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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Knochensystems.
linie zu, bis endlich die Brustbeinhälften zur Vereinigung gelangen,
welche zunächst oben zu Stande kommt und von hier aus nach un-
ten fortschreitet, so dass zuletzt alle sieben Rippen durch eine ein-
zige Knorpelplatte mit einander zusammenhängen und das knorpe-
lige Brustbein angelegt ist, welches dann nachträglich noch seinen
Processus ensiformis entwickelt. Diese Entwicklungsgeschichte des
Brustbeins erklärt jene Ihnen wohl zum Theil bekannten Missbil-
dungen, welche man mit dem Namen der Brustbeinspalten (Fissurae
sterni
) bezeichnet. Es sind diess Fälle, in denen die Brustbeinhälf-
ten nicht ganz zur Vereinigung gelangen, sondern grössere oder klei-
nere Lücken als Ueberreste der ursprünglichen grossen Lücke zwi-
schen den Rippen vorkommen und in der Mitte der Brust nur die
Haut als Bedeckung sich findet. Der bekannte Groux hat eine sol-
che, obwohl unvollkommene Brustbeinspalte.

Ist das knorpelige Brustbein gebildet, so beginnt dann ziemlichVerknöcherung
des Brustbeins.

spät, d. h. vom sechsten Monate an, die Verknöcherung, indem sich
meist ein Knochenpunct im Manubrium, eine gewisse wechselnde
Zahl von solchen (4--13 nach Schwegel), die häufig paarweise in
3--4 Querreihen stehen, im Körper und dann noch gewöhnlich ein
Knochenpunct im späteren Processus ensiformis bildet. Später beim
reifen Embryo und im ersten Jahre verschmelzen die einzelnen
Puncte des Körpers zu drei bis vier grösseren Stücken, welche vom
vierten Jahre an auch noch von unten nach oben so mit einander
sich vereinen, dass dann der Knochen aus den bekannten drei Stü-
cken besteht, deren weitere Verhältnisse Ihnen bekannt sind.

Die Rippen verknöchern sehr früh schon im zweiten MonateVerknöcherung
der Rippen.

jede mit einen Knochenkerne, der sich rasch nach beiden Seiten aus-
breitet, so dass dieselben schon im dritten Monate eine erhebliche
Länge haben. Wie andere Röhrenknochen wachsen dann die Rip-
pen theils auf Kosten des Knorpelrestes, von denen übrigens ein
Theil zu den bleibenden Rippenknorpeln sich gestaltet, theils vom
Perichondrium aus weiter, bis endlich in späterer Zeit erst (vom
achten bis vierzehnten Jahre nach Schwegel) in den Knorpeln der
Köpfchen und Höcker Epiphysenkerne sich bilden, die dann zwi-
schen den 14.--18.--25. Jahre mit den Diaphysen verschmelzen.

Die Entwicklung des Schädels, zu der wir jetzt überge-Entwicklung des
Schädels.

hen, ist einer der schwierigsten Gegenstände der Entwicklungsge-
schichte, doch sind wir, namentlich durch die sorgfältigen Untersu-
chungen Rathke's, in neuerer Zeit über manche dunkle Verhältnisse

Entwicklung des Knochensystems.
linie zu, bis endlich die Brustbeinhälften zur Vereinigung gelangen,
welche zunächst oben zu Stande kommt und von hier aus nach un-
ten fortschreitet, so dass zuletzt alle sieben Rippen durch eine ein-
zige Knorpelplatte mit einander zusammenhängen und das knorpe-
lige Brustbein angelegt ist, welches dann nachträglich noch seinen
Processus ensiformis entwickelt. Diese Entwicklungsgeschichte des
Brustbeins erklärt jene Ihnen wohl zum Theil bekannten Missbil-
dungen, welche man mit dem Namen der Brustbeinspalten (Fissurae
sterni
) bezeichnet. Es sind diess Fälle, in denen die Brustbeinhälf-
ten nicht ganz zur Vereinigung gelangen, sondern grössere oder klei-
nere Lücken als Ueberreste der ursprünglichen grossen Lücke zwi-
schen den Rippen vorkommen und in der Mitte der Brust nur die
Haut als Bedeckung sich findet. Der bekannte Groux hat eine sol-
che, obwohl unvollkommene Brustbeinspalte.

