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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Zweiundzwanzigste Vorlesung.
aufgeklärt worden. Vor Allem bemerke ich Ihnen, dass der Schä-
del, gleich wie der Wirbel, drei Zustände, den häutigen, knor-
peligen
und knöchernen durchläuft, von denen wir die beiden
ersten mit einem von Jacobson zuerst gebrauchten Namen die Pri-
mordialschädel
nennen und von dem bleibenden knöchernen
Schädel unterscheiden. Ferner ist hervorzuheben, dass auch der
Schädel aus einer Belegungsmasse oder einem Blasteme hervorgeht,
welches sich zu beiden Seiten der Chorda findet oder, um mit den
Worten der neueren Entwicklungsgeschichte zu reden, aus den Ur-
wirbelplatten unter Mitbetheiligung der Chorda sich entwickelt.


Häutiger Primor-
dialschädel.

[Abbildung] Fig. 84.

Betrachten wir nun zunächst
die Art und Weise der Entwick-
lung des häutigen Schädels. Sie
erinnern sich aus dem über die
Entwicklung des Hühnchens Mitge-
theilten, dass die Urwirbelplatten
an dem vordern Ende der Chorda
noch über dieselbe hinausgehen
und bogenförmig untereinander zu-
sammenhängen (Fig. 84). Der häu-
tige Schädel nun entwickelt sich
aus dem vordersten Theile der Ur-
wirbelplatten, welcher keine Glie-
derung darbietet und niemals in
Urwirbel zerfällt (Fig. 60), wesent-
lich in der nämlichen Weise, wie
die häutige Wirbelsäule. Es um-
schliessen nämlich einmal die Ur-
wirbelplatten des Kopfes mit ihren
innern Rändern von oben und von

[Abbildung]

Fig. 84. Oval gewordener durchsichtiger Fruchthof eines Hühnereies mit
weiter gediehener Sonderung (IV. Stadium vom 1. Tage) 20mal vergr. Nach
Remak. 1. Von der untern Fläche gesehen, ch Chorda, x Anschwellung dersel-
ben am hintern Ende; ap Seitenhälften der Axenplatte, die am Kopfe hogen-
förmig in einander umbiegen und am hintern Ende in der Keimhaut sich ver-
lieren, sp Seitenplatten, die vorn und hinten in einander übergehen, y Grenze
des hellen Fruchthofes, 2. Senkrechter Querschnitt derselben Keimhaut von
der Mitte, uw Urwirbelplatten, ohne Grenze in die Seitenplatten übergehend,
mp Medullarplatte, ins Hornblatt sich fortsetzend, d Darmdrüsenblatt. Aus-
serdem ist die Chorda sichtbar und die Primitivrinne.

Zweiundzwanzigste Vorlesung.
aufgeklärt worden. Vor Allem bemerke ich Ihnen, dass der Schä-
del, gleich wie der Wirbel, drei Zustände, den häutigen, knor-
peligen
und knöchernen durchläuft, von denen wir die beiden
ersten mit einem von Jacobson zuerst gebrauchten Namen die Pri-
mordialschädel
nennen und von dem bleibenden knöchernen
Schädel unterscheiden. Ferner ist hervorzuheben, dass auch der
Schädel aus einer Belegungsmasse oder einem Blasteme hervorgeht,
welches sich zu beiden Seiten der Chorda findet oder, um mit den
Worten der neueren Entwicklungsgeschichte zu reden, aus den Ur-
wirbelplatten unter Mitbetheiligung der Chorda sich entwickelt.


Häutiger Primor-
dialschädel.

[Abbildung] Fig. 84.

