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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Beschreibung der Untersuchungsmethode.
gehenden Lichtstrahlen ein aus Linien und Schatten bestehendes
Bild1), das Structurbild genannt werden mag.

Setzen wir nun aber einen zweiten Fall, dass nämlich Theile
jenes Gewebes z. B. Zellenkerne und Bakterien gefärbt sind, dann
würden sich die Verhältnisse folgendermaassen gestalten. Bei
ganz gleichem Brechungsvermögen von Gewebe und Canadabal¬
sam würden nur Kerne und Bakterien zu sehen sein und zwar
nur vermöge des Farbstoffes, mit dem sie imprägnirt sind; wir
würden also ein ganz reines Farbenbild haben, das von dem durch
Fasern, Membranen u. s. w. erzeugten Structurbild ganz verschie¬
den sein, theilweise mit diesem z. B. in den Kernbildern zusam¬
menfallen kann. Zum möglichst deutlichen Erkennen der Bakte¬
rien, die ja durch Anilinfarben ganz besonders intensiv gefärbt
werden, würde ein solches reines Farbenbild gewiss das Vortheil¬
hafteste sein. Nun kommt aber das unvermeidliche und störende
Structurbild dazu.

Grossen gefärbten Objecten, also beispielsweise wieder Milz¬
brandbacillen, geschieht dadurch in Betreff ihrer Erkennbarkeit
wenig Abbruch. Höchstens wenn der Schnitt oder sonstige Ge¬
webstheil sehr dick ist (z. B. die Darmschleimhaut in ihrer voll¬
ständigen Dicke), kann das Structurbild so überwiegend, die Menge
der über einander gelagerten Schatten so dicht werden, dass auch
die grossen Milzbrandbacillen nicht mehr gut zu unterscheiden
sind. Wenn aber die Bakterien kleiner und dünner sind, also an
sich schon weniger Farbstoff aufnehmen können, dann macht sich
der nachtheilige Einfluss des Structurbildes schon weit mehr gel¬
tend; eine breite dunkle Linie kann dann schon einige Bakterien
so verdecken, dass ihr Farbenbild zu schwach wird um im Auge
noch einen Eindruck zu machen. In dünnen Schnitten und solchen
Geweben, deren Structurbild aus wenigen Linien und Schatten
(z. B. Unterhautzellgewebe, Hornhaut) besteht, sind allerdings
noch recht kleine Bakterienformen mit einiger Genauigkeit zu
unterscheiden. Schliesslich kommt man aber doch an einen Punkt,
wo die Bakterien so klein sind, dass die winzigen gefärbten Pünkt¬
chen und Strichelchen durch die schwächsten Structurschatten
schon verdeckt und unsichtbar gemacht werden. An einzelnen
besonders günstigen Stellen hat man wohl noch eine Andeutung da¬
von, dass Bakterien vorhanden sein könnten, aber an ein sicheres

1) Naegeli und Schwendener: Mikroskop. Leipzig 1877. S. 220.

Beschreibung der Untersuchungsmethode.
gehenden Lichtstrahlen ein aus Linien und Schatten bestehendes
Bild1), das Structurbild genannt werden mag.

Setzen wir nun aber einen zweiten Fall, dass nämlich Theile
jenes Gewebes z. B. Zellenkerne und Bakterien gefärbt sind, dann
würden sich die Verhältnisse folgendermaassen gestalten. Bei
ganz gleichem Brechungsvermögen von Gewebe und Canadabal¬
sam würden nur Kerne und Bakterien zu sehen sein und zwar
nur vermöge des Farbstoffes, mit dem sie imprägnirt sind; wir
würden also ein ganz reines Farbenbild haben, das von dem durch
Fasern, Membranen u. s. w. erzeugten Structurbild ganz verschie¬
den sein, theilweise mit diesem z. B. in den Kernbildern zusam¬
menfallen kann. Zum möglichst deutlichen Erkennen der Bakte¬
rien, die ja durch Anilinfarben ganz besonders intensiv gefärbt
werden, würde ein solches reines Farbenbild gewiss das Vortheil¬
hafteste sein. Nun kommt aber das unvermeidliche und störende
Structurbild dazu.