Ist das knorpelige Brustbein gebildet, so beginnt dann ziemlichVerknöcherung
des Brustbeins.

spät, d. h. vom sechsten Monate an, die Verknöcherung, indem sich
meist ein Knochenpunct im Manubrium, eine gewisse wechselnde
Zahl von solchen (4—13 nach Schwegel), die häufig paarweise in
3—4 Querreihen stehen, im Körper und dann noch gewöhnlich ein
Knochenpunct im späteren Processus ensiformis bildet. Später beim
reifen Embryo und im ersten Jahre verschmelzen die einzelnen
Puncte des Körpers zu drei bis vier grösseren Stücken, welche vom
vierten Jahre an auch noch von unten nach oben so mit einander
sich vereinen, dass dann der Knochen aus den bekannten drei Stü-
cken besteht, deren weitere Verhältnisse Ihnen bekannt sind.

Die Rippen verknöchern sehr früh schon im zweiten MonateVerknöcherung
der Rippen.

jede mit einen Knochenkerne, der sich rasch nach beiden Seiten aus-
breitet, so dass dieselben schon im dritten Monate eine erhebliche
Länge haben. Wie andere Röhrenknochen wachsen dann die Rip-
pen theils auf Kosten des Knorpelrestes, von denen übrigens ein
Theil zu den bleibenden Rippenknorpeln sich gestaltet, theils vom
Perichondrium aus weiter, bis endlich in späterer Zeit erst (vom
achten bis vierzehnten Jahre nach Schwegel) in den Knorpeln der
Köpfchen und Höcker Epiphysenkerne sich bilden, die dann zwi-
schen den 14.—18.—25. Jahre mit den Diaphysen verschmelzen.

Die Entwicklung des Schädels, zu der wir jetzt überge-Entwicklung des
Schädels.

hen, ist einer der schwierigsten Gegenstände der Entwicklungsge-
schichte, doch sind wir, namentlich durch die sorgfältigen Untersu-
chungen Rathke’s, in neuerer Zeit über manche dunkle Verhältnisse

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[191/0207] Entwicklung des Knochensystems. linie zu, bis endlich die Brustbeinhälften zur Vereinigung gelangen, welche zunächst oben zu Stande kommt und von hier aus nach un- ten fortschreitet, so dass zuletzt alle sieben Rippen durch eine ein- zige Knorpelplatte mit einander zusammenhängen und das knorpe- lige Brustbein angelegt ist, welches dann nachträglich noch seinen Processus ensiformis entwickelt. Diese Entwicklungsgeschichte des Brustbeins erklärt jene Ihnen wohl zum Theil bekannten Missbil- dungen, welche man mit dem Namen der Brustbeinspalten (Fissurae sterni) bezeichnet. Es sind diess Fälle, in denen die Brustbeinhälf- ten nicht ganz zur Vereinigung gelangen, sondern grössere oder klei- nere Lücken als Ueberreste der ursprünglichen grossen Lücke zwi- schen den Rippen vorkommen und in der Mitte der Brust nur die Haut als Bedeckung sich findet. Der bekannte Groux hat eine sol- che, obwohl unvollkommene Brustbeinspalte. Ist das knorpelige Brustbein gebildet, so beginnt dann ziemlich spät, d. h. vom sechsten Monate an, die Verknöcherung, indem sich meist ein Knochenpunct im Manubrium, eine gewisse wechselnde Zahl von solchen (4—13 nach Schwegel), die häufig paarweise in 3—4 Querreihen stehen, im Körper und dann noch gewöhnlich ein Knochenpunct im späteren Processus ensiformis bildet. Später beim reifen Embryo und im ersten Jahre verschmelzen die einzelnen Puncte des Körpers zu drei bis vier grösseren Stücken, welche vom vierten Jahre an auch noch von unten nach oben so mit einander sich vereinen, dass dann der Knochen aus den bekannten drei Stü- cken besteht, deren weitere Verhältnisse Ihnen bekannt sind. Verknöcherung des Brustbeins. Die Rippen verknöchern sehr früh schon im zweiten Monate jede mit einen Knochenkerne, der sich rasch nach beiden Seiten aus- breitet, so dass dieselben schon im dritten Monate eine erhebliche Länge haben. Wie andere Röhrenknochen wachsen dann die Rip- pen theils auf Kosten des Knorpelrestes, von denen übrigens ein Theil zu den bleibenden Rippenknorpeln sich gestaltet, theils vom Perichondrium aus weiter, bis endlich in späterer Zeit erst (vom achten bis vierzehnten Jahre nach Schwegel) in den Knorpeln der Köpfchen und Höcker Epiphysenkerne sich bilden, die dann zwi- schen den 14.—18.—25. Jahre mit den Diaphysen verschmelzen. Verknöcherung der Rippen. Die Entwicklung des Schädels, zu der wir jetzt überge- hen, ist einer der schwierigsten Gegenstände der Entwicklungsge- schichte, doch sind wir, namentlich durch die sorgfältigen Untersu- chungen Rathke’s, in neuerer Zeit über manche dunkle Verhältnisse Entwicklung des Schädels.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/207>, abgerufen am 24.11.2024.