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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Künstliche Wundinfectionskrankheiten.
weder in gerader Linie oder einen stumpfen Winkel bildend.
Längere Ketten bis zu vier Bacillen kommen auch wohl vor, sind
aber selten. Sie haben beim ersten Anblick grosse Aehnlichkeit
mit kleinen nadelförmigen Krystallen. Dass es aber unzweifelhaft
pflanzliche Gebilde sind, geht daraus hervor, dass, wenn septi¬
cämisches Blut in einen hohlen Objectträger und in den Brütappa¬
rat gebracht wird, die Bacillen ebenso wie Milzbrandbacillen
wachsen, aber nicht wie diese zu langen Fäden, sondern sie ver¬
mehren sich zu dichten Haufen, die aus getrennten Bacillen be¬
stehen. In einigen Fällen habe ich auch Sporen in den Bacillen
auftreten sehen. Weiter konnte ich aus Mangel an Zeit die Le¬
bensbedingungen und Vegetationsverhältnisse dieser Septicämie¬
bacillen noch nicht verfolgen, beabsichtige aber bei späterer Ge¬
legenheit mich noch mit dieser Aufgabe zu beschäftigen. Ohne
Anwendung von Färbungsmitteln sind die Bacillen im frischen
Blute, auch wenn man ihre Form schon kennt, ungemein schwer
zu erkennen und ich habe darüber, ob sie eigene Bewegung be¬
sitzen, keine Gewissheit erlangen können. Eigenthümlich ist ihr
Verhalten zu den weissen Blutkörperchen. Sie dringen in die¬
selben ein und vermehren sich in ihnen. Oft findet man fast kein
einziges weisses Blutkörperchen mehr, in dessen Innern nicht
Bacillen zu erblicken sind. Manche Blutkörperchen enthalten nur
einzelne, andere dichte Massen von Bacillen, neben denen der
Kern noch zu erkennen ist; in noch anderen ist der Kern nicht
mehr zu unterscheiden und schliesslich ist aus dem Blutkörperchen
ein dichter, an den Rändern zerfallender Bacillenklumpen gewor¬
den, dessen Entstehung man sich nicht erklären könnte, wenn man
nicht oft alle Uebergänge bis zum intacten weissen Blutkörperchen
nahe bei einander zu sehen bekäme (Taf. I. Fig. 2).

Von der Impfstelle ausgehend lässt sich der Weg, auf dem
sich die Bacillen im Körper verbreiten, leicht ermitteln. Im sub¬
cutanen Zellgewebe in der Umgebung der Impfstelle sind sie, wie
man am besten nach Impfungen am Ohr sehen kann, reichlich
vorhanden, bisweilen schwarmähnliche Anhäufungen bildend. Be¬
sonders dicht liegen sie auf der Oberfläche des Ohrknorpels und
sind hier von einer Schicht Lymphkörperchen bedeckt. Letztere
finden sich nebst zahlreichen rothen Blutkörperchen auch im locke¬
ren Bindegewebe.

Das reichliche Austreten der rothen Blutkörperchen lässt auf
eine Veränderung der Gefässwände schliessen, und es ist sehr

Künstliche Wundinfectionskrankheiten.
weder in gerader Linie oder einen stumpfen Winkel bildend.
Längere Ketten bis zu vier Bacillen kommen auch wohl vor, sind
aber selten. Sie haben beim ersten Anblick grosse Aehnlichkeit
mit kleinen nadelförmigen Krystallen. Dass es aber unzweifelhaft
pflanzliche Gebilde sind, geht daraus hervor, dass, wenn septi¬
cämisches Blut in einen hohlen Objectträger und in den Brütappa¬
rat gebracht wird, die Bacillen ebenso wie Milzbrandbacillen
wachsen, aber nicht wie diese zu langen Fäden, sondern sie ver¬
mehren sich zu dichten Haufen, die aus getrennten Bacillen be¬
stehen. In einigen Fällen habe ich auch Sporen in den Bacillen
auftreten sehen. Weiter konnte ich aus Mangel an Zeit die Le¬
bensbedingungen und Vegetationsverhältnisse dieser Septicämie¬
bacillen noch nicht verfolgen, beabsichtige aber bei späterer Ge¬
legenheit mich noch mit dieser Aufgabe zu beschäftigen. Ohne
Anwendung von Färbungsmitteln sind die Bacillen im frischen
Blute, auch wenn man ihre Form schon kennt, ungemein schwer
zu erkennen und ich habe darüber, ob sie eigene Bewegung be¬
sitzen, keine Gewissheit erlangen können. Eigenthümlich ist ihr
Verhalten zu den weissen Blutkörperchen. Sie dringen in die¬
selben ein und vermehren sich in ihnen. Oft findet man fast kein
einziges weisses Blutkörperchen mehr, in dessen Innern nicht
Bacillen zu erblicken sind. Manche Blutkörperchen enthalten nur
einzelne, andere dichte Massen von Bacillen, neben denen der
Kern noch zu erkennen ist; in noch anderen ist der Kern nicht
mehr zu unterscheiden und schliesslich ist aus dem Blutkörperchen
ein dichter, an den Rändern zerfallender Bacillenklumpen gewor¬
den, dessen Entstehung man sich nicht erklären könnte, wenn man
nicht oft alle Uebergänge bis zum intacten weissen Blutkörperchen
nahe bei einander zu sehen bekäme (Taf. I. Fig. 2).

