Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.Siebenzehnte Vorlesung die später die Mundhöhle gibt. Der Bauch des Embryo ist weitoffen, wie das die seitliche und die Ansicht von vorn zeigen, und steht der ungestielte, 11/4''' grosse Dottersack (in der Ansicht von vorn geöffnet dargestellt) in grosser Ausdehnung in offener Verbin- dung mit dem Darm, von dem nur der Anfangsdarm, dessen Aus- mündung in den Mitteldarm in der Fig. 67 bei x zu sehen ist, und der Enddarm (Fig. 67 i) entwickelt sind. Am hinteren Leibesende findet sich die Allantois (a) in Form eines Stranges, der durch einen breiten Stiel (u), den späteren Urachus, mit dem Enddarm und, wie es scheint, auch noch mit der vorderen Beckenwand zusammen- hängt und dann ins Chorion sich verliert, dessen innere Lamelle sie bildet. Wie weit die Höhle der Allantois und die epitheliale innere Lamelle derselben sich erstreckte, darüber hat Coste nichts mitgetheilt. Am Dottersacke und der Allantois sind Gefässe bemerk- lich. Am Dottersacke zwei Arteriae omphalo-mesentericae rechts und links ziemlich in der Mitte (Fig. 66 m) und zwei Venae omphalo-me- sentericae mehr nach vorn (Fig. 67 n); ebenso sieht man Gefässe an der Allantois, welche auch in die hautartige Ausbreitung derselben am Chorion übergehen, hier jedoch nur mit dem Mikroskope wahr- zunehmen sind. Das Amnios geht von den Rändern der grossen Bauchöffnung aus, umhüllt ziemlich genau die untere Seite des Ko- pfes, steht aber vom Rücken so wie vom hinteren Leibesende weit ab und bildet mit seinem hintersten Theile noch eine unvollkommene Scheide für die hintere Seite des Stieles der Allantois. Von Extre- mitäten, Augen und Ohrbläschen ist an diesem Embryo noch keine Spur zu sehen, ebenso meldet Coste nichts von Wolff'schen Körpern, welche jedoch sehr wahrscheinlich angelegt waren, dagegen will er zwei ziemlich grosse Aorten (Fig. 67 g) zu beiden Seiten der mitt- leren Theile des Leibes gesehen haben, die aber nicht besonders deutlich hervortraten. -- Ich habe den oben geschilderten Embryo bei Coste selbst gesehen und so weit es an dem Spirituspräparate möglich war, mich von der Richtigkeit der Beschreibung überzeugt, wenn ich auch nicht alles, was Coste abgebildet hat, wieder erken- nen konnte. Ich bemerke diess zur Steuer der Wahrheit, da von einigen Seiten Coste's Angaben mit einem gewissen Misstrauen auf- genommen worden sind. Ueber das Chorion dieses Eies nun noch Folgendes. Das- Siebenzehnte Vorlesung die später die Mundhöhle gibt. Der Bauch des Embryo ist weitoffen, wie das die seitliche und die Ansicht von vorn zeigen, und steht der ungestielte, 11/4‴ grosse Dottersack (in der Ansicht von vorn geöffnet dargestellt) in grosser Ausdehnung in offener Verbin- dung mit dem Darm, von dem nur der Anfangsdarm, dessen Aus- mündung in den Mitteldarm in der Fig. 67 bei x zu sehen ist, und der Enddarm (Fig. 67 i) entwickelt sind. Am hinteren Leibesende findet sich die Allantois (a) in Form eines Stranges, der durch einen breiten Stiel (u), den späteren Urachus, mit dem Enddarm und, wie es scheint, auch noch mit der vorderen Beckenwand zusammen- hängt und dann ins Chorion sich verliert, dessen innere Lamelle sie bildet. Wie weit die Höhle der Allantois und die epitheliale innere Lamelle derselben sich erstreckte, darüber hat Coste nichts mitgetheilt. Am Dottersacke und der Allantois sind Gefässe bemerk- lich. Am Dottersacke zwei Arteriae omphalo-mesentericae rechts und links ziemlich in der Mitte (Fig. 66 m) und zwei Venae omphalo-me- sentericae mehr nach vorn (Fig. 67 n); ebenso sieht man Gefässe an der Allantois, welche auch in die hautartige Ausbreitung derselben am Chorion übergehen, hier jedoch nur mit dem Mikroskope wahr- zunehmen sind. Das Amnios geht von den Rändern der grossen Bauchöffnung aus, umhüllt ziemlich