mir einverstanden, wie nachteilig solche Schwär- mer und Diener der Finsternis und des Aber- glaubens dem Staat und der Gesellschaft sind; nachteilig für die wahre Religion und Ver- vollkommnung des Menschen, nachteilig für den Staat und die bürgerliche Ordnung, die eine Kette des Ganzen ist? Denn wenn der Aberglaube noch mit seinen eisernen Fesseln klirrt, so wird das bürgerliche Band der Gesellschaft zerrissen, Eintracht und Liebe fliehn, Haß und Verfol- gungsgeist wüten, und hauchen verderbende Dünste über das Land. Warum schweigt aber die Obrigkeit, und gestattet, daß solche Jrrlehrer und falsche Proselyten in Schaafskleidern einher schleichen und die Seelen würgen; man sollte sie auslöschen aus dem Register der Bürger, man sende sie in die Bergwerke und Gruben, um, da sie doch einmal das Licht scheuen, etwas zum Nuzzen der Gesellschaft verrichten zu können.
Kann man aber bei Erblikkung solcher Sze- nen sagen, daß wir aufgeklärt sind? Denn es ist nicht blos der niedrige Pöbel, der auch in Athen Pöbel war, sondern auch derjenige Theil des Volks, der über dem Pöbel erhaben sein will,
mir einverſtanden, wie nachteilig ſolche Schwaͤr- mer und Diener der Finſternis und des Aber- glaubens dem Staat und der Geſellſchaft ſind; nachteilig fuͤr die wahre Religion und Ver- vollkommnung des Menſchen, nachteilig fuͤr den Staat und die buͤrgerliche Ordnung, die eine Kette des Ganzen iſt? Denn wenn der Aberglaube noch mit ſeinen eiſernen Feſſeln klirrt, ſo wird das buͤrgerliche Band der Geſellſchaft zerriſſen, Eintracht und Liebe fliehn, Haß und Verfol- gungsgeiſt wuͤten, und hauchen verderbende Duͤnſte uͤber das Land. Warum ſchweigt aber die Obrigkeit, und geſtattet, daß ſolche Jrrlehrer und falſche Proſelyten in Schaafskleidern einher ſchleichen und die Seelen wuͤrgen; man ſollte ſie ausloͤſchen aus dem Regiſter der Buͤrger, man ſende ſie in die Bergwerke und Gruben, um, da ſie doch einmal das Licht ſcheuen, etwas zum Nuzzen der Geſellſchaft verrichten zu koͤnnen.
Kann man aber bei Erblikkung ſolcher Sze- nen ſagen, daß wir aufgeklaͤrt ſind? Denn es iſt nicht blos der niedrige Poͤbel, der auch in Athen Poͤbel war, ſondern auch derjenige Theil des Volks, der uͤber dem Poͤbel erhaben ſein will,
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mir einverſtanden, wie nachteilig ſolche Schwaͤr-
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glaubens dem Staat und der Geſellſchaft ſind;
nachteilig fuͤr die wahre Religion und Ver-
vollkommnung des Menſchen, nachteilig fuͤr
den Staat und die buͤrgerliche Ordnung, die eine
Kette des Ganzen iſt? Denn wenn der Aberglaube
noch mit ſeinen eiſernen Feſſeln klirrt, ſo wird
das buͤrgerliche Band der Geſellſchaft zerriſſen,
Eintracht und Liebe fliehn, Haß und Verfol-
gungsgeiſt wuͤten, und hauchen verderbende
Duͤnſte uͤber das Land. Warum ſchweigt aber
die Obrigkeit, und geſtattet, daß ſolche Jrrlehrer
und falſche Proſelyten in Schaafskleidern einher
ſchleichen und die Seelen wuͤrgen; man ſollte ſie
ausloͤſchen aus dem Regiſter der Buͤrger, man
ſende ſie in die Bergwerke und Gruben, um,
da ſie doch einmal das Licht ſcheuen, etwas zum
Nuzzen der Geſellſchaft verrichten zu koͤnnen.
Kann man aber bei Erblikkung ſolcher Sze-
nen ſagen, daß wir aufgeklaͤrt ſind? Denn es iſt
nicht blos der niedrige Poͤbel, der auch in Athen
Poͤbel war, ſondern auch derjenige Theil des
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/30>, abgerufen am 23.11.2024.
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