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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Knochensystems.
Hinterhauptsbein darbietet, wird nur dadurch getrübt, dass mit der
Schuppe ein Stück verbunden ist, das nicht aus dem knorpeligen
Schädel hervorgeht und den obern Theil der knöchernen Schuppe
ausmacht. Es kommen jedoch bei Thieren und zwar bei Fischen, wie
Stannius gezeigt hat, auch an der Wirbelsäule solche Deck- oder Be-
legknochen vor. Schon weniger scheinen das vordere und dasder Keilbeine,
hintere Keilbein dem Typus eines Wirbels zu entsprechen, indem
einmal die Chorda sicherlich nie im Knorpel des vordern Keilbein-
körpers zu finden ist, und zweitens auch die Theile, die als Bogen
zu deuten wären, nämlich die Alae magnae und parvae, das Gehirn
nicht umfassen. Nichts destoweniger halte ich dafür, dass auch
diese beiden Knochen als Schädelwirbel zu betrachten sind. Der
hintere Keilbeinkörper entsteht auf jeden Fall noch theilweise direct
um die Chorda, die in der knorpeligen Schädelbasis bis in die Ge-
gend der Sattellehne zu verfolgen ist, und was die vordern Theile
anlangt, so haben wir gesehen, dass wenigstens von Reichert eine
ursprüngliche Erstreckung der Chorda bis an's vorderste Ende des
Schädels angenommen wird. Will man aber auch mit Remak diess
nicht zugeben, so ist doch so viel sicher, dass das Blastem, aus wel-
chem das vordere Keilbein und das Siebbein entstehen, dasselbe
ist, aus welchem das hintere Keilbein, das Os occipitis und auch
die Wirbel hervorgehen, so dass somit, wenigstens in dieser Bezie-
hung, eine Uebereinstimmung besteht. Was die Alae magnae und
parvae anlangt, so sind sie allerdings von den Bogenstücken des
Hinterhauptsbeines und der Wirbel abweichend, indem die Um-
schliessung des centralen Nervensystems erst durch Deckknochen,
das Scheitelbein und Stirnbein, vervollständigt wird, allein einmal
gehört das Geschlossensein der Wirbelbogen nicht nothwendig zum
Wirbeltypus, wie am besten die letzten Wirbel des Menschen leh-
ren, und dann ist den besondern Verhältnissen Rechnung zu tragen,
welche an der Kopfwirbelsäule in Folge der grossen Entwicklung des
Gehirns sich finden. Am zweifelhaftesten ist die Bedeutung des Sieb-des Siebbeins.
beins und des vorderen knorpelig bleibenden Endes des Primor-
dialschädels. Einige bezeichnen das Ethmoideum als vierten Wirbel
des Schädels, Andere betrachten es als nicht dem Wirbeltypus an-
gehörig und legen ihm die Bedeutung eines Sinnesknochens bei, ebenso
wie dem Felsenbeine. Ich für meine Person glaube, dass auch das
Siebbein und überhaupt der vordere Theil des Primordialschädels
zur Wirbelsäule zählt, und als eigenthümlich modificirtes Ende der-

Entwicklung des Knochensystems.
Hinterhauptsbein darbietet, wird nur dadurch getrübt, dass mit der
Schuppe ein Stück verbunden ist, das nicht aus dem knorpeligen
Schädel hervorgeht und den obern Theil der knöchernen Schuppe
ausmacht. Es kommen jedoch bei Thieren und zwar bei Fischen, wie
Stannius gezeigt hat, auch an der Wirbelsäule solche Deck- oder Be-
legknochen vor. Schon weniger scheinen das vordere und dasder Keilbeine,
hintere Keilbein dem Typus eines Wirbels zu entsprechen, indem
einmal die Chorda sicherlich nie im Knorpel des vordern Keilbein-
körpers zu finden ist, und zweitens auch die Theile, die als Bogen
zu deuten wären, nämlich die Alae magnae und parvae, das Gehirn
nicht umfassen. Nichts destoweniger halte ich dafür, dass auch
diese beiden Knochen als Schädelwirbel zu betrachten sind. Der
hintere Keilbeinkörper entsteht auf jeden Fall noch theilweise direct
um die Chorda, die in der knorpeligen Schädelbasis bis in die Ge-
gend der Sattellehne zu verfolgen ist, und was die vordern Theile
anlangt, so haben wir gesehen, dass wenigstens von Reichert eine
ursprüngliche Erstreckung der Chorda bis an’s vorderste Ende des
Schädels angenommen wird. Will man aber auch mit Remak diess
nicht zugeben, so ist doch so viel sicher, dass das Blastem, aus wel-
chem das vordere Keilbein und das Siebbein entstehen, dasselbe
ist, aus welchem das hintere Keilbein, das Os occipitis und auch
die Wirbel hervorgehen, so dass somit, wenigstens in dieser Bezie-
hung, eine Uebereinstimmung besteht. Was die Alae magnae und
parvae anlangt, so sind sie allerdings von den Bogenstücken des
Hinterhauptsbeines und der Wirbel abweichend, indem die Um-
schliessung des centralen Nervensystems erst durch Deckknochen,
das Scheitelbein und Stirnbein, vervollständigt wird, allein einmal
gehört das Geschlossensein der Wirbelbogen nicht nothwendig zum
Wirbeltypus, wie am besten die letzten Wirbel des Menschen leh-
ren, und dann ist den besondern Verhältnissen Rechnung zu tragen,
welche an der Kopfwirbelsäule in Folge der grossen Entwicklung des
Gehirns sich finden. Am zweifelhaftesten ist die Bedeutung des Sieb-des Siebbeins.
