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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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1. Septicämie bei Mäusen.
wahrscheinlich, dass die Bacillen unmittelbar durch die Lücken
der Gefässwand, die den weit grösseren rothen Blutkörperchen
den Durchtritt gestatten, in die Gefässe hinein wuchern und so
in den Blutstrom gelangen. In den Lymphbahnen habe ich sie
niemals getroffen. Selbst in den stark vergrösserten Lymphdrüsen
sind sie nur in den Blutcapillaren, welche die Drüse durchziehen,
nicht aber in den Lymphräumen derselben zu finden. Im locke¬
ren Zellgewebe dringen sie oft weit vor und können vom Ohr bis
in das Mediastinum, vom Rücken bis in das Beckenzellgewebe
gelangen. Frei in den Körperhöhlen habe ich sie nicht gefunden.
Ihre Verbreitung in den Blutgefässen lässt sich am besten am
Zwerchfell ermitteln, wenn die am Rand des Centrum tendineum
verlaufenden Gefässe zur Untersuchung gewählt werden. Grössere
Venen (Taf. III. Fig. 3 zeigt einen kleinen Abschnitt einer solchen)
enthalten bedeutende Mengen ziemlich gleichmässig vertheilter Ba¬
cillen und zahlreiche aus weissen Blutkörperchen hervorgegangene
Bacillenhaufen. Die freischwimmenden Bacillen sind fast sämmt¬
lich mit ihrer Längsaxe nach der Richtung des Blutstromes ge¬
lagert und beweisen dadurch, dass sie noch durch das strömende
Blut in diese Lage gebracht sind und nach dem Stillstande
desselben sich nicht vermehrt oder fortbewegt haben. In den
Capillaren häufen sich die Bacillen besonders an den Theilungs¬
stellen an, doch habe ich niemals gesehen, dass es zur vollstän¬
digen Verstopfung kleinerer Gefässe gekommen wäre. Auch die
Innenwand der Arterien ist oft mit längsgerichteten Bacillen dicht
besetzt.

Ganz in derselben Weise sind die Bacillen nun auch im ge¬
sammten übrigen Blutgefässsystem vertheilt. Ueberall stösst man
bei der Untersuchung von Schnitten aus Lunge, Leber, Niere und
Milz auf Gefässdurchschnitte mit freien Bacillen und bacillenhal¬
tigen weissen Blutkörperchen im Innern. Stärkere Ansammlungen
in den Glomeruli bilden die Bacillen nicht; auffallenderweise sind
sie auch in der erheblieh vergrösserten Milz nicht zahlreicher als
in den anderen Organen.

Der ganze Krankheitsprocess hat grosse Aehnlichkeit mit
Milzbrand. In beiden Krankheiten ist die Infectionsfähigkeit an
das Vorhandensein der Bacillen im Blute gebunden; sobald diese
fehlen, lässt sich die Krankheit nicht mehr durch Verimpfung des
Blutes übertragen. Beide Krankheiten sind durch die ausnahms¬
los eintretende Entwicklung von überaus zahlreichen Bacillen aus¬

1. Septicämie bei Mäusen.
wahrscheinlich, dass die Bacillen unmittelbar durch die Lücken
der Gefässwand, die den weit grösseren rothen Blutkörperchen
den Durchtritt gestatten, in die Gefässe hinein wuchern und so
in den Blutstrom gelangen. In den Lymphbahnen habe ich sie
niemals getroffen. Selbst in den stark vergrösserten Lymphdrüsen
sind sie nur in den Blutcapillaren, welche die Drüse durchziehen,
nicht aber in den Lymphräumen derselben zu finden. Im locke¬
ren Zellgewebe dringen sie oft weit vor und können vom Ohr bis
in das Mediastinum, vom Rücken bis in das Beckenzellgewebe
gelangen. Frei in den Körperhöhlen habe ich sie nicht gefunden.
Ihre Verbreitung in den Blutgefässen lässt sich am besten am
Zwerchfell ermitteln, wenn die am Rand des Centrum tendineum
verlaufenden Gefässe zur Untersuchung gewählt werden. Grössere
Venen (Taf. III. Fig. 3 zeigt einen kleinen Abschnitt einer solchen)
enthalten bedeutende Mengen ziemlich gleichmässig vertheilter Ba¬
cillen und zahlreiche aus weissen Blutkörperchen hervorgegangene
Bacillenhaufen. Die freischwimmenden Bacillen sind fast sämmt¬
lich mit ihrer Längsaxe nach der Richtung des Blutstromes ge¬
lagert und beweisen dadurch, dass sie noch durch das strömende
Blut in diese Lage gebracht sind und nach dem Stillstande
desselben sich nicht vermehrt oder fortbewegt haben. In den
Capillaren häufen sich die Bacillen besonders an den Theilungs¬
stellen an, doch habe ich niemals gesehen, dass es zur vollstän¬
digen Verstopfung kleinerer Gefässe gekommen wäre. Auch die
Innenwand der Arterien ist oft mit längsgerichteten Bacillen dicht
besetzt.

