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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Historische Einleitung.
verfolgt hat, aber doch aus guten Gründen in sehr bemerkenswerther
Weise ihr Hervorgehen aus dem mittleren Theile der Hautschicht
annimmt (I. pag. 154, 165, 166; II. pag. 68 Anmerk.); aus der
Fleischschicht lässt er die Doppelröhre des Knochen- und Muskel-
systems mit der unpaaren knöchernen Axe hervorgehen, die Ge-
fässschicht und Schleimschicht endlich formen einmal in Verbin-
dung mit einander die Röhre des Darmkanals und ausserdem die
erstere allein die freilich verwachsende Röhre des Gekröses. Aus
diesen wenigen Fundamentalorganen entwickeln sich dann zugleich
mit histologischen Sonderungen und morphologischen Differenzirun-
gen in der äusseren Gestaltung alle späteren Organe des Körpers,
in welcher Beziehung besonders hervorgehoben zu werden verdient,
dass v. Baer die Sinnesorgane zur Nervenröhre, dann die Speichel-
drüsen, Leber, Pancreas und Lungen zur Darmröhre, endlich das
Herz, das dem Gekröse analog gesetzt wird, die Nebennieren, Schild-
drüse, Thymus, Milz, Wolff'schen Körper, die ächten Nieren und die
Geschlechtsdrüsen, wenigstens bei den Vögeln, zum Gefässblatte
zählt. Nimmt man nun noch dazu, dass v. Baer diese einfache Dar-
stellung des Entwicklungsplanes der höheren Thiere durch vortreff-
liche Auseinandersetzungen des Gesetzmässigen im Bau des fertigen
Wirbelthieres, sowie durch klare schematische Zeichnungen stützte,
so wird man leicht begreifen, dass dieselbe sehr bald den Beifall
und die Anerkennung aller Forscher sich erwarb.

In der That hatte auch v. Baer so zu sagen Alles geleistet, was
mit den ihm gebotenen Hülfsmitteln, und nach dem damaligen Stande
der Wissenschaft geleistet werden konnte. Das, was seinen Arbei-
ten fehlte, war die Zurückführung der Keimblätter und Fundamen-
talorgane auf die histologischen Elemente, mit andern Worten, der
Nachweis ihres Zusammenhanges mit dem primitiven Elementaror-
gan oder der Eizelle und ihrer allmäligen Entwicklung aus demsel-
ben durch histologische Sonderung. Allein dieser Nachweis konnte
begreiflicherweise erst dann gegeben werden, als im Jahre 1838
durch Schwann die Zusammensetzung des thierischen Körpers aus
einfachen zelligen Elementen aufgedeckt worden war, und haben
wir nun in der That den letzten Aufschwung in unserer Wissen-
schaft von dieser Zeit an zu rechnen. Bevor wir jedoch auf diese
neueste Epoche eingehen können, haben wir noch der anderen Lei-
stungen kurz zu gedenken, die in die Zeit zwischen Pander und
Schwann fallen.



Historische Einleitung.
verfolgt hat, aber doch aus guten Gründen in sehr bemerkenswerther
Weise ihr Hervorgehen aus dem mittleren Theile der Hautschicht
annimmt (I. pag. 154, 165, 166; II. pag. 68 Anmerk.); aus der
Fleischschicht lässt er die Doppelröhre des Knochen- und Muskel-
systems mit der unpaaren knöchernen Axe hervorgehen, die Ge-
fässschicht und Schleimschicht endlich formen einmal in Verbin-
dung mit einander die Röhre des Darmkanals und ausserdem die
erstere allein die freilich verwachsende Röhre des Gekröses. Aus
diesen wenigen Fundamentalorganen entwickeln sich dann zugleich
mit histologischen Sonderungen und morphologischen Differenzirun-
gen in der äusseren Gestaltung alle späteren Organe des Körpers,
in welcher Beziehung besonders hervorgehoben zu werden verdient,
dass v. Baer die Sinnesorgane zur Nervenröhre, dann die Speichel-
drüsen, Leber, Pancreas und Lungen zur Darmröhre, endlich das
Herz, das dem Gekröse analog gesetzt wird, die Nebennieren, Schild-
drüse, Thymus, Milz, Wolff’schen Körper, die ächten Nieren und die
Geschlechtsdrüsen, wenigstens bei den Vögeln, zum Gefässblatte
zählt. Nimmt man nun noch dazu, dass v. Baer diese einfache Dar-
stellung des Entwicklungsplanes der höheren Thiere durch vortreff-
liche Auseinandersetzungen des Gesetzmässigen im Bau des fertigen
Wirbelthieres, sowie durch klare schematische Zeichnungen stützte,
so wird man leicht begreifen, dass dieselbe sehr bald den Beifall
und die Anerkennung aller Forscher sich erwarb.