beins und des vorderen knorpelig bleibenden Endes des Primor-
dialschädels. Einige bezeichnen das Ethmoideum als vierten Wirbel
des Schädels, Andere betrachten es als nicht dem Wirbeltypus an-
gehörig und legen ihm die Bedeutung eines Sinnesknochens bei, ebenso
wie dem Felsenbeine. Ich für meine Person glaube, dass auch das
Siebbein und überhaupt der vordere Theil des Primordialschädels
zur Wirbelsäule zählt, und als eigenthümlich modificirtes Ende der-

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[205/0221] Entwicklung des Knochensystems. Hinterhauptsbein darbietet, wird nur dadurch getrübt, dass mit der Schuppe ein Stück verbunden ist, das nicht aus dem knorpeligen Schädel hervorgeht und den obern Theil der knöchernen Schuppe ausmacht. Es kommen jedoch bei Thieren und zwar bei Fischen, wie Stannius gezeigt hat, auch an der Wirbelsäule solche Deck- oder Be- legknochen vor. Schon weniger scheinen das vordere und das hintere Keilbein dem Typus eines Wirbels zu entsprechen, indem einmal die Chorda sicherlich nie im Knorpel des vordern Keilbein- körpers zu finden ist, und zweitens auch die Theile, die als Bogen zu deuten wären, nämlich die Alae magnae und parvae, das Gehirn nicht umfassen. Nichts destoweniger halte ich dafür, dass auch diese beiden Knochen als Schädelwirbel zu betrachten sind. Der hintere Keilbeinkörper entsteht auf jeden Fall noch theilweise direct um die Chorda, die in der knorpeligen Schädelbasis bis in die Ge- gend der Sattellehne zu verfolgen ist, und was die vordern Theile anlangt, so haben wir gesehen, dass wenigstens von Reichert eine ursprüngliche Erstreckung der Chorda bis an’s vorderste Ende des Schädels angenommen wird. Will man aber auch mit Remak diess nicht zugeben, so ist doch so viel sicher, dass das Blastem, aus wel- chem das vordere Keilbein und das Siebbein entstehen, dasselbe ist, aus welchem das hintere Keilbein, das Os occipitis und auch die Wirbel hervorgehen, so dass somit, wenigstens in dieser Bezie- hung, eine Uebereinstimmung besteht. Was die Alae magnae und parvae anlangt, so sind sie allerdings von den Bogenstücken des Hinterhauptsbeines und der Wirbel abweichend, indem die Um- schliessung des centralen Nervensystems erst durch Deckknochen, das Scheitelbein und Stirnbein, vervollständigt wird, allein einmal gehört das Geschlossensein der Wirbelbogen nicht nothwendig zum Wirbeltypus, wie am besten die letzten Wirbel des Menschen leh- ren, und dann ist den besondern Verhältnissen Rechnung zu tragen, welche an der Kopfwirbelsäule in Folge der grossen Entwicklung des Gehirns sich finden. Am zweifelhaftesten ist die Bedeutung des Sieb- beins und des vorderen knorpelig bleibenden Endes des Primor- dialschädels. Einige bezeichnen das Ethmoideum als vierten Wirbel des Schädels, Andere betrachten es als nicht dem Wirbeltypus an- gehörig und legen ihm die Bedeutung eines Sinnesknochens bei, ebenso wie dem Felsenbeine. Ich für meine Person glaube, dass auch das Siebbein und überhaupt der vordere Theil des Primordialschädels zur Wirbelsäule zählt, und als eigenthümlich modificirtes Ende der- der Keilbeine, des Siebbeins.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/221>, abgerufen am 24.11.2024.