eines viermonatlichen Embryo von
4" 41/2''' Länge in natürlicher Grösse. 1. 2. 3. Ganglia cervicalia, 4. letztes
Ganglion thoracicum, c Ganglia lumbalia, 5. Ganglia sacralia, e Ganglion coccy-
geum, sp Splanchnicus major
.

Siebenundzwanzigste Vorlesung.
viertens unterscheidet Remak noch die Geschlechtsnerven.
Dieselben entstehen am achten Tage aus einer paarigen Anlage am
innern Rande der Urnieren und hinter den Geschlechtsdrüsen. Die-
selbe besteht aus gangliösen Strängen, die durch Queranastomosen
verbunden sind und Fäden an die Keimwerkzeuge abgeben. Die
oberen Enden dieser Stränge sind nach Remak die Anlagen der
Nebennieren, die einen gangliösen Centraltheil besitzen sollen, der
nachträglich aus denselben hervorwachse und mit dem entsprechen-
den Theile der anderen Seite und dem unteren Ende der gangliösen
Stränge zum Plexus coeliacus sich umbilde.

Die bedeutende Tragweite dieser Mittheilungen springt ohne
Weiteres in die Augen und wäre es sehr zu wünschen, dass wir
ähnliche Erfahrungen über den Menschen und die Säugethiere be-
sässen. Alles, was ich Ihnen von diesen mittheilen kann, ist Folgen-
des. Den Grenzstrang des Sympathicus in der Brust sah Valentin,
dem wir die ersten genaueren Mittheilungen verdanken (Entw. St.
471), bei einem 8‴ langen Schweineembryo, und Kiesselbach (Hist.
format. et evol. Nerv. Symp
. Monachi 1836. 4. c. Fig. Diss.) bei
einem 8½‴ langen Kalbsembryo und einem 9‴ langen des Menschen,
und beschreiben beide Autoren denselben als einen knotigen Strang
ohne Verbindungsfäden. Bischoff sah bei einem 8‴ langen mensch-

[Abbildung] Fig. 133.
lichen Embryo durchaus nichts vom Sympathicus, er-
kannte dagegen bei einer 13‴ langen Frucht nicht nur
den Brusttheil, sondern auch das Ganglion cervicale su-
premum
. Ich selbst sah den Brusttheil bestimmt bei
8—9‴ langen Embryonen des Menschen, doch wird der-
selbe erst am Ende des zweiten und im dritten Monate
deutlicher. Die Ganglien desselben liegen von Anfang an
dicht an den knorpeligen Wirbelkörpern und entstehen
wohl unzweifelhaft aus den Seitenplatten d. h. den Mit-
telplatten. Anfänglich ohne Zwischenstränge eines dicht
am andern gelegen entwickeln sich nachher solche Fäden
zwischen ihnen, doch geht es hiermit sehr langsam vor-
wärts, wie Sie aus nebenstehender Figur erkennen kön-
nen, die den Grenzstrang eines Embryo aus dem vierten
[Abbildung]

Fig. 133. Grenzstrang des Sympathicus eines viermonatlichen Embryo von
4″ 4½‴ Länge in natürlicher Grösse. 1. 2. 3. Ganglia cervicalia, 4. letztes
Ganglion thoracicum, c Ganglia lumbalia, 5. Ganglia sacralia, e Ganglion coccy-
geum, sp Splanchnicus major
.

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[270/0286] Siebenundzwanzigste Vorlesung. viertens unterscheidet Remak noch die Geschlechtsnerven. Dieselben entstehen am achten Tage aus einer paarigen Anlage am innern Rande der Urnieren und hinter den Geschlechtsdrüsen. Die- selbe besteht aus gangliösen Strängen, die durch Queranastomosen verbunden sind und Fäden an die Keimwerkzeuge abgeben. Die oberen Enden dieser Stränge sind nach Remak die Anlagen der Nebennieren, die einen gangliösen Centraltheil besitzen sollen, der nachträglich aus denselben hervorwachse und mit dem entsprechen- den Theile der anderen Seite und dem unteren Ende der gangliösen Stränge zum Plexus coeliacus sich umbilde. Die bedeutende Tragweite dieser Mittheilungen springt ohne Weiteres in die Augen und wäre es sehr zu wünschen, dass wir ähnliche Erfahrungen über den Menschen und die Säugethiere be- sässen. Alles, was ich Ihnen von diesen mittheilen kann, ist Folgen- des. Den Grenzstrang des Sympathicus in der Brust sah Valentin, dem wir die ersten genaueren Mittheilungen verdanken (Entw. St. 471), bei einem 8‴ langen Schweineembryo, und Kiesselbach (Hist. format. et evol. Nerv. Symp. Monachi 1836. 4. c. Fig. Diss.) bei einem 8½‴ langen Kalbsembryo und einem 9‴ langen des Menschen, und beschreiben beide Autoren denselben als einen knotigen Strang ohne Verbindungsfäden. Bischoff sah bei einem 8‴ langen mensch- [Abbildung Fig. 133.] lichen Embryo durchaus nichts vom Sympathicus, er- kannte dagegen bei einer 13‴ langen Frucht nicht nur den Brusttheil, sondern auch das Ganglion cervicale su- premum. Ich selbst sah den Brusttheil bestimmt bei 8—9‴ langen Embryonen des Menschen, doch wird der- selbe erst am Ende des zweiten und im dritten Monate deutlicher. Die Ganglien desselben liegen von Anfang an dicht an den knorpeligen Wirbelkörpern und entstehen wohl unzweifelhaft aus den Seitenplatten d. h. den Mit- telplatten. Anfänglich ohne Zwischenstränge eines dicht am andern gelegen entwickeln sich nachher solche Fäden zwischen ihnen, doch geht es hiermit sehr langsam vor- wärts, wie Sie aus nebenstehender Figur erkennen kön- nen, die den Grenzstrang eines Embryo aus dem vierten [Abbildung Fig. 133. Grenzstrang des Sympathicus eines viermonatlichen Embryo von 4″ 4½‴ Länge in natürlicher Grösse. 1. 2. 3. Ganglia cervicalia, 4. letztes Ganglion thoracicum, c Ganglia lumbalia, 5. Ganglia sacralia, e Ganglion coccy- geum, sp Splanchnicus major.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/286>, abgerufen am 24.11.2024.