Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Koch, Konrad: Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles. In: Oskar Streicher (Hg.): Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins. XVIII. Jahrgang Nr. 6. Berlin, 1903. Sp. 169-172.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles.
[Beginn Spaltensatz]

Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den
meisten deutschen Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen
für unsre männliche Jugend, der das kräftige Spiel eine nie
versiegende Quelle reinen Vergnügens und zugleich ein Stahlbad
für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft erhalten bleibe
und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute komme,
haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer ernst-
lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen Volks-
art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder Aus-
artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an ihre
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im Spiele
gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen keineswegs
nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in England
nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen
ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus-
drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un-
reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man
auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das
unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn-
ter Männer Eintrag tun muß.

Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß
zur Förderung der Volks- und Jugendspiele
in Deutsch-
land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball-
spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei
haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor-
hammer
(Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine-
ken
(Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof.
Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. Möller (Altona),
stud. jur. C. Perls (Berlin), Referendar E. Raydt (Leipzig), Ober-
lehrer Dr. K. Scheffler (Braunschweig), Dr. med. F. U. Schmidt
(Bonn), Oberturnlehrer Fr. Schröder (Bonn), Universitätsturn-
lehrer Sturm (Tübingen), Prof. Dr. Ullrich (Heidelberg), Ober-
lehrer Fr. Wappenhans (Plön), Oberlehrer Dr. E. Witte
(Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten
Dank für ihre freundliche Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu,
daß ich Ph. Heineken besonders verpflichtet bin, sowohl seinem
gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G. Weise,
Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und [Spaltenumbruch] daß ich für die Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich
meist den Vorschlägen des Professors Dr. Ullrich angeschlossen habe.

Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, die deutschen
Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den Regeln,
Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im Gebrauche
sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln
(die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und
an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen
Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich
und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel
entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings
mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war.
So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel
mit "Aufnehmen des Balls" den gebräuchlichen Ausdruck "Rugby-
Spiel" aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten "gemischtes
Spiel" (vgl. den "gemischten" Sprung Lions) vorziehen zu
müssen geglaubt.

Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke
bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die
englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei
ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie
möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und
gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen.
Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort "Goal", noch häßlicher
"Johl" gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck "Mal" als zu
schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht,
durch "Tor". "Wir haben ein Mal gewonnen", klingt allzuwenig
frisch, "ein Tor gewonnen!" entspricht dem frohen Sieges-
bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung
darf nicht "Mittelspieler" heißen, schon deshalb nicht, um die
Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu
vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck "Markmänner"
für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei
bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig
er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver-
breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die
eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist.
Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver-
bände überwiegt neuerdings der Ausdruck "Halbspieler". Von
meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte
ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles.
[Beginn Spaltensatz]

Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den
meisten deutschen Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen
für unsre männliche Jugend, der das kräftige Spiel eine nie
versiegende Quelle reinen Vergnügens und zugleich ein Stahlbad
für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft erhalten bleibe
und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute komme,
haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer ernst-
lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen Volks-
art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder Aus-
artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an ihre
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im Spiele
gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen keineswegs
nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in England
nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen
ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus-
drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un-
reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man
auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das
unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn-
ter Männer Eintrag tun muß.

Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß
zur Förderung der Volks- und Jugendspiele
in Deutsch-
land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball-
spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei
haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor-
hammer
(Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine-
ken
(Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof.
Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. Möller (Altona),
stud. jur. C. Perls (Berlin), Referendar E. Raydt (Leipzig), Ober-
lehrer Dr. K. Scheffler (Braunschweig), Dr. med. F. U. Schmidt
(Bonn), Oberturnlehrer Fr. Schröder (Bonn), Universitätsturn-
lehrer Sturm (Tübingen), Prof. Dr. Ullrich (Heidelberg), Ober-
lehrer Fr. Wappenhans (Plön), Oberlehrer Dr. E. Witte
(Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten
Dank für ihre freundliche Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu,
daß ich Ph. Heineken besonders verpflichtet bin, sowohl seinem
gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G. Weise,
Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und [Spaltenumbruch] daß ich für die Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich
meist den Vorschlägen des Professors Dr. Ullrich angeschlossen habe.

Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, die deutschen
Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den Regeln,
Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im Gebrauche
sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln
(die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und
an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen
Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich
und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel
entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings
mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war.
So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel
mit »Aufnehmen des Balls« den gebräuchlichen Ausdruck »Rugby-
Spiel« aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten »gemischtes
Spiel« (vgl. den »gemischten« Sprung Lions) vorziehen zu
müssen geglaubt.

Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke
bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die
englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei
ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie
möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und
gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen.
Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort »Goal«, noch häßlicher
»Johl« gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck »Mal« als zu
schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht,
durch »Tor«. »Wir haben ein Mal gewonnen«, klingt allzuwenig
frisch, »ein Tor gewonnen!« entspricht dem frohen Sieges-
bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung
darf nicht »Mittelspieler« heißen, schon deshalb nicht, um die
Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu
vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck »Markmänner«
für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei
bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig
er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver-
breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die
eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist.
Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver-
bände überwiegt neuerdings der Ausdruck »Halbspieler«. Von
meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte
ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0002" n="[169]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles.</hi> </head><lb/>
        <cb type="start"/>
        <p>Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den<lb/>
meisten deutschen                     Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen<lb/>
für unsre männliche Jugend,                     der das kräftige Spiel eine nie<lb/>
versiegende Quelle reinen Vergnügens und                     zugleich ein Stahlbad<lb/>
für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft                     erhalten bleibe<lb/>
und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute                     komme,<lb/>
haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer                     ernst-<lb/>
lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen                     Volks-<lb/>
art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder                     Aus-<lb/>
artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an                     ihre<lb/>
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im                     Spiele<lb/>
gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen                     keineswegs<lb/>
nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in                     England<lb/>
nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns                     herübergekommen<lb/>
ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl                     englischer Aus-<lb/>
drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren                     Gebrauch un-<lb/>
reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört                     man<lb/>
auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch,                     das<lb/>
unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn-<lb/>
ter                     Männer Eintrag tun muß.</p><lb/>
        <p>Um diesem Übelstande zu steuern, hat der <hi rendition="#g">Zentralausschuß<lb/>
zur Förderung
 der Volks- und Jugendspiele</hi> in Deutsch-<lb/>
land eine Zusammenstellung deutscher
 Kunstausdrücke des Fußball-<lb/>
spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem
 Vorstande<lb/>
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei<lb/>
haben mich mit
 sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. <hi rendition="#g">Bor-<lb/>
hammer</hi> (Berlin), Prof.
 W. <hi rendition="#g">Götze</hi> (Braunschweig), Ph. <hi rendition="#g">Heine-<lb/>
ken</hi> (Berlin), Turninspektor U. <hi rendition="#g">Hermann</hi> (Braunschweig), Prof.<lb/>
Dr. <hi rendition="#g">Kohlrausch</hi> (Hannover), Turninspektor K. <hi rendition="#g">Möller</hi> (Altona),<lb/>
stud. jur. C. <hi rendition="#g">Perls</hi> (Berlin), Referendar E. <hi rendition="#g">Raydt</hi> (Leipzig), Ober-<lb/>
