Bürger, so verliert er unzäliche, die blos durch die Bedrükkungen der kleinen Tirannen, zu dem Entschluß gebracht werden, ihre väterliche Hei- mat zu verlassen, und in ein Land zu fliehen, wo man sie als Menschen behandelt.
Der preussische Monarch hat hierinnen seinen Willen so deutlich, ja so nachdruksvoll kund getan, wie man es sich von der Menschen- liebe eines Philosophen versprechen kan; aber kan er alle Winkel seines Reichs durchspähen? kann er alle harte Herzen erwärmen, und Lieb- losigkeit und Härte gänzlich verbannen. Das kann ein Franz wol in dem kleinen Bezirk seiner Staaten: sein alles umfassender Blik kann allent- halben, auch durch den dicksten Nebel dringen, und die beleidigte Menschheit retten und rächen; aber ein Fürst, der an der Nord- und Ostsee, und am baltischen Gestade Befehle gibt, wie kann er alle Gegenden seines Reichs durchspähen, und zusehen, ob irgendwo die Rechte der Menschheit gekränkt werden.
Aber so gab es immer, und gibt es noch kleine Despoten in den Ländern weiser Regen- ten, die sich als Herren der Schöpfung, und ihre Untergebene als Sklaven behandeln, die von
Buͤrger, ſo verliert er unzaͤliche, die blos durch die Bedruͤkkungen der kleinen Tirannen, zu dem Entſchluß gebracht werden, ihre vaͤterliche Hei- mat zu verlaſſen, und in ein Land zu fliehen, wo man ſie als Menſchen behandelt.
Der preuſſiſche Monarch hat hierinnen ſeinen Willen ſo deutlich, ja ſo nachdruksvoll kund getan, wie man es ſich von der Menſchen- liebe eines Philoſophen verſprechen kan; aber kan er alle Winkel ſeines Reichs durchſpaͤhen? kann er alle harte Herzen erwaͤrmen, und Lieb- loſigkeit und Haͤrte gaͤnzlich verbannen. Das kann ein Franz wol in dem kleinen Bezirk ſeiner Staaten: ſein alles umfaſſender Blik kann allent- halben, auch durch den dickſten Nebel dringen, und die beleidigte Menſchheit retten und raͤchen; aber ein Fuͤrſt, der an der Nord- und Oſtſee, und am baltiſchen Geſtade Befehle gibt, wie kann er alle Gegenden ſeines Reichs durchſpaͤhen, und zuſehen, ob irgendwo die Rechte der Menſchheit gekraͤnkt werden.
Aber ſo gab es immer, und gibt es noch kleine Despoten in den Laͤndern weiſer Regen- ten, die ſich als Herren der Schoͤpfung, und ihre Untergebene als Sklaven behandeln, die von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0164"n="156"/>
Buͤrger, ſo verliert er unzaͤliche, die blos durch<lb/>
die Bedruͤkkungen der kleinen Tirannen, zu dem<lb/>
Entſchluß gebracht werden, ihre vaͤterliche Hei-<lb/>
mat zu verlaſſen, und in ein Land zu fliehen, wo<lb/>
man ſie <hirendition="#fr">als Menſchen</hi> behandelt.</p><lb/><p>Der <hirendition="#fr">preuſſiſche Monarch</hi> hat hierinnen<lb/>ſeinen Willen ſo deutlich, ja ſo nachdruksvoll<lb/>
kund getan, wie man es ſich von der <hirendition="#fr">Menſchen-<lb/>
liebe eines Philoſophen</hi> verſprechen kan; aber<lb/>
kan er alle Winkel ſeines Reichs durchſpaͤhen?<lb/>
kann er alle harte Herzen erwaͤrmen, und Lieb-<lb/>
loſigkeit und Haͤrte gaͤnzlich verbannen. Das<lb/>
kann ein <hirendition="#fr">Franz</hi> wol in dem kleinen Bezirk ſeiner<lb/>
Staaten: ſein alles umfaſſender Blik kann allent-<lb/>
halben, auch durch den dickſten Nebel dringen, und<lb/>
die beleidigte Menſchheit retten und raͤchen; aber<lb/>
ein Fuͤrſt, der an der Nord- und Oſtſee, und<lb/>
am baltiſchen Geſtade Befehle gibt, wie kann er<lb/>
alle Gegenden ſeines Reichs durchſpaͤhen, und<lb/>
zuſehen, ob irgendwo die Rechte der Menſchheit<lb/>
gekraͤnkt werden.</p><lb/><p>Aber ſo gab es immer, und gibt es noch<lb/><hirendition="#fr">kleine Despoten</hi> in den Laͤndern weiſer Regen-<lb/>
ten, die ſich als Herren der Schoͤpfung, und<lb/>
ihre Untergebene als Sklaven behandeln, die von<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[156/0164]
Buͤrger, ſo verliert er unzaͤliche, die blos durch
die Bedruͤkkungen der kleinen Tirannen, zu dem
Entſchluß gebracht werden, ihre vaͤterliche Hei-
mat zu verlaſſen, und in ein Land zu fliehen, wo
man ſie als Menſchen behandelt.
Der preuſſiſche Monarch hat hierinnen
ſeinen Willen ſo deutlich, ja ſo nachdruksvoll
kund getan, wie man es ſich von der Menſchen-
liebe eines Philoſophen verſprechen kan; aber
kan er alle Winkel ſeines Reichs durchſpaͤhen?
kann er alle harte Herzen erwaͤrmen, und Lieb-
loſigkeit und Haͤrte gaͤnzlich verbannen. Das
kann ein Franz wol in dem kleinen Bezirk ſeiner
Staaten: ſein alles umfaſſender Blik kann allent-
halben, auch durch den dickſten Nebel dringen, und
die beleidigte Menſchheit retten und raͤchen; aber
ein Fuͤrſt, der an der Nord- und Oſtſee, und
am baltiſchen Geſtade Befehle gibt, wie kann er
alle Gegenden ſeines Reichs durchſpaͤhen, und
zuſehen, ob irgendwo die Rechte der Menſchheit
gekraͤnkt werden.
Aber ſo gab es immer, und gibt es noch
kleine Despoten in den Laͤndern weiſer Regen-
ten, die ſich als Herren der Schoͤpfung, und
ihre Untergebene als Sklaven behandeln, die von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/164>, abgerufen am 05.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.