Ganz in derselben Weise sind die Bacillen nun auch im ge¬
sammten übrigen Blutgefässsystem vertheilt. Ueberall stösst man
bei der Untersuchung von Schnitten aus Lunge, Leber, Niere und
Milz auf Gefässdurchschnitte mit freien Bacillen und bacillenhal¬
tigen weissen Blutkörperchen im Innern. Stärkere Ansammlungen
in den Glomeruli bilden die Bacillen nicht; auffallenderweise sind
sie auch in der erheblieh vergrösserten Milz nicht zahlreicher als
in den anderen Organen.

Der ganze Krankheitsprocess hat grosse Aehnlichkeit mit
Milzbrand. In beiden Krankheiten ist die Infectionsfähigkeit an
das Vorhandensein der Bacillen im Blute gebunden; sobald diese
fehlen, lässt sich die Krankheit nicht mehr durch Verimpfung des
Blutes übertragen. Beide Krankheiten sind durch die ausnahms¬
los eintretende Entwicklung von überaus zahlreichen Bacillen aus¬

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[45/0055] 1. Septicämie bei Mäusen. wahrscheinlich, dass die Bacillen unmittelbar durch die Lücken der Gefässwand, die den weit grösseren rothen Blutkörperchen den Durchtritt gestatten, in die Gefässe hinein wuchern und so in den Blutstrom gelangen. In den Lymphbahnen habe ich sie niemals getroffen. Selbst in den stark vergrösserten Lymphdrüsen sind sie nur in den Blutcapillaren, welche die Drüse durchziehen, nicht aber in den Lymphräumen derselben zu finden. Im locke¬ ren Zellgewebe dringen sie oft weit vor und können vom Ohr bis in das Mediastinum, vom Rücken bis in das Beckenzellgewebe gelangen. Frei in den Körperhöhlen habe ich sie nicht gefunden. Ihre Verbreitung in den Blutgefässen lässt sich am besten am Zwerchfell ermitteln, wenn die am Rand des Centrum tendineum verlaufenden Gefässe zur Untersuchung gewählt werden. Grössere Venen (Taf. III. Fig. 3 zeigt einen kleinen Abschnitt einer solchen) enthalten bedeutende Mengen ziemlich gleichmässig vertheilter Ba¬ cillen und zahlreiche aus weissen Blutkörperchen hervorgegangene Bacillenhaufen. Die freischwimmenden Bacillen sind fast sämmt¬ lich mit ihrer Längsaxe nach der Richtung des Blutstromes ge¬ lagert und beweisen dadurch, dass sie noch durch das strömende Blut in diese Lage gebracht sind und nach dem Stillstande desselben sich nicht vermehrt oder fortbewegt haben. In den Capillaren häufen sich die Bacillen besonders an den Theilungs¬ stellen an, doch habe ich niemals gesehen, dass es zur vollstän¬ digen Verstopfung kleinerer Gefässe gekommen wäre. Auch die Innenwand der Arterien ist oft mit längsgerichteten Bacillen dicht besetzt. Ganz in derselben Weise sind die Bacillen nun auch im ge¬ sammten übrigen Blutgefässsystem vertheilt. Ueberall stösst man bei der Untersuchung von Schnitten aus Lunge, Leber, Niere und Milz auf Gefässdurchschnitte mit freien Bacillen und bacillenhal¬ tigen weissen Blutkörperchen im Innern. Stärkere Ansammlungen in den Glomeruli bilden die Bacillen nicht; auffallenderweise sind sie auch in der erheblieh vergrösserten Milz nicht zahlreicher als in den anderen Organen. Der ganze Krankheitsprocess hat grosse Aehnlichkeit mit Milzbrand. In beiden Krankheiten ist die Infectionsfähigkeit an das Vorhandensein der Bacillen im Blute gebunden; sobald diese fehlen, lässt sich die Krankheit nicht mehr durch Verimpfung des Blutes übertragen. Beide Krankheiten sind durch die ausnahms¬ los eintretende Entwicklung von überaus zahlreichen Bacillen aus¬

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/55>, abgerufen am 22.11.2024.