Von der Impfstelle ausgehend lässt sich der Weg, auf dem
sich die Bacillen im Körper verbreiten, leicht ermitteln. Im sub¬
cutanen Zellgewebe in der Umgebung der Impfstelle sind sie, wie
man am besten nach Impfungen am Ohr sehen kann, reichlich
vorhanden, bisweilen schwarmähnliche Anhäufungen bildend. Be¬
sonders dicht liegen sie auf der Oberfläche des Ohrknorpels und
sind hier von einer Schicht Lymphkörperchen bedeckt. Letztere
finden sich nebst zahlreichen rothen Blutkörperchen auch im locke¬
ren Bindegewebe.

Das reichliche Austreten der rothen Blutkörperchen lässt auf
eine Veränderung der Gefässwände schliessen, und es ist sehr

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[44/0054] Künstliche Wundinfectionskrankheiten. weder in gerader Linie oder einen stumpfen Winkel bildend. Längere Ketten bis zu vier Bacillen kommen auch wohl vor, sind aber selten. Sie haben beim ersten Anblick grosse Aehnlichkeit mit kleinen nadelförmigen Krystallen. Dass es aber unzweifelhaft pflanzliche Gebilde sind, geht daraus hervor, dass, wenn septi¬ cämisches Blut in einen hohlen Objectträger und in den Brütappa¬ rat gebracht wird, die Bacillen ebenso wie Milzbrandbacillen wachsen, aber nicht wie diese zu langen Fäden, sondern sie ver¬ mehren sich zu dichten Haufen, die aus getrennten Bacillen be¬ stehen. In einigen Fällen habe ich auch Sporen in den Bacillen auftreten sehen. Weiter konnte ich aus Mangel an Zeit die Le¬ bensbedingungen und Vegetationsverhältnisse dieser Septicämie¬ bacillen noch nicht verfolgen, beabsichtige aber bei späterer Ge¬ legenheit mich noch mit dieser Aufgabe zu beschäftigen. Ohne Anwendung von Färbungsmitteln sind die Bacillen im frischen Blute, auch wenn man ihre Form schon kennt, ungemein schwer zu erkennen und ich habe darüber, ob sie eigene Bewegung be¬ sitzen, keine Gewissheit erlangen können. Eigenthümlich ist ihr Verhalten zu den weissen Blutkörperchen. Sie dringen in die¬ selben ein und vermehren sich in ihnen. Oft findet man fast kein einziges weisses Blutkörperchen mehr, in dessen Innern nicht Bacillen zu erblicken sind. Manche Blutkörperchen enthalten nur einzelne, andere dichte Massen von Bacillen, neben denen der Kern noch zu erkennen ist; in noch anderen ist der Kern nicht mehr zu unterscheiden und schliesslich ist aus dem Blutkörperchen ein dichter, an den Rändern zerfallender Bacillenklumpen gewor¬ den, dessen Entstehung man sich nicht erklären könnte, wenn man nicht oft alle Uebergänge bis zum intacten weissen Blutkörperchen nahe bei einander zu sehen bekäme (Taf. I. Fig. 2). Von der Impfstelle ausgehend lässt sich der Weg, auf dem sich die Bacillen im Körper verbreiten, leicht ermitteln. Im sub¬ cutanen Zellgewebe in der Umgebung der Impfstelle sind sie, wie man am besten nach Impfungen am Ohr sehen kann, reichlich vorhanden, bisweilen schwarmähnliche Anhäufungen bildend. Be¬ sonders dicht liegen sie auf der Oberfläche des Ohrknorpels und sind hier von einer Schicht Lymphkörperchen bedeckt. Letztere finden sich nebst zahlreichen rothen Blutkörperchen auch im locke¬ ren Bindegewebe. Das reichliche Austreten der rothen Blutkörperchen lässt auf eine Veränderung der Gefässwände schliessen, und es ist sehr

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/54>, abgerufen am 22.11.2024.