Grossen gefärbten Objecten, also beispielsweise wieder Milz¬
brandbacillen, geschieht dadurch in Betreff ihrer Erkennbarkeit
wenig Abbruch. Höchstens wenn der Schnitt oder sonstige Ge¬
webstheil sehr dick ist (z. B. die Darmschleimhaut in ihrer voll¬
ständigen Dicke), kann das Structurbild so überwiegend, die Menge
der über einander gelagerten Schatten so dicht werden, dass auch
die grossen Milzbrandbacillen nicht mehr gut zu unterscheiden
sind. Wenn aber die Bakterien kleiner und dünner sind, also an
sich schon weniger Farbstoff aufnehmen können, dann macht sich
der nachtheilige Einfluss des Structurbildes schon weit mehr gel¬
tend; eine breite dunkle Linie kann dann schon einige Bakterien
so verdecken, dass ihr Farbenbild zu schwach wird um im Auge
noch einen Eindruck zu machen. In dünnen Schnitten und solchen
Geweben, deren Structurbild aus wenigen Linien und Schatten
(z. B. Unterhautzellgewebe, Hornhaut) besteht, sind allerdings
noch recht kleine Bakterienformen mit einiger Genauigkeit zu
unterscheiden. Schliesslich kommt man aber doch an einen Punkt,
wo die Bakterien so klein sind, dass die winzigen gefärbten Pünkt¬
chen und Strichelchen durch die schwächsten Structurschatten
schon verdeckt und unsichtbar gemacht werden. An einzelnen
besonders günstigen Stellen hat man wohl noch eine Andeutung da¬
von, dass Bakterien vorhanden sein könnten, aber an ein sicheres

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[32/0042] Beschreibung der Untersuchungsmethode. gehenden Lichtstrahlen ein aus Linien und Schatten bestehendes Bild 1), das Structurbild genannt werden mag. Setzen wir nun aber einen zweiten Fall, dass nämlich Theile jenes Gewebes z. B. Zellenkerne und Bakterien gefärbt sind, dann würden sich die Verhältnisse folgendermaassen gestalten. Bei ganz gleichem Brechungsvermögen von Gewebe und Canadabal¬ sam würden nur Kerne und Bakterien zu sehen sein und zwar nur vermöge des Farbstoffes, mit dem sie imprägnirt sind; wir würden also ein ganz reines Farbenbild haben, das von dem durch Fasern, Membranen u. s. w. erzeugten Structurbild ganz verschie¬ den sein, theilweise mit diesem z. B. in den Kernbildern zusam¬ menfallen kann. Zum möglichst deutlichen Erkennen der Bakte¬ rien, die ja durch Anilinfarben ganz besonders intensiv gefärbt werden, würde ein solches reines Farbenbild gewiss das Vortheil¬ hafteste sein. Nun kommt aber das unvermeidliche und störende Structurbild dazu. Grossen gefärbten Objecten, also beispielsweise wieder Milz¬ brandbacillen, geschieht dadurch in Betreff ihrer Erkennbarkeit wenig Abbruch. Höchstens wenn der Schnitt oder sonstige Ge¬ webstheil sehr dick ist (z. B. die Darmschleimhaut in ihrer voll¬ ständigen Dicke), kann das Structurbild so überwiegend, die Menge der über einander gelagerten Schatten so dicht werden, dass auch die grossen Milzbrandbacillen nicht mehr gut zu unterscheiden sind. Wenn aber die Bakterien kleiner und dünner sind, also an sich schon weniger Farbstoff aufnehmen können, dann macht sich der nachtheilige Einfluss des Structurbildes schon weit mehr gel¬ tend; eine breite dunkle Linie kann dann schon einige Bakterien so verdecken, dass ihr Farbenbild zu schwach wird um im Auge noch einen Eindruck zu machen. In dünnen Schnitten und solchen Geweben, deren Structurbild aus wenigen Linien und Schatten (z. B. Unterhautzellgewebe, Hornhaut) besteht, sind allerdings noch recht kleine Bakterienformen mit einiger Genauigkeit zu unterscheiden. Schliesslich kommt man aber doch an einen Punkt, wo die Bakterien so klein sind, dass die winzigen gefärbten Pünkt¬ chen und Strichelchen durch die schwächsten Structurschatten schon verdeckt und unsichtbar gemacht werden. An einzelnen besonders günstigen Stellen hat man wohl noch eine Andeutung da¬ von, dass Bakterien vorhanden sein könnten, aber an ein sicheres 1) Naegeli und Schwendener: Mikroskop. Leipzig 1877. S. 220.

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/42>, abgerufen am 22.11.2024.