Betrachten wir nun zunächst
die Art und Weise der Entwick-
lung des häutigen Schädels. Sie
erinnern sich aus dem über die
Entwicklung des Hühnchens Mitge-
theilten, dass die Urwirbelplatten
an dem vordern Ende der Chorda
noch über dieselbe hinausgehen
und bogenförmig untereinander zu-
sammenhängen (Fig. 84). Der häu-
tige Schädel nun entwickelt sich
aus dem vordersten Theile der Ur-
wirbelplatten, welcher keine Glie-
derung darbietet und niemals in
Urwirbel zerfällt (Fig. 60), wesent-
lich in der nämlichen Weise, wie
die häutige Wirbelsäule. Es um-
schliessen nämlich einmal die Ur-
wirbelplatten des Kopfes mit ihren
innern Rändern von oben und von

[Abbildung]

Fig. 84. Oval gewordener durchsichtiger Fruchthof eines Hühnereies mit
weiter gediehener Sonderung (IV. Stadium vom 1. Tage) 20mal vergr. Nach
Remak. 1. Von der untern Fläche gesehen, ch Chorda, x Anschwellung dersel-
ben am hintern Ende; ap Seitenhälften der Axenplatte, die am Kopfe hogen-
förmig in einander umbiegen und am hintern Ende in der Keimhaut sich ver-
lieren, sp Seitenplatten, die vorn und hinten in einander übergehen, y Grenze
des hellen Fruchthofes, 2. Senkrechter Querschnitt derselben Keimhaut von
der Mitte, uw Urwirbelplatten, ohne Grenze in die Seitenplatten übergehend,
mp Medullarplatte, ins Hornblatt sich fortsetzend, d Darmdrüsenblatt. Aus-
serdem ist die Chorda sichtbar und die Primitivrinne.

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[192/0208] Zweiundzwanzigste Vorlesung. aufgeklärt worden. Vor Allem bemerke ich Ihnen, dass der Schä- del, gleich wie der Wirbel, drei Zustände, den häutigen, knor- peligen und knöchernen durchläuft, von denen wir die beiden ersten mit einem von Jacobson zuerst gebrauchten Namen die Pri- mordialschädel nennen und von dem bleibenden knöchernen Schädel unterscheiden. Ferner ist hervorzuheben, dass auch der Schädel aus einer Belegungsmasse oder einem Blasteme hervorgeht, welches sich zu beiden Seiten der Chorda findet oder, um mit den Worten der neueren Entwicklungsgeschichte zu reden, aus den Ur- wirbelplatten unter Mitbetheiligung der Chorda sich entwickelt. [Abbildung Fig. 84. ] Betrachten wir nun zunächst die Art und Weise der Entwick- lung des häutigen Schädels. Sie erinnern sich aus dem über die Entwicklung des Hühnchens Mitge- theilten, dass die Urwirbelplatten an dem vordern Ende der Chorda noch über dieselbe hinausgehen und bogenförmig untereinander zu- sammenhängen (Fig. 84). Der häu- tige Schädel nun entwickelt sich aus dem vordersten Theile der Ur- wirbelplatten, welcher keine Glie- derung darbietet und niemals in Urwirbel zerfällt (Fig. 60), wesent- lich in der nämlichen Weise, wie die häutige Wirbelsäule. Es um- schliessen nämlich einmal die Ur- wirbelplatten des Kopfes mit ihren innern Rändern von oben und von [Abbildung Fig. 84. Oval gewordener durchsichtiger Fruchthof eines Hühnereies mit weiter gediehener Sonderung (IV. Stadium vom 1. Tage) 20mal vergr. Nach Remak. 1. Von der untern Fläche gesehen, ch Chorda, x Anschwellung dersel- ben am hintern Ende; ap Seitenhälften der Axenplatte, die am Kopfe hogen- förmig in einander umbiegen und am hintern Ende in der Keimhaut sich ver- lieren, sp Seitenplatten, die vorn und hinten in einander übergehen, y Grenze des hellen Fruchthofes, 2. Senkrechter Querschnitt derselben Keimhaut von der Mitte, uw Urwirbelplatten, ohne Grenze in die Seitenplatten übergehend, mp Medullarplatte, ins Hornblatt sich fortsetzend, d Darmdrüsenblatt. Aus- serdem ist die Chorda sichtbar und die Primitivrinne.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/208>, abgerufen am 24.11.2024.