gen und Bedrükkungen zu schildern, die ich in diesem Stande ausstehen mußte, würde alte Wunden wieder aufreissen, genug, ich ging mit zu Felde, und ward bei einem Ueberfall der Feinde schwer verwundet. Man schleppte mich ins Lazaret. Beinahe zwei Jahre muste ich daselbst unter den Händen der unbarmherzigen Wund- ärzte zubringen, und da ich wieder hergestellt war, so gab man mir den Laufpaß in die weite Welt. Nun muste ich mein Brod vor den Thü- ren suchen, ward oft zurük gestossen, mit Hun- den weggehezt, manche Scheidemünze mir mit Flüchen hingeworfen. Jch aß mein schwarzes Brod mit Thränen, und trank faules Wasser mit Seufzen. So kam ich auch nach D ... und die Vorsicht erwekte mir einen Wolthäter, ei- nen guten braven Mann, der meinen Vater und mich sehr gut gekannt hatte. Er nahm sich mei- ner redlich an, und verschaffte mir einen kleinen Posten bei einer Kasse, deren Vorsteher er war. So lange dieser wolthätige Mann, dessen Aschenkrug ich noch mit Thränen nezze, lebte, genoß ich wieder das Leben. Jch ward auch wie- der ziemlich gesund, meine starke Natur siegte über so viel erduldete Uebel, und die verloschene
gen und Bedruͤkkungen zu ſchildern, die ich in dieſem Stande ausſtehen mußte, wuͤrde alte Wunden wieder aufreiſſen, genug, ich ging mit zu Felde, und ward bei einem Ueberfall der Feinde ſchwer verwundet. Man ſchleppte mich ins Lazaret. Beinahe zwei Jahre muſte ich daſelbſt unter den Haͤnden der unbarmherzigen Wund- aͤrzte zubringen, und da ich wieder hergeſtellt war, ſo gab man mir den Laufpaß in die weite Welt. Nun muſte ich mein Brod vor den Thuͤ- ren ſuchen, ward oft zuruͤk geſtoſſen, mit Hun- den weggehezt, manche Scheidemuͤnze mir mit Fluͤchen hingeworfen. Jch aß mein ſchwarzes Brod mit Thraͤnen, und trank faules Waſſer mit Seufzen. So kam ich auch nach D … und die Vorſicht erwekte mir einen Wolthaͤter, ei- nen guten braven Mann, der meinen Vater und mich ſehr gut gekannt hatte. Er nahm ſich mei- ner redlich an, und verſchaffte mir einen kleinen Poſten bei einer Kaſſe, deren Vorſteher er war. So lange dieſer wolthaͤtige Mann, deſſen Aſchenkrug ich noch mit Thraͤnen nezze, lebte, genoß ich wieder das Leben. Jch ward auch wie- der ziemlich geſund, meine ſtarke Natur ſiegte uͤber ſo viel erduldete Uebel, und die verloſchene
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gen und Bedruͤkkungen zu ſchildern, die ich in
dieſem Stande ausſtehen mußte, wuͤrde alte
Wunden wieder aufreiſſen, genug, ich ging mit
zu Felde, und ward bei einem Ueberfall der
Feinde ſchwer verwundet. Man ſchleppte mich
ins Lazaret. Beinahe zwei Jahre muſte ich daſelbſt
unter den Haͤnden der unbarmherzigen Wund-
aͤrzte zubringen, und da ich wieder hergeſtellt
war, ſo gab man mir den Laufpaß in die weite
Welt. Nun muſte ich mein Brod vor den Thuͤ-
ren ſuchen, ward oft zuruͤk geſtoſſen, mit Hun-
den weggehezt, manche Scheidemuͤnze mir mit
Fluͤchen hingeworfen. Jch aß mein ſchwarzes
Brod mit Thraͤnen, und trank faules Waſſer
mit Seufzen. So kam ich auch nach D … und
die Vorſicht erwekte mir einen Wolthaͤter, ei-
nen guten braven Mann, der meinen Vater und
mich ſehr gut gekannt hatte. Er nahm ſich mei-
ner redlich an, und verſchaffte mir einen kleinen
Poſten bei einer Kaſſe, deren Vorſteher er war.
So lange dieſer wolthaͤtige Mann, deſſen
Aſchenkrug ich noch mit Thraͤnen nezze, lebte,
genoß ich wieder das Leben. Jch ward auch wie-
der ziemlich geſund, meine ſtarke Natur ſiegte
uͤber ſo viel erduldete Uebel, und die verloſchene
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/290>, abgerufen am 25.11.2024.
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