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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Beschreibung der Untersuchungsmethode.
Erkennen und Unterscheiden von Gestalt und Grösse der Bakte¬
rien ist nicht mehr zu denken.

Dieser Fall trat auch bei meinen Untersuchungen ein. In
dem Material, das ich mir in der später zu beschreibenden Weise
verschafft hatte, fand ich grössere Bakterien auch kleinere, nament¬
lich wenn sie Anhäufungen in den Glomeruli bildeten, mit Leich¬
tigkeit. Nun lag aber die Vermuthung vor, dass auch in der Milz
und in den Lungencapillaren Bakterien zu finden sein müssten,
denn die Milz war geschwollen und das Blut aus dem linken
Herzen, das eben die Lunge passirt hatte, brachte durch Ver¬
impfung bei einem anderen Thiere dieselbe tödtliche Krankheit
und dieselben ausserordentlich feinkörnigen Mikrokokkenhaufen
in den Glomeruli wie bei dem ersten Thier zu Stande. Aber trotz
der grössten Mühe waren die vermutheten Bakterien nicht zu fin¬
den. Bei der Septicämie der Mäuse, die doch im höchsten Grade
infectiös ist, wie ich später zeigen werde, konnte ich überhaupt
keine Mikroorganismen nachweisen. Ich war also zu denselben
unvollkommenen Ergebnissen gelangt, wie die früheren mit den
Wundinfectionskrankheiten beschäftigten Forscher.

Damals war ich schon durch Versuche, die in Canadabalsam
eingelegten Bakterien zu photographiren, auf die Zusammensetzung
des mikroskopischen Bildes aus einem Structur- und einem Far¬
benbild aufmerksam geworden und hatte zugleich gefunden, dass
das Structurbild durch die Art der Beleuchtung wesentlich ver¬
stärkt oder abgeschwächt werden kann. Es ist das durchaus nichts
Neues. Jeder Mikroskopiker kennt die Wirkung der Blenden, die
unter dem Präparat angebracht sind. Eine enge Blende verdun¬
kelt nicht allein das Gesichtsfeld, sondern hebt die Structur des
Objectes mehr hervor, eine weite dagegen macht das Bild heller,
lässt aber auch einen Theil der Structur undeutlicher werden.
Noch auffallender tritt der Unterschied zwischen engen und weiten
Blenden hervor, wenn wie beim Photographiren zum Beleuchten
des Objectes nicht der Hohlspiegel, sondern eine Linse oder ein
Condensor gebraucht wird, weil man, besonders bei einem Con¬
densor von kurzer Brennweite, den Kegel der das Object beleuch¬
tenden Strahlen weit mehr modificiren kann. Durch eine vor die
Beleuchtungslinse gestellte enge Blende wird die Basis dieses
Kegels von Lichtstrahlen so klein, dass der Kegel fast als ein Bün¬
del paralleler Lichtstrahlen betrachtet werden kann. Je grösser
aber die Oeffnung der Blende wird, um so grösser wird auch bei

Koch, Wundinfectionskrankheiten. 3

Beschreibung der Untersuchungsmethode.
Erkennen und Unterscheiden von Gestalt und Grösse der Bakte¬
rien ist nicht mehr zu denken.

Dieser Fall trat auch bei meinen Untersuchungen ein. In
dem Material, das ich mir in der später zu beschreibenden Weise
verschafft hatte, fand ich grössere Bakterien auch kleinere, nament¬
lich wenn sie Anhäufungen in den Glomeruli bildeten, mit Leich¬
tigkeit. Nun lag aber die Vermuthung vor, dass auch in der Milz
und in den Lungencapillaren Bakterien zu finden sein müssten,
denn die Milz war geschwollen und das Blut aus dem linken
Herzen, das eben die Lunge passirt hatte, brachte durch Ver¬
impfung bei einem anderen Thiere dieselbe tödtliche Krankheit
und dieselben ausserordentlich feinkörnigen Mikrokokkenhaufen
in den Glomeruli wie bei dem ersten Thier zu Stande. Aber trotz
der grössten Mühe waren die vermutheten Bakterien nicht zu fin¬
den. Bei der Septicämie der Mäuse, die doch im höchsten Grade
infectiös ist, wie ich später zeigen werde, konnte ich überhaupt
keine Mikroorganismen nachweisen. Ich war also zu denselben
unvollkommenen Ergebnissen gelangt, wie die früheren mit den
Wundinfectionskrankheiten beschäftigten Forscher.

