Koch, Konrad: Sind Fußball und Lawn Tennis deutsche Spiele? In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele. 3. Jahrgang. Leipzig, 1894. S. 58-62.für den französischen Ursprung des
Barlaufspiels geführt. Weshalb der Rasenball oder Lawn Tennis mit recht als ein so für den französischen Ursprung des
Barlaufspiels geführt. Weshalb der Rasenball oder Lawn Tennis mit recht als ein so <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="61"/> für den <hi rendition="#g">französischen Ursprung des Barlaufspiels</hi> geführt.<lb/> Wem würde einfallen, darum die Verbannung dieses vortrefflichen Spieles<lb/> von deutschen Spielplätzen zu fordern? Schon im Mittelalter ist es<lb/> aus Frankreich nach Deutschland verpflanzt, wie denn damals über-<lb/> haupt wir Deutschen von unseren westlichen Nachbarn gar manches<lb/> übernommen haben, die meisten Einrichtungen des Ritterwesens, viele<lb/> Heldensagen, die Normen für epische und lyrische Kunstdichtung u. s. w.<lb/> In der neueren Zeit haben wir dagegen viel Anregung von unseren<lb/> Stammensvettern jenseits des Kanals empfangen. Ich erinnere nur an<lb/> den Einfluß Shakespeares, an den der großen englischen Philosophen,<lb/> an die Förderung unserer Industrie und unseres Großhandels durch<lb/> das Vorbild der englischen. Da können wir doch wohl auch jetzt, wie<lb/> es einst im Mittelalter geschah, einiges Spielgerät mit den notwen-<lb/> digsten Regeln aus dem Auslande entleihen ohne Gefahr für das<lb/> deutsche Volksbewußtsein. Gerade bei unserer Jugend ist dieses so in<lb/> sich gefestigt und gesichert, daß es durch solche Entlehnung schwerlich<lb/> gefährdet wird. Franzosen und Engländer kennen solche Besorgnis<lb/> nicht; jene führen ohne Scheu das deutsche Turnen und das englische<lb/> Fußball ein, diese treiben auch unser Turnen und neben ihren Spielen<lb/> das indische Polo, das kanadische Lacrosse, das schottische Golf u. s. w.<lb/> Ich kann es deshalb, so patriotisch auch jene Abneigung gegen<lb/> ausländische Einrichtungen erscheinen möge, bei gründlicher Prüfung<lb/> nur als einen Rest der früheren deutschen Unsicherheit in unserem<lb/> Volksbewußtsein ansehen, wenn wir uns scheuen wollten, auf diesem<lb/> Gebiete das Beste da zu nehmen, wo wir es finden.</p><lb/> <p>Weshalb der Rasenball oder Lawn Tennis mit recht als ein so<lb/> besonders empfehlenswertes Spiel anzusehen ist, hat Freiherr Robert<lb/> v. Fichard in der Zeitschrift für Turnen und Jugendspiel Nr. 6 und<lb/> 8 Jahrgang 2 mit schlagenden Gründen erwiesen. Demselben ver-<lb/> danken wir ein Handbuch des Lawn Tennis-Spiels, das schon in zweiter<lb/> Auflage vorliegt und von allen Sachkennern als grundlegend aner-<lb/> kannt wird. Für unseren Zweck wesentlich ist der von ihm geführte<lb/> Nachweis, daß das Lawn Tennis der Engländer kein anderes Spiel<lb/> ist als das schon im Mittelalter in Deutschland, Italien und Frank-<lb/> reich weit verbreitete und zu einem hohen Grade von Feinheit ent-<lb/> wickelte Tennis, nur mit dem Unterschiede, daß die Engländer das<lb/> Spiel, das damals in einem eingeschlossenen Raume gespielt wurde,<lb/> ins Freie auf eine Rasenfläche verpflanzt haben. Über die Geschichte<lb/> des Spiels bietet das Buch des <hi rendition="#aq">Antonio Scaino, Trattato dell giuoco<lb/> della Palla. Vinegia 1555</hi>. wertvolle Belehrung. Aus demselben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [61/0004]
für den französischen Ursprung des Barlaufspiels geführt.
Wem würde einfallen, darum die Verbannung dieses vortrefflichen Spieles
von deutschen Spielplätzen zu fordern? Schon im Mittelalter ist es
aus Frankreich nach Deutschland verpflanzt, wie denn damals über-
haupt wir Deutschen von unseren westlichen Nachbarn gar manches
übernommen haben, die meisten Einrichtungen des Ritterwesens, viele
Heldensagen, die Normen für epische und lyrische Kunstdichtung u. s. w.
In der neueren Zeit haben wir dagegen viel Anregung von unseren
Stammensvettern jenseits des Kanals empfangen. Ich erinnere nur an
den Einfluß Shakespeares, an den der großen englischen Philosophen,
an die Förderung unserer Industrie und unseres Großhandels durch
das Vorbild der englischen. Da können wir doch wohl auch jetzt, wie
es einst im Mittelalter geschah, einiges Spielgerät mit den notwen-
digsten Regeln aus dem Auslande entleihen ohne Gefahr für das
deutsche Volksbewußtsein. Gerade bei unserer Jugend ist dieses so in
sich gefestigt und gesichert, daß es durch solche Entlehnung schwerlich
gefährdet wird. Franzosen und Engländer kennen solche Besorgnis
nicht; jene führen ohne Scheu das deutsche Turnen und das englische
Fußball ein, diese treiben auch unser Turnen und neben ihren Spielen
das indische Polo, das kanadische Lacrosse, das schottische Golf u. s. w.
Ich kann es deshalb, so patriotisch auch jene Abneigung gegen
ausländische Einrichtungen erscheinen möge, bei gründlicher Prüfung
nur als einen Rest der früheren deutschen Unsicherheit in unserem
Volksbewußtsein ansehen, wenn wir uns scheuen wollten, auf diesem
Gebiete das Beste da zu nehmen, wo wir es finden.
Weshalb der Rasenball oder Lawn Tennis mit recht als ein so
besonders empfehlenswertes Spiel anzusehen ist, hat Freiherr Robert
v. Fichard in der Zeitschrift für Turnen und Jugendspiel Nr. 6 und
8 Jahrgang 2 mit schlagenden Gründen erwiesen. Demselben ver-
danken wir ein Handbuch des Lawn Tennis-Spiels, das schon in zweiter
Auflage vorliegt und von allen Sachkennern als grundlegend aner-
kannt wird. Für unseren Zweck wesentlich ist der von ihm geführte
Nachweis, daß das Lawn Tennis der Engländer kein anderes Spiel
ist als das schon im Mittelalter in Deutschland, Italien und Frank-
reich weit verbreitete und zu einem hohen Grade von Feinheit ent-
wickelte Tennis, nur mit dem Unterschiede, daß die Engländer das
Spiel, das damals in einem eingeschlossenen Raume gespielt wurde,
ins Freie auf eine Rasenfläche verpflanzt haben. Über die Geschichte
des Spiels bietet das Buch des Antonio Scaino, Trattato dell giuoco
della Palla. Vinegia 1555. wertvolle Belehrung. Aus demselben
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