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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Vierundzwanzigste Vorlesung.
gilt. Der Oberkiefer verknöchert am Ende des zweiten Monates.
Anfänglich sollen nach einigen Autoren mehrere Ossificationspuncte
vorhanden sein, es ist jedoch sicher, dass schon im Anfange des
dritten Monates ein einziger zusammenhängender Knochen da ist,
welcher dann durch Periostablagerungen weiter wuchert. Das
Jochbein verknöchert ebenso wie der Oberkiefer und auf jeden
Fall nur von Einem Puncte aus.

Ich habe zur Vollendung der Entwicklungsgeschichte des Ge-
sichtsskelettes Ihnen nun noch die Schädelknochen vorzuführen,
welche am vordersten Ende desselben sich finden und an der Ge-
sichtsbildung Antheil nehmen. Da das Siebbein und die untere
Muschel, sowie die Nasenknorpel schon besprochen sind, so blei-
ben nur noch die Nasenbeine, Thränenbeine, Pflugschaar und die
Nasenbein,
Thränenbein.
Zwischenkiefer übrig. Die Nasenbeine und Thränenbeine,
die im Anfange des dritten Monates verknöchern, sind ächte Beleg-
Pflugschaar.knochen des Siebbeines. Dieselbe Stellung hat auch der Vomer
zur Nasenscheidewand, der im dritten Monate entsteht und anfäng-
Zwischenkiefer.lich die Form einer Halbrinne hat. Was die Zwischenkiefer
anlangt, so ist es immer noch nicht ganz ausgemacht, ob dieselben
beim Menschen als selbständige Knochen sich entwickeln, oder von
Anfang an Theile des Oberkiefers sind. Sicher ist, dass sie von der
Mitte des dritten Monates an mit dem Oberkiefer zusammenhängen,
ich glaube jedoch meinen Erfahrungen zufolge denen mich an-
schliessen zu sollen, welche diese Knochen als selbständige Gebilde
sich entwickeln lassen. Bei Embryonen von 10 Wochen fand ich
dieselben noch fast ganz von den Oberkiefern getrennt, mit Aus-
nahme einer kleinen Verbindung an der Gesichtsfläche. In der 11.
und 12. Woche ist die Verbindung hier inniger, dagegen immer noch
am Gaumentheile eine Spalte vorhanden, welche, wie längst be-
kannt, auch später noch in dieser Gegend sichtbar ist. Es möchte
demnach wahrscheinlich sein, dass die ersten Ossificationspuncte
für Oberkiefer und Zwischenkiefer gesondert auftreten, aber sehr
früh und zwar von aussen nach innen verschmelzen. Bei der dop-
pelten Hasenscharte mit Wolfsrachen bleibt wegen der mangelnden
Vereinigung der Oberkiefer- und innern Nasenfortsätze diese Verbin-
dung aus und spricht das selbständige Auftreten von Knochenstücken,
welche die Schneidezähne tragen, und der von der Nasenscheide-
wand getragene Stummel, wie leicht ersichtlich, sehr zu Gunsten
der ursprünglichen Selbständigkeit der fraglichen Knochen, welche

Vierundzwanzigste Vorlesung.
gilt. Der Oberkiefer verknöchert am Ende des zweiten Monates.
Anfänglich sollen nach einigen Autoren mehrere Ossificationspuncte
vorhanden sein, es ist jedoch sicher, dass schon im Anfange des
dritten Monates ein einziger zusammenhängender Knochen da ist,
welcher dann durch Periostablagerungen weiter wuchert. Das
Jochbein verknöchert ebenso wie der Oberkiefer und auf jeden
Fall nur von Einem Puncte aus.