In der That hatte auch v. Baer so zu sagen Alles geleistet, was
mit den ihm gebotenen Hülfsmitteln, und nach dem damaligen Stande
der Wissenschaft geleistet werden konnte. Das, was seinen Arbei-
ten fehlte, war die Zurückführung der Keimblätter und Fundamen-
talorgane auf die histologischen Elemente, mit andern Worten, der
Nachweis ihres Zusammenhanges mit dem primitiven Elementaror-
gan oder der Eizelle und ihrer allmäligen Entwicklung aus demsel-
ben durch histologische Sonderung. Allein dieser Nachweis konnte
begreiflicherweise erst dann gegeben werden, als im Jahre 1838
durch Schwann die Zusammensetzung des thierischen Körpers aus
einfachen zelligen Elementen aufgedeckt worden war, und haben
wir nun in der That den letzten Aufschwung in unserer Wissen-
schaft von dieser Zeit an zu rechnen. Bevor wir jedoch auf diese
neueste Epoche eingehen können, haben wir noch der anderen Lei-
stungen kurz zu gedenken, die in die Zeit zwischen Pander und
Schwann fallen.



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[11/0027] Historische Einleitung. verfolgt hat, aber doch aus guten Gründen in sehr bemerkenswerther Weise ihr Hervorgehen aus dem mittleren Theile der Hautschicht annimmt (I. pag. 154, 165, 166; II. pag. 68 Anmerk.); aus der Fleischschicht lässt er die Doppelröhre des Knochen- und Muskel- systems mit der unpaaren knöchernen Axe hervorgehen, die Ge- fässschicht und Schleimschicht endlich formen einmal in Verbin- dung mit einander die Röhre des Darmkanals und ausserdem die erstere allein die freilich verwachsende Röhre des Gekröses. Aus diesen wenigen Fundamentalorganen entwickeln sich dann zugleich mit histologischen Sonderungen und morphologischen Differenzirun- gen in der äusseren Gestaltung alle späteren Organe des Körpers, in welcher Beziehung besonders hervorgehoben zu werden verdient, dass v. Baer die Sinnesorgane zur Nervenröhre, dann die Speichel- drüsen, Leber, Pancreas und Lungen zur Darmröhre, endlich das Herz, das dem Gekröse analog gesetzt wird, die Nebennieren, Schild- drüse, Thymus, Milz, Wolff’schen Körper, die ächten Nieren und die Geschlechtsdrüsen, wenigstens bei den Vögeln, zum Gefässblatte zählt. Nimmt man nun noch dazu, dass v. Baer diese einfache Dar- stellung des Entwicklungsplanes der höheren Thiere durch vortreff- liche Auseinandersetzungen des Gesetzmässigen im Bau des fertigen Wirbelthieres, sowie durch klare schematische Zeichnungen stützte, so wird man leicht begreifen, dass dieselbe sehr bald den Beifall und die Anerkennung aller Forscher sich erwarb. In der That hatte auch v. Baer so zu sagen Alles geleistet, was mit den ihm gebotenen Hülfsmitteln, und nach dem damaligen Stande der Wissenschaft geleistet werden konnte. Das, was seinen Arbei- ten fehlte, war die Zurückführung der Keimblätter und Fundamen- talorgane auf die histologischen Elemente, mit andern Worten, der Nachweis ihres Zusammenhanges mit dem primitiven Elementaror- gan oder der Eizelle und ihrer allmäligen Entwicklung aus demsel- ben durch histologische Sonderung. Allein dieser Nachweis konnte begreiflicherweise erst dann gegeben werden, als im Jahre 1838 durch Schwann die Zusammensetzung des thierischen Körpers aus einfachen zelligen Elementen aufgedeckt worden war, und haben wir nun in der That den letzten Aufschwung in unserer Wissen- schaft von dieser Zeit an zu rechnen. Bevor wir jedoch auf diese neueste Epoche eingehen können, haben wir noch der anderen Lei- stungen kurz zu gedenken, die in die Zeit zwischen Pander und Schwann fallen.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/27>, abgerufen am 24.11.2024.