Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.Kampf mit mir selbst, so schwer er mit der anlok- Wenn ich aber dann oft einsam und allein im * Viel gesagt von einem Jungling in unsern aufgeklärten
Zeiten, wo der Knabe eher die Geheimnisse der Cytherea, als seinen Catechismus kennt, und wie ein Ovid von Liebe schwazt -- aber sollten lauter Cinifer und Epiku- räer unter uns wandeln? Das wäre traurig für die Menschheit! -- Kampf mit mir ſelbſt, ſo ſchwer er mit der anlok- Wenn ich aber dann oft einſam und allein im * Viel geſagt von einem Jungling in unſern aufgeklärten
Zeiten, wo der Knabe eher die Geheimniſſe der Cytherea, als ſeinen Catechismus kennt, und wie ein Ovid von Liebe ſchwazt — aber ſollten lauter Cinifer und Epiku- räer unter uns wandeln? Das wäre traurig für die Menſchheit! — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0254" n="246"/> Kampf mit mir ſelbſt, ſo ſchwer er mit der anlok-<lb/> kenden Welt zu kaͤmpfen war<note place="foot" n="*">Viel geſagt von einem Jungling in unſern aufgeklärten<lb/> Zeiten, wo der Knabe eher die Geheimniſſe der Cytherea,<lb/> als ſeinen Catechismus kennt, und wie ein Ovid von Liebe<lb/> ſchwazt — aber ſollten lauter <hi rendition="#g">Cinifer</hi> und <hi rendition="#g">Epiku-<lb/> räer</hi> unter uns wandeln? Das wäre traurig für die<lb/> Menſchheit! —</note>.</p><lb/> <p>Wenn ich aber dann oft einſam und allein im<lb/> dunkeln Buͤchengang irrte, beſchlich ein gehei-<lb/> mer Kummer mein Herz, ich ward eine Traurigkeit<lb/> im Anziehen gewahr, und fuͤhlte heiſſe Zaͤren die<lb/> Wangen herab gleiten, die ein gepreßtes Herz ent-<lb/> lokte. Da warf ich mich auf den erſten Raſen im<lb/> lezten Schimmer der ſinkenden Sonne nieder, und<lb/> bat den Schoͤpfer der Natur <hi rendition="#fr">um Liebe, um eine<lb/> Cidli.</hi> Der gaukelnde Weſt flatterte dnrchs dunkle<lb/> Laub, und ſaͤuſelte dann Rnhe und Troſt in meine<lb/> Seele. Jch ſtand dann immer mit dem heitern Ge-<lb/> danken auf, daß der Urquell der Liebe meine Traͤnen<lb/> ſehen, und einſt alle mit Wucher vergelten wuͤrde;<lb/> und nun habe ich ſie gefunden unter der groſſen Zal<lb/> ihrer Geſpielinnen, habe den Schaz, den ſo wenige<lb/> finden, und ſoll ihn nun verlaſſen, und einen andern<lb/> mit der erhaſchten Beute triumphirend davon eilen<lb/> ſehen? Nein! warum ſoll mein Geiſt den Gedan-<lb/> ken, den heiſſen Gedanken an ſie nicht ausdenken?<lb/> warum ſoll er nicht ſeine Empſindungen vor ſie aus-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0254]
Kampf mit mir ſelbſt, ſo ſchwer er mit der anlok-
kenden Welt zu kaͤmpfen war *.
Wenn ich aber dann oft einſam und allein im
dunkeln Buͤchengang irrte, beſchlich ein gehei-
mer Kummer mein Herz, ich ward eine Traurigkeit
im Anziehen gewahr, und fuͤhlte heiſſe Zaͤren die
Wangen herab gleiten, die ein gepreßtes Herz ent-
lokte. Da warf ich mich auf den erſten Raſen im
lezten Schimmer der ſinkenden Sonne nieder, und
bat den Schoͤpfer der Natur um Liebe, um eine
Cidli. Der gaukelnde Weſt flatterte dnrchs dunkle
Laub, und ſaͤuſelte dann Rnhe und Troſt in meine
Seele. Jch ſtand dann immer mit dem heitern Ge-
danken auf, daß der Urquell der Liebe meine Traͤnen
ſehen, und einſt alle mit Wucher vergelten wuͤrde;
und nun habe ich ſie gefunden unter der groſſen Zal
ihrer Geſpielinnen, habe den Schaz, den ſo wenige
finden, und ſoll ihn nun verlaſſen, und einen andern
mit der erhaſchten Beute triumphirend davon eilen
ſehen? Nein! warum ſoll mein Geiſt den Gedan-
ken, den heiſſen Gedanken an ſie nicht ausdenken?
warum ſoll er nicht ſeine Empſindungen vor ſie aus-
* Viel geſagt von einem Jungling in unſern aufgeklärten
Zeiten, wo der Knabe eher die Geheimniſſe der Cytherea,
als ſeinen Catechismus kennt, und wie ein Ovid von Liebe
ſchwazt — aber ſollten lauter Cinifer und Epiku-
räer unter uns wandeln? Das wäre traurig für die
Menſchheit! —
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