Ich habe zur Vollendung der Entwicklungsgeschichte des Ge-
sichtsskelettes Ihnen nun noch die Schädelknochen vorzuführen,
welche am vordersten Ende desselben sich finden und an der Ge-
sichtsbildung Antheil nehmen. Da das Siebbein und die untere
Muschel, sowie die Nasenknorpel schon besprochen sind, so blei-
ben nur noch die Nasenbeine, Thränenbeine, Pflugschaar und die
Nasenbein,
Thränenbein.
Zwischenkiefer übrig. Die Nasenbeine und Thränenbeine,
die im Anfange des dritten Monates verknöchern, sind ächte Beleg-
Pflugschaar.knochen des Siebbeines. Dieselbe Stellung hat auch der Vomer
zur Nasenscheidewand, der im dritten Monate entsteht und anfäng-
Zwischenkiefer.lich die Form einer Halbrinne hat. Was die Zwischenkiefer
anlangt, so ist es immer noch nicht ganz ausgemacht, ob dieselben
beim Menschen als selbständige Knochen sich entwickeln, oder von
Anfang an Theile des Oberkiefers sind. Sicher ist, dass sie von der
Mitte des dritten Monates an mit dem Oberkiefer zusammenhängen,
ich glaube jedoch meinen Erfahrungen zufolge denen mich an-
schliessen zu sollen, welche diese Knochen als selbständige Gebilde
sich entwickeln lassen. Bei Embryonen von 10 Wochen fand ich
dieselben noch fast ganz von den Oberkiefern getrennt, mit Aus-
nahme einer kleinen Verbindung an der Gesichtsfläche. In der 11.
und 12. Woche ist die Verbindung hier inniger, dagegen immer noch
am Gaumentheile eine Spalte vorhanden, welche, wie längst be-
kannt, auch später noch in dieser Gegend sichtbar ist. Es möchte
demnach wahrscheinlich sein, dass die ersten Ossificationspuncte
für Oberkiefer und Zwischenkiefer gesondert auftreten, aber sehr
früh und zwar von aussen nach innen verschmelzen. Bei der dop-
pelten Hasenscharte mit Wolfsrachen bleibt wegen der mangelnden
Vereinigung der Oberkiefer- und innern Nasenfortsätze diese Verbin-
dung aus und spricht das selbständige Auftreten von Knochenstücken,
welche die Schneidezähne tragen, und der von der Nasenscheide-
wand getragene Stummel, wie leicht ersichtlich, sehr zu Gunsten
der ursprünglichen Selbständigkeit der fraglichen Knochen, welche

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[218/0234] Vierundzwanzigste Vorlesung. gilt. Der Oberkiefer verknöchert am Ende des zweiten Monates. Anfänglich sollen nach einigen Autoren mehrere Ossificationspuncte vorhanden sein, es ist jedoch sicher, dass schon im Anfange des dritten Monates ein einziger zusammenhängender Knochen da ist, welcher dann durch Periostablagerungen weiter wuchert. Das Jochbein verknöchert ebenso wie der Oberkiefer und auf jeden Fall nur von Einem Puncte aus. Ich habe zur Vollendung der Entwicklungsgeschichte des Ge- sichtsskelettes Ihnen nun noch die Schädelknochen vorzuführen, welche am vordersten Ende desselben sich finden und an der Ge- sichtsbildung Antheil nehmen. Da das Siebbein und die untere Muschel, sowie die Nasenknorpel schon besprochen sind, so blei- ben nur noch die Nasenbeine, Thränenbeine, Pflugschaar und die Zwischenkiefer übrig. Die Nasenbeine und Thränenbeine, die im Anfange des dritten Monates verknöchern, sind ächte Beleg- knochen des Siebbeines. Dieselbe Stellung hat auch der Vomer zur Nasenscheidewand, der im dritten Monate entsteht und anfäng- lich die Form einer Halbrinne hat. Was die Zwischenkiefer anlangt, so ist es immer noch nicht ganz ausgemacht, ob dieselben beim Menschen als selbständige Knochen sich entwickeln, oder von Anfang an Theile des Oberkiefers sind. Sicher ist, dass sie von der Mitte des dritten Monates an mit dem Oberkiefer zusammenhängen, ich glaube jedoch meinen Erfahrungen zufolge denen mich an- schliessen zu sollen, welche diese Knochen als selbständige Gebilde sich entwickeln lassen. Bei Embryonen von 10 Wochen fand ich dieselben noch fast ganz von den Oberkiefern getrennt, mit Aus- nahme einer kleinen Verbindung an der Gesichtsfläche. In der 11. und 12. Woche ist die Verbindung hier inniger, dagegen immer noch am Gaumentheile eine Spalte vorhanden, welche, wie längst be- kannt, auch später noch in dieser Gegend sichtbar ist. Es möchte demnach wahrscheinlich sein, dass die ersten Ossificationspuncte für Oberkiefer und Zwischenkiefer gesondert auftreten, aber sehr früh und zwar von aussen nach innen verschmelzen. Bei der dop- pelten Hasenscharte mit Wolfsrachen bleibt wegen der mangelnden Vereinigung der Oberkiefer- und innern Nasenfortsätze diese Verbin- dung aus und spricht das selbständige Auftreten von Knochenstücken, welche die Schneidezähne tragen, und der von der Nasenscheide- wand getragene Stummel, wie leicht ersichtlich, sehr zu Gunsten der ursprünglichen Selbständigkeit der fraglichen Knochen, welche Nasenbein, Thränenbein. Pflugschaar. Zwischenkiefer.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/234>, abgerufen am 24.11.2024.