Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Zirkel der Welt, mit einer gewissen Grazie und
Würde, die Folgen eines aufgeklärten Verstan-
des sind; sie verdunkelte alle ihre Gespielinnen
vom hohen bis zum niedern Stande, die dennoch,
troz des Neides, es nicht wagten, und auch keine
Ursach fanden, Tadel auf sie herabzuströmen.
Jndessen waren die schönsten Jünglinge um sie
versammlet, und bulten um ein Zeichen ihrer
Achtung, aber sie begegnete einem jeden nach sei-
nen Verdiensten, und würdigte auch den gedan-
kenlosen Stuzzer und den faden Gekken, die wie
Mükkenschwärme um sie schwebten, keines ein-
zigen Bliks, darauf sie ihren vermeintlichen Stolz
hätten gründen können. So wie sie nun das
Muster aller weiblichen Vollkommenheit war, so
war ein gewisser Ferdinand B. -- -- (der
seit einem Jahr von der hohen Schule zurükge-
kehrt, und bei einem Justizcollegio angestellet
war) die Zierde dortiger Jünglinge. Sein viel
umfassender Verstand hatte sich alle Kenntnisse
eigen gemacht, die eigentlich erst bei männlichen
Jahren zur Reife gedeihen -- Er hatte stets
einen weisen Gebrauch seiner Zeit gemacht, und
hatte die Rechtswissenschaft nicht blos als ein
Brod-Studium, sondern als eine Wissenschaft

betrach-

Zirkel der Welt, mit einer gewiſſen Grazie und
Wuͤrde, die Folgen eines aufgeklaͤrten Verſtan-
des ſind; ſie verdunkelte alle ihre Geſpielinnen
vom hohen bis zum niedern Stande, die dennoch,
troz des Neides, es nicht wagten, und auch keine
Urſach fanden, Tadel auf ſie herabzuſtroͤmen.
Jndeſſen waren die ſchoͤnſten Juͤnglinge um ſie
verſammlet, und bulten um ein Zeichen ihrer
Achtung, aber ſie begegnete einem jeden nach ſei-
nen Verdienſten, und wuͤrdigte auch den gedan-
kenloſen Stuzzer und den faden Gekken, die wie
Muͤkkenſchwaͤrme um ſie ſchwebten, keines ein-
zigen Bliks, darauf ſie ihren vermeintlichen Stolz
haͤtten gruͤnden koͤnnen. So wie ſie nun das
Muſter aller weiblichen Vollkommenheit war, ſo
war ein gewiſſer Ferdinand B. — — (der
ſeit einem Jahr von der hohen Schule zuruͤkge-
kehrt, und bei einem Juſtizcollegio angeſtellet
war) die Zierde dortiger Juͤnglinge. Sein viel
umfaſſender Verſtand hatte ſich alle Kenntniſſe
eigen gemacht, die eigentlich erſt bei maͤnnlichen
Jahren zur Reife gedeihen — Er hatte ſtets
einen weiſen Gebrauch ſeiner Zeit gemacht, und
hatte die Rechtswiſſenſchaft nicht blos als ein
Brod-Studium, ſondern als eine Wiſſenſchaft

betrach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0088" n="80"/>
Zirkel der Welt, mit einer gewi&#x017F;&#x017F;en Grazie und<lb/>
Wu&#x0364;rde, die Folgen eines aufgekla&#x0364;rten Ver&#x017F;tan-<lb/>
des &#x017F;ind; &#x017F;ie verdunkelte alle ihre Ge&#x017F;pielinnen<lb/>
vom hohen bis zum niedern Stande, die dennoch,<lb/>
troz des Neides, es nicht wagten, und auch keine<lb/>
Ur&#x017F;ach fanden, Tadel auf &#x017F;ie herabzu&#x017F;tro&#x0364;men.<lb/>
Jnde&#x017F;&#x017F;en waren die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Ju&#x0364;nglinge um &#x017F;ie<lb/>
ver&#x017F;ammlet, und bulten um ein Zeichen ihrer<lb/>
Achtung, aber &#x017F;ie begegnete einem jeden nach &#x017F;ei-<lb/>
nen Verdien&#x017F;ten, und wu&#x0364;rdigte auch den gedan-<lb/>
kenlo&#x017F;en Stuzzer und den faden Gekken, die wie<lb/>
Mu&#x0364;kken&#x017F;chwa&#x0364;rme um &#x017F;ie &#x017F;chwebten, keines ein-<lb/>
zigen Bliks, darauf &#x017F;ie ihren vermeintlichen Stolz<lb/>
ha&#x0364;tten gru&#x0364;nden ko&#x0364;nnen. So wie &#x017F;ie nun das<lb/>
Mu&#x017F;ter aller weiblichen Vollkommenheit war, &#x017F;o<lb/>
war ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#fr">Ferdinand B.</hi> &#x2014; &#x2014; (der<lb/>
&#x017F;eit einem Jahr von der hohen Schule zuru&#x0364;kge-<lb/>
kehrt, und bei einem Ju&#x017F;tizcollegio ange&#x017F;tellet<lb/>
war) die Zierde dortiger Ju&#x0364;nglinge. Sein viel<lb/>
umfa&#x017F;&#x017F;ender Ver&#x017F;tand hatte &#x017F;ich alle Kenntni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
eigen gemacht, die eigentlich er&#x017F;t bei ma&#x0364;nnlichen<lb/>
Jahren zur Reife gedeihen &#x2014; Er hatte &#x017F;tets<lb/>
einen wei&#x017F;en Gebrauch &#x017F;einer Zeit gemacht, und<lb/>
hatte die <hi rendition="#fr">Rechtswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft</hi> nicht blos als ein<lb/>
Brod-Studium, &#x017F;ondern als eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">betrach-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] Zirkel der Welt, mit einer gewiſſen Grazie und Wuͤrde, die Folgen eines aufgeklaͤrten Verſtan- des ſind; ſie verdunkelte alle ihre Geſpielinnen vom hohen bis zum niedern Stande, die dennoch, troz des Neides, es nicht wagten, und auch keine Urſach fanden, Tadel auf ſie herabzuſtroͤmen. Jndeſſen waren die ſchoͤnſten Juͤnglinge um ſie verſammlet, und bulten um ein Zeichen ihrer Achtung, aber ſie begegnete einem jeden nach ſei- nen Verdienſten, und wuͤrdigte auch den gedan- kenloſen Stuzzer und den faden Gekken, die wie Muͤkkenſchwaͤrme um ſie ſchwebten, keines ein- zigen Bliks, darauf ſie ihren vermeintlichen Stolz haͤtten gruͤnden koͤnnen. So wie ſie nun das Muſter aller weiblichen Vollkommenheit war, ſo war ein gewiſſer Ferdinand B. — — (der ſeit einem Jahr von der hohen Schule zuruͤkge- kehrt, und bei einem Juſtizcollegio angeſtellet war) die Zierde dortiger Juͤnglinge. Sein viel umfaſſender Verſtand hatte ſich alle Kenntniſſe eigen gemacht, die eigentlich erſt bei maͤnnlichen Jahren zur Reife gedeihen — Er hatte ſtets einen weiſen Gebrauch ſeiner Zeit gemacht, und hatte die Rechtswiſſenſchaft nicht blos als ein Brod-Studium, ſondern als eine Wiſſenſchaft betrach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/88
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/88>, abgerufen am 01.05.2024.