lehrer Dr. K. <hi rendition="#g">Scheffler</hi> (Braunschweig), Dr. med. F. U. <hi rendition="#g">Schmidt</hi><lb/>
(Bonn), Oberturnlehrer Fr. <hi rendition="#g">Schröder</hi> (Bonn), Universitätsturn-<lb/>
lehrer <hi rendition="#g">Sturm</hi> (Tübingen), Prof. Dr. <hi rendition="#g">Ullrich</hi> (Heidelberg), Ober-<lb/>
lehrer Fr. <hi rendition="#g">Wappenhans</hi> (Plön), Oberlehrer Dr. E. <hi rendition="#g">Witte</hi><lb/>
(Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten<lb/>
Dank für ihre freundliche
 Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu,<lb/>
daß ich Ph. <hi rendition="#g">Heineken</hi> besonders
 verpflichtet bin, sowohl seinem<lb/>
gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G.
 Weise,<lb/>
Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und <cb/>
daß ich für die
 Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich<lb/>
meist den Vorschlägen des Professors Dr. <hi rendition="#g">Ullrich</hi> angeschlossen habe.</p><lb/>
        <p>Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, <hi rendition="#g">die</hi> deutschen<lb/>
Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den                     Regeln,<lb/>
Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im                     Gebrauche<lb/>
sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche                     Fußballregeln<lb/>
(die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875)                     und<lb/>
an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen<lb/>
Archiv                     1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich<lb/>
und in der                     Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel<lb/>
entstanden, die                     sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings<lb/>
mit der Einschränkung,                     daß alles Undeutsche auszumerzen war.<lb/>
So habe ich mich z. B. nicht                     entschließen können, für das Spiel<lb/>
mit »Aufnehmen des Balls« den                     gebräuchlichen Ausdruck »Rugby-<lb/>
Spiel« aufzunehmen, sondern den wenig                     verbreiteten »gemischtes<lb/>
Spiel« (vgl. den »gemischten« Sprung Lions)                     vorziehen zu<lb/>
müssen geglaubt.</p><lb/>
        <p>Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke<lb/>
bei unsrer                     spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die<lb/>
englischen, vielfach arg                     entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei<lb/>
ihrer Auswahl nicht allein                     darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie<lb/>
möglichst treffend sind; nein, sie                     dürfen auch nicht farblos und<lb/>
gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und                     kräftig ins Ohr fallen.<lb/>
Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort »Goal«, noch                     häßlicher<lb/>
»Johl« gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck »Mal« als                     zu<lb/>
schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht,<lb/>
durch                     »Tor«. »Wir haben ein Mal gewonnen«, klingt allzuwenig<lb/>
frisch, »ein Tor                     gewonnen!« entspricht dem frohen Sieges-<lb/>
bewußtsein weit mehr. Die zweite                     Reihe in der Kampfesausstellung<lb/>
darf nicht »Mittelspieler« heißen, schon                     deshalb nicht, um die<lb/>
Verwechselung mit den mittleren Spielern der                     Stürmerreihe zu<lb/>
vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck                     »Markmänner«<lb/>
für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der                     Partei<lb/>
bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig<lb/>
er                     noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver-<lb/>
breitet                     findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die<lb/>
eine Nachahmung                     unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist.<lb/>
Im Sprachgebrauche der                     maßgebenden Sportsvereine und Ver-<lb/>
bände überwiegt neuerdings der Ausdruck                     »Halbspieler«. Von<lb/>
meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren                     möchte<lb/>
ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[169]/0002] Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles. Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Fußball auf den meisten deutschen Spielplätzen heimisch geworden zum großen Segen für unsre männliche Jugend, der das kräftige Spiel eine nie versiegende Quelle reinen Vergnügens und zugleich ein Stahlbad für Leib und Seele bietet. Damit ihr diese Luft erhalten bleibe und der Nutzen des Spieles ihr ungeschmälert zugute komme, haben die leitenden Kreise auf diesem Gebiete schon immer ernst- lich darauf Bedacht genommen das Spiel unserer deutschen Volks- art entsprechend auszubilden und seinen Betrieb von jeder Aus- artung frei zu halten. Namentlich war von Anfang an ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß die Kunstausdrücke im Spiele gut deutsch sein sollten. Indes ist gerade dies ihnen keineswegs nach Wunsch gelungen. Mit dem Spiele, das zwar in England nicht seinen Ursprung hat, aber von dort zu uns herübergekommen ist, haben sich leider von drüben auch eine Anzahl englischer Aus- drücke bei uns eingeschlichen. Und da sich auf deren Gebrauch un- reife Knaben und Jüngliche gern etwas zugute tun, so hört man auf recht vielen Spielplätzen ein widerwärtiges Kauderwelsch, das unsrem köstlichen Spiele in den Augen echt vaterländisch gesinn- ter Männer Eintrag tun muß. Um diesem Übelstande zu steuern, hat der Zentralausschuß zur Förderung der Volks- und Jugendspiele in Deutsch- land eine Zusammenstellung deutscher Kunstausdrücke des Fußball- spieles von mir anfertigen lassen mit dem Auftrage, sie dem Vorstande des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins einzureichen. Dabei haben mich mit sachkundigem Rate unterstützt die Herren Fr. Bor- hammer (Berlin), Prof. W. Götze (Braunschweig), Ph. Heine- ken (Berlin), Turninspektor U. Hermann (Braunschweig), Prof. Dr. Kohlrausch (Hannover), Turninspektor K. Möller (Altona), stud. jur. C. Perls (Berlin), Referendar E. Raydt (Leipzig), Ober- lehrer Dr. K. Scheffler (Braunschweig), Dr. med. F. U. Schmidt (Bonn), Oberturnlehrer Fr. Schröder (Bonn), Universitätsturn- lehrer Sturm (Tübingen), Prof. Dr. Ullrich (Heidelberg), Ober- lehrer Fr. Wappenhans (Plön), Oberlehrer Dr. E. Witte (Blankenburg a. H.). Indem ich ihnen allen meinen verbindlichsten Dank für ihre freundliche Mitarbeit ausspreche, füge ich hinzu, daß ich Ph. Heineken besonders verpflichtet bin, sowohl seinem gründlichen Buche über das Fußballspiel (erschienen bei G. Weise, Stuttgart 1898), wie auch seinen persönlichen Mitteilungen, und daß ich für die Ausdrücke des gemischten (Rugby) Spieles mich meist den Vorschlägen des Professors Dr. Ullrich angeschlossen habe. Im wesentlichen handelte es sich um die Aufgabe, die deutschen Spielausdrücke festzustellen, die augenblicklich in den Regeln, Spielbeschreibungen und Zeitungsberichten vorwiegend im Gebrauche sind. Seitdem ich mich zum ersten Male an deutsche Fußballregeln (die 1. Auflage erschien bei D. Häring, Braunschweig 1875) und an eine deutsche Beschreibung des Spieles (im Pädagogischen Archiv 1877) herangewagt hatte, ist in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz eine umfangreiche Literatur über das Spiel entstanden, die sorgfältige Berücksichtigung verdiente, allerdings mit der Einschränkung, daß alles Undeutsche auszumerzen war. So habe ich mich z. B. nicht entschließen können, für das Spiel mit »Aufnehmen des Balls« den gebräuchlichen Ausdruck »Rugby- Spiel« aufzunehmen, sondern den wenig verbreiteten »gemischtes Spiel« (vgl. den »gemischten« Sprung Lions) vorziehen zu müssen geglaubt. Wenn wir darauf rechnen wollen, daß die deutschen Ausdrücke bei unsrer spielenden Jugend sich allgemein einbürgern und die englischen, vielfach arg entstellten gänzlich verdrängen, so ist bei ihrer Auswahl nicht allein darauf Rücksicht zu nehmen, daß sie möglichst treffend sind; nein, sie dürfen auch nicht farblos und gekünstelt sein, sondern müssen ihr voll und kräftig ins Ohr fallen. Im Kampfe gegen das häßliche Fremdwort »Goal«, noch häßlicher »Johl« gesprochen, hat sich unser matter Ausdruck »Mal« als zu schwach erwiesen; also ersetzen wir ihn überall, wo es angeht, durch »Tor«. »Wir haben ein Mal gewonnen«, klingt allzuwenig frisch, »ein Tor gewonnen!« entspricht dem frohen Sieges- bewußtsein weit mehr. Die zweite Reihe in der Kampfesausstellung darf nicht »Mittelspieler« heißen, schon deshalb nicht, um die Verwechselung mit den mittleren Spielern der Stürmerreihe zu vermeiden. Weit kräftiger lautet der Ausdruck »Markmänner« für diese drei Spieler, die gleichsam das Rückgrat der Partei bilden sollen. Es kommt hinzu, daß dieser Ausdruck, so wenig er noch auf die jetzige Aufstellung passen mag, sich sehr weit ver- breitet findet, ja auch in den Eislauf- und Schwimmspielen, die eine Nachahmung unsres Fußballs sind, vielfach eingeführt ist. Im Sprachgebrauche der maßgebenden Sportsvereine und Ver- bände überwiegt neuerdings der Ausdruck »Halbspieler«. Von meinen alten Verdeutschungen aus den siebenziger Jahren möchte ich persönlich trotz allen Einspruchs daran festhalten, den Führer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Jurgita Baranauskaite, Thomas Gloning, Heike Müller, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien, Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-05-14T11:00:00Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-05-14T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_kunstausdruecke_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_kunstausdruecke_1903/2
Zitationshilfe: Koch, Konrad: Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspieles. In: Oskar Streicher (Hg.): Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins. XVIII. Jahrgang Nr. 6. Berlin, 1903. Sp. 169-172, S. [169]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_kunstausdruecke_1903/2>, abgerufen am 22.12.2024.