Damals war ich schon durch Versuche, die in Canadabalsam
eingelegten Bakterien zu photographiren, auf die Zusammensetzung
des mikroskopischen Bildes aus einem Structur- und einem Far¬
benbild aufmerksam geworden und hatte zugleich gefunden, dass
das Structurbild durch die Art der Beleuchtung wesentlich ver¬
stärkt oder abgeschwächt werden kann. Es ist das durchaus nichts
Neues. Jeder Mikroskopiker kennt die Wirkung der Blenden, die
unter dem Präparat angebracht sind. Eine enge Blende verdun¬
kelt nicht allein das Gesichtsfeld, sondern hebt die Structur des
Objectes mehr hervor, eine weite dagegen macht das Bild heller,
lässt aber auch einen Theil der Structur undeutlicher werden.
Noch auffallender tritt der Unterschied zwischen engen und weiten
Blenden hervor, wenn wie beim Photographiren zum Beleuchten
des Objectes nicht der Hohlspiegel, sondern eine Linse oder ein
Condensor gebraucht wird, weil man, besonders bei einem Con¬
densor von kurzer Brennweite, den Kegel der das Object beleuch¬
tenden Strahlen weit mehr modificiren kann. Durch eine vor die
Beleuchtungslinse gestellte enge Blende wird die Basis dieses
Kegels von Lichtstrahlen so klein, dass der Kegel fast als ein Bün¬
del paralleler Lichtstrahlen betrachtet werden kann. Je grösser
aber die Oeffnung der Blende wird, um so grösser wird auch bei

Koch, Wundinfectionskrankheiten. 3
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[33/0043] Beschreibung der Untersuchungsmethode. Erkennen und Unterscheiden von Gestalt und Grösse der Bakte¬ rien ist nicht mehr zu denken. Dieser Fall trat auch bei meinen Untersuchungen ein. In dem Material, das ich mir in der später zu beschreibenden Weise verschafft hatte, fand ich grössere Bakterien auch kleinere, nament¬ lich wenn sie Anhäufungen in den Glomeruli bildeten, mit Leich¬ tigkeit. Nun lag aber die Vermuthung vor, dass auch in der Milz und in den Lungencapillaren Bakterien zu finden sein müssten, denn die Milz war geschwollen und das Blut aus dem linken Herzen, das eben die Lunge passirt hatte, brachte durch Ver¬ impfung bei einem anderen Thiere dieselbe tödtliche Krankheit und dieselben ausserordentlich feinkörnigen Mikrokokkenhaufen in den Glomeruli wie bei dem ersten Thier zu Stande. Aber trotz der grössten Mühe waren die vermutheten Bakterien nicht zu fin¬ den. Bei der Septicämie der Mäuse, die doch im höchsten Grade infectiös ist, wie ich später zeigen werde, konnte ich überhaupt keine Mikroorganismen nachweisen. Ich war also zu denselben unvollkommenen Ergebnissen gelangt, wie die früheren mit den Wundinfectionskrankheiten beschäftigten Forscher. Damals war ich schon durch Versuche, die in Canadabalsam eingelegten Bakterien zu photographiren, auf die Zusammensetzung des mikroskopischen Bildes aus einem Structur- und einem Far¬ benbild aufmerksam geworden und hatte zugleich gefunden, dass das Structurbild durch die Art der Beleuchtung wesentlich ver¬ stärkt oder abgeschwächt werden kann. Es ist das durchaus nichts Neues. Jeder Mikroskopiker kennt die Wirkung der Blenden, die unter dem Präparat angebracht sind. Eine enge Blende verdun¬ kelt nicht allein das Gesichtsfeld, sondern hebt die Structur des Objectes mehr hervor, eine weite dagegen macht das Bild heller, lässt aber auch einen Theil der Structur undeutlicher werden. Noch auffallender tritt der Unterschied zwischen engen und weiten Blenden hervor, wenn wie beim Photographiren zum Beleuchten des Objectes nicht der Hohlspiegel, sondern eine Linse oder ein Condensor gebraucht wird, weil man, besonders bei einem Con¬ densor von kurzer Brennweite, den Kegel der das Object beleuch¬ tenden Strahlen weit mehr modificiren kann. Durch eine vor die Beleuchtungslinse gestellte enge Blende wird die Basis dieses Kegels von Lichtstrahlen so klein, dass der Kegel fast als ein Bün¬ del paralleler Lichtstrahlen betrachtet werden kann. Je grösser aber die Oeffnung der Blende wird, um so grösser wird auch bei Koch, Wundinfectionskrankheiten. 3

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/43>, abgerufen am 28.03.2024.