lokt ihr fremdes Gesindel, die andere Länder ausspeien, in eure Staaten? da die Erfahrung lehrt, daß sie die Eingebornen verderben, und schädliche Sitten unter sie verbreiten, daß sie sich vom Betruge nähren, und wenn sie alles um und neben sich öde gemacht, alle Quellen des Fleisses und der Betriebsamkeit verstopfet, und das Land ausgesogen haben, in andere Länder fliehen. O gewis, die gütige Mutter Natur verläßt kein Land mit ihrem Segen, wenn wir ihn nur benuzzen, wenn wir ihr nur nicht entgegen ar- beiten, und ihre weisen Plane vereiteln. Durch ihren Einfluß sind wilde Gegenden angebaut, und bevölkert, wüste Ruinen zu lachenden Auen umgeschaffen worden. Sie gibt einem jeden Lande so viel innere Produkte, ihre Bewohner zu nähren, und läßt so viel Menschen erstehen, als können ernährt werden, wenn sie nur nicht läs- sig und träge sind, wenn sie sich nicht, wie Hi- berniens Bewohner, der Trägheit und dem Müssiggange ergeben, wenn sie sich nicht auf dem Lager der Wollust entnerven, und ihren gesun- den und starken Gliederbau mutwillig zerstören -- was hilft das reizende Thal, das blühende Ge- filde? was helfen die einladenden Elisiumsßenen
lokt ihr fremdes Geſindel, die andere Laͤnder ausſpeien, in eure Staaten? da die Erfahrung lehrt, daß ſie die Eingebornen verderben, und ſchaͤdliche Sitten unter ſie verbreiten, daß ſie ſich vom Betruge naͤhren, und wenn ſie alles um und neben ſich oͤde gemacht, alle Quellen des Fleiſſes und der Betriebſamkeit verſtopfet, und das Land ausgeſogen haben, in andere Laͤnder fliehen. O gewis, die guͤtige Mutter Natur verlaͤßt kein Land mit ihrem Segen, wenn wir ihn nur benuzzen, wenn wir ihr nur nicht entgegen ar- beiten, und ihre weiſen Plane vereiteln. Durch ihren Einfluß ſind wilde Gegenden angebaut, und bevoͤlkert, wuͤſte Ruinen zu lachenden Auen umgeſchaffen worden. Sie gibt einem jeden Lande ſo viel innere Produkte, ihre Bewohner zu naͤhren, und laͤßt ſo viel Menſchen erſtehen, als koͤnnen ernaͤhrt werden, wenn ſie nur nicht laͤſ- ſig und traͤge ſind, wenn ſie ſich nicht, wie Hi- berniens Bewohner, der Traͤgheit und dem Muͤſſiggange ergeben, wenn ſie ſich nicht auf dem Lager der Wolluſt entnerven, und ihren geſun- den und ſtarken Gliederbau mutwillig zerſtoͤren — was hilft das reizende Thal, das bluͤhende Ge- filde? was helfen die einladenden Eliſiumsſzenen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0230"n="222"/>
lokt ihr <hirendition="#fr">fremdes Geſindel,</hi> die andere Laͤnder<lb/>
ausſpeien, in eure Staaten? da die Erfahrung<lb/>
lehrt, daß ſie die Eingebornen verderben, und<lb/>ſchaͤdliche Sitten unter ſie verbreiten, daß ſie ſich<lb/>
vom Betruge naͤhren, und wenn ſie alles um und<lb/>
neben ſich oͤde gemacht, alle Quellen des Fleiſſes<lb/>
und der Betriebſamkeit verſtopfet, und das Land<lb/>
ausgeſogen haben, in andere Laͤnder fliehen. O<lb/>
gewis, die guͤtige <hirendition="#fr">Mutter Natur</hi> verlaͤßt<lb/>
kein Land mit ihrem Segen, wenn wir ihn nur<lb/>
benuzzen, wenn wir ihr nur nicht entgegen ar-<lb/>
beiten, und ihre weiſen Plane vereiteln. Durch<lb/>
ihren Einfluß ſind wilde Gegenden angebaut,<lb/>
und bevoͤlkert, wuͤſte Ruinen zu lachenden Auen<lb/>
umgeſchaffen worden. Sie gibt einem jeden<lb/>
Lande ſo viel innere Produkte, ihre Bewohner zu<lb/>
naͤhren, und laͤßt ſo viel Menſchen erſtehen, als<lb/>
koͤnnen ernaͤhrt werden, wenn ſie nur nicht laͤſ-<lb/>ſig und traͤge ſind, wenn ſie ſich nicht, wie <hirendition="#fr">Hi-<lb/>
berniens Bewohner,</hi> der Traͤgheit und dem<lb/>
Muͤſſiggange ergeben, wenn ſie ſich nicht auf dem<lb/>
Lager der Wolluſt entnerven, und ihren geſun-<lb/>
den und ſtarken Gliederbau mutwillig zerſtoͤren —<lb/>
was hilft das reizende Thal, das bluͤhende Ge-<lb/>
filde? was helfen die einladenden Eliſiumsſzenen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[222/0230]
lokt ihr fremdes Geſindel, die andere Laͤnder
ausſpeien, in eure Staaten? da die Erfahrung
lehrt, daß ſie die Eingebornen verderben, und
ſchaͤdliche Sitten unter ſie verbreiten, daß ſie ſich
vom Betruge naͤhren, und wenn ſie alles um und
neben ſich oͤde gemacht, alle Quellen des Fleiſſes
und der Betriebſamkeit verſtopfet, und das Land
ausgeſogen haben, in andere Laͤnder fliehen. O
gewis, die guͤtige Mutter Natur verlaͤßt
kein Land mit ihrem Segen, wenn wir ihn nur
benuzzen, wenn wir ihr nur nicht entgegen ar-
beiten, und ihre weiſen Plane vereiteln. Durch
ihren Einfluß ſind wilde Gegenden angebaut,
und bevoͤlkert, wuͤſte Ruinen zu lachenden Auen
umgeſchaffen worden. Sie gibt einem jeden
Lande ſo viel innere Produkte, ihre Bewohner zu
naͤhren, und laͤßt ſo viel Menſchen erſtehen, als
koͤnnen ernaͤhrt werden, wenn ſie nur nicht laͤſ-
ſig und traͤge ſind, wenn ſie ſich nicht, wie Hi-
berniens Bewohner, der Traͤgheit und dem
Muͤſſiggange ergeben, wenn ſie ſich nicht auf dem
Lager der Wolluſt entnerven, und ihren geſun-
den und ſtarken Gliederbau mutwillig zerſtoͤren —
was hilft das reizende Thal, das bluͤhende Ge-
filde? was helfen die einladenden Eliſiumsſzenen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/230>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.