denden! O Deutschland, und er war dein! Fühle den Gedanken, fühlt ihn, die ihr in Sklaverei eure Tage verseufzet, die ihr mit ge- senktem Blik euren Weg fortschlendert, und Tränen der Bedrükkung weint.
O, kleines glükliches Land! das er be- herrschte, dem er Gesezze gab, o seliges Volk! dessen Vater er war; du traurst, und hebst deine Hände hinan zu den Wolken, willst ihn zurükerbetteln vom Geschik, willst ihn durch Tränen, ja durch Blut, loskaufen aus den Armen der Verwesung. Denk ihn noch einmal Seele! denk ihn lebend und würkend, und dann sage, ob die Tränen seines Volks gerecht sind, gerecht der Schmerz, der die Brust des Fremdlings hebt? Aloysius war Fürst, durch die Geburt dazu erhoben, und von jenem obersten Regenten ge- sezt, Menschen zu regieren, und das Wol Tau- sender zu befördern. Wie finden wir ihn auf die- ser schlüpfrigen Höhe, wo man so leicht verges- sen kann, ein Menfch zu sein, wo man von Ehre und Grösse umringt, sich Gott gleich dünkt? Wir sehen ihn als Vater seines Volks, gnä- dig, gütig, und mild; wir sehen sein Auge weit umher schauend, wo die gekränkte Unschuld lei-
denden! O Deutſchland, und er war dein! Fuͤhle den Gedanken, fuͤhlt ihn, die ihr in Sklaverei eure Tage verſeufzet, die ihr mit ge- ſenktem Blik euren Weg fortſchlendert, und Traͤnen der Bedruͤkkung weint.
O, kleines gluͤkliches Land! das er be- herrſchte, dem er Geſezze gab, o ſeliges Volk! deſſen Vater er war; du traurſt, und hebſt deine Haͤnde hinan zu den Wolken, willſt ihn zuruͤkerbetteln vom Geſchik, willſt ihn durch Traͤnen, ja durch Blut, loskaufen aus den Armen der Verweſung. Denk ihn noch einmal Seele! denk ihn lebend und wuͤrkend, und dann ſage, ob die Traͤnen ſeines Volks gerecht ſind, gerecht der Schmerz, der die Bruſt des Fremdlings hebt? Aloyſius war Fuͤrſt, durch die Geburt dazu erhoben, und von jenem oberſten Regenten ge- ſezt, Menſchen zu regieren, und das Wol Tau- ſender zu befoͤrdern. Wie finden wir ihn auf die- ſer ſchluͤpfrigen Hoͤhe, wo man ſo leicht vergeſ- ſen kann, ein Menfch zu ſein, wo man von Ehre und Groͤſſe umringt, ſich Gott gleich duͤnkt? Wir ſehen ihn als Vater ſeines Volks, gnaͤ- dig, guͤtig, und mild; wir ſehen ſein Auge weit umher ſchauend, wo die gekraͤnkte Unſchuld lei-
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denden! O Deutſchland, und er war dein!
Fuͤhle den Gedanken, fuͤhlt ihn, die ihr in
Sklaverei eure Tage verſeufzet, die ihr mit ge-
ſenktem Blik euren Weg fortſchlendert, und
Traͤnen der Bedruͤkkung weint.
O, kleines gluͤkliches Land! das er be-
herrſchte, dem er Geſezze gab, o ſeliges Volk!
deſſen Vater er war; du traurſt, und hebſt
deine Haͤnde hinan zu den Wolken, willſt ihn
zuruͤkerbetteln vom Geſchik, willſt ihn durch
Traͤnen, ja durch Blut, loskaufen aus den Armen
der Verweſung. Denk ihn noch einmal Seele!
denk ihn lebend und wuͤrkend, und dann ſage,
ob die Traͤnen ſeines Volks gerecht ſind, gerecht
der Schmerz, der die Bruſt des Fremdlings hebt?
Aloyſius war Fuͤrſt, durch die Geburt dazu
erhoben, und von jenem oberſten Regenten ge-
ſezt, Menſchen zu regieren, und das Wol Tau-
ſender zu befoͤrdern. Wie finden wir ihn auf die-
ſer ſchluͤpfrigen Hoͤhe, wo man ſo leicht vergeſ-
ſen kann, ein Menfch zu ſein, wo man von
Ehre und Groͤſſe umringt, ſich Gott gleich duͤnkt?
Wir ſehen ihn als Vater ſeines Volks, gnaͤ-
dig, guͤtig, und mild; wir ſehen ſein Auge weit
umher ſchauend, wo die gekraͤnkte Unſchuld lei-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/180>, abgerufen am 02.05.2024.
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