genau die untere Seite des Ko- pfes, steht aber vom Rücken so wie vom hinteren Leibesende weit ab und bildet mit seinem hintersten Theile noch eine unvollkommene Scheide für die hintere Seite des Stieles der Allantois. Von Extre- mitäten, Augen und Ohrbläschen ist an diesem Embryo noch keine Spur zu sehen, ebenso meldet Coste nichts von Wolff’schen Körpern, welche jedoch sehr wahrscheinlich angelegt waren, dagegen will er zwei ziemlich grosse Aorten (Fig. 67 g) zu beiden Seiten der mitt- leren Theile des Leibes gesehen haben, die aber nicht besonders deutlich hervortraten. — Ich habe den oben geschilderten Embryo bei Coste selbst gesehen und so weit es an dem Spirituspräparate möglich war, mich von der Richtigkeit der Beschreibung überzeugt, wenn ich auch nicht alles, was Coste abgebildet hat, wieder erken- nen konnte. Ich bemerke diess zur Steuer der Wahrheit, da von einigen Seiten Coste’s Angaben mit einem gewissen Misstrauen auf- genommen worden sind. Ueber das Chorion dieses Eies nun noch Folgendes. Das- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="126"/><fw place="top" type="header">Siebenzehnte Vorlesung</fw><lb/> die später die Mundhöhle gibt. 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Siebenzehnte Vorlesung
die später die Mundhöhle gibt. Der Bauch des Embryo ist weit
offen, wie das die seitliche und die Ansicht von vorn zeigen, und
steht der ungestielte, 11/4‴ grosse Dottersack (in der Ansicht von
vorn geöffnet dargestellt) in grosser Ausdehnung in offener Verbin-
dung mit dem Darm, von dem nur der Anfangsdarm, dessen Aus-
mündung in den Mitteldarm in der Fig. 67 bei x zu sehen ist, und
der Enddarm (Fig. 67 i) entwickelt sind. Am hinteren Leibesende
findet sich die Allantois (a) in Form eines Stranges, der durch einen
breiten Stiel (u), den späteren Urachus, mit dem Enddarm und,
wie es scheint, auch noch mit der vorderen Beckenwand zusammen-
hängt und dann ins Chorion sich verliert, dessen innere Lamelle
sie bildet. Wie weit die Höhle der Allantois und die epitheliale
innere Lamelle derselben sich erstreckte, darüber hat Coste nichts
mitgetheilt. Am Dottersacke und der Allantois sind Gefässe bemerk-
lich. Am Dottersacke zwei Arteriae omphalo-mesentericae rechts und
links ziemlich in der Mitte (Fig. 66 m) und zwei Venae omphalo-me-
sentericae mehr nach vorn (Fig. 67 n); ebenso sieht man Gefässe an
der Allantois, welche auch in die hautartige Ausbreitung derselben
am Chorion übergehen, hier jedoch nur mit dem Mikroskope wahr-
zunehmen sind. Das Amnios geht von den Rändern der grossen
Bauchöffnung aus, umhüllt ziemlich genau die untere Seite des Ko-
pfes, steht aber vom Rücken so wie vom hinteren Leibesende weit
ab und bildet mit seinem hintersten Theile noch eine unvollkommene
Scheide für die hintere Seite des Stieles der Allantois. Von Extre-
mitäten, Augen und Ohrbläschen ist an diesem Embryo noch keine
Spur zu sehen, ebenso meldet Coste nichts von Wolff’schen Körpern,
welche jedoch sehr wahrscheinlich angelegt waren, dagegen will er
zwei ziemlich grosse Aorten (Fig. 67 g) zu beiden Seiten der mitt-
leren Theile des Leibes gesehen haben, die aber nicht besonders
deutlich hervortraten. — Ich habe den oben geschilderten Embryo
bei Coste selbst gesehen und so weit es an dem Spirituspräparate
möglich war, mich von der Richtigkeit der Beschreibung überzeugt,
wenn ich auch nicht alles, was Coste abgebildet hat, wieder erken-
nen konnte. Ich bemerke diess zur Steuer der Wahrheit, da von
einigen Seiten Coste’s Angaben mit einem gewissen Misstrauen auf-
genommen worden sind.
Ueber das Chorion dieses Eies nun noch Folgendes. Das-
selbe bestand aus zwei Schichten; die innere Lamelle dessel-
ben, welche Coste als Ausbreitung der Allantois auffasst, war
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