Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Denkmal, und predigt der Nachwelt Lügen.
Sein Leben war ein dichtes Gewebe von Lastern,
er verübte Handlungen, darauf die Gesezze
die Ehrlosigkeit legten, verdiente er also ein ehr-
liches Begräbnis? verdiente er eine Säule des
Nachruhms? die den Tempel der Wahrheit ent-
weiht.

Jener Ariston, der im Tempel der Asträa
als oberster Priester dient, nimmt Geschenke,
und kränkt die Sache des Armen. Von Bedrük-
kungen und Ungerechtigkeiten erfüllt, sinkt die
Wage der Gerechtigkeit, nur für den grossen
und reichen Erdenbürger gibt das Zünglein den
Ausschlag, der Arme hat nichts als ein redliches
Herz, und eine Sache, dafür die Billigkeit
spricht. Aber was ist das in den Augen des
Falschmünzers der Gerechtigkeit? -- Jndessen
ist sein Name berühmt unter seinem Volk, er
sizt oben an im Gericht, und Lügen und Trügen
treten an die Stelle der Warheit; die besten
Früchte des Landes fliessen ihm zu, fremde Spei-
sen kizzeln seinen Gaumen, und kostbare Weine
seine Zunge. Er misbraucht den Namen der
Rechtschaffenheit, unter der verkappten Larve des
redlichen Mannes, und verbirgt sein schändliches

Denkmal, und predigt der Nachwelt Luͤgen.
Sein Leben war ein dichtes Gewebe von Laſtern,
er veruͤbte Handlungen, darauf die Geſezze
die Ehrloſigkeit legten, verdiente er alſo ein ehr-
liches Begraͤbnis? verdiente er eine Saͤule des
Nachruhms? die den Tempel der Wahrheit ent-
weiht.

Jener Ariſton, der im Tempel der Aſtraͤa
als oberſter Prieſter dient, nimmt Geſchenke,
und kraͤnkt die Sache des Armen. Von Bedruͤk-
kungen und Ungerechtigkeiten erfuͤllt, ſinkt die
Wage der Gerechtigkeit, nur fuͤr den groſſen
und reichen Erdenbuͤrger gibt das Zuͤnglein den
Ausſchlag, der Arme hat nichts als ein redliches
Herz, und eine Sache, dafuͤr die Billigkeit
ſpricht. Aber was iſt das in den Augen des
Falſchmuͤnzers der Gerechtigkeit? — Jndeſſen
iſt ſein Name beruͤhmt unter ſeinem Volk, er
ſizt oben an im Gericht, und Luͤgen und Truͤgen
treten an die Stelle der Warheit; die beſten
Fruͤchte des Landes flieſſen ihm zu, fremde Spei-
ſen kizzeln ſeinen Gaumen, und koſtbare Weine
ſeine Zunge. Er misbraucht den Namen der
Rechtſchaffenheit, unter der verkappten Larve des
redlichen Mannes, und verbirgt ſein ſchaͤndliches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="140"/>
Denkmal, und predigt der Nachwelt Lu&#x0364;gen.<lb/>
Sein Leben war ein dichtes Gewebe von La&#x017F;tern,<lb/>
er veru&#x0364;bte Handlungen, darauf die Ge&#x017F;ezze<lb/>
die Ehrlo&#x017F;igkeit legten, verdiente er al&#x017F;o ein ehr-<lb/>
liches Begra&#x0364;bnis? verdiente er eine Sa&#x0364;ule des<lb/>
Nachruhms? die den Tempel der Wahrheit ent-<lb/>
weiht.</p><lb/>
        <p>Jener <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;ton,</hi> der im Tempel der A&#x017F;tra&#x0364;a<lb/>
als ober&#x017F;ter Prie&#x017F;ter dient, nimmt Ge&#x017F;chenke,<lb/>
und kra&#x0364;nkt die Sache des Armen. Von Bedru&#x0364;k-<lb/>
kungen und Ungerechtigkeiten erfu&#x0364;llt, &#x017F;inkt die<lb/>
Wage der Gerechtigkeit, nur fu&#x0364;r den gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und reichen Erdenbu&#x0364;rger gibt das Zu&#x0364;nglein den<lb/>
Aus&#x017F;chlag, der Arme hat nichts als ein redliches<lb/>
Herz, und eine Sache, dafu&#x0364;r die Billigkeit<lb/>
&#x017F;pricht. Aber was i&#x017F;t das in den Augen des<lb/>
Fal&#x017F;chmu&#x0364;nzers der Gerechtigkeit? &#x2014; Jnde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ein Name beru&#x0364;hmt unter &#x017F;einem Volk, er<lb/>
&#x017F;izt oben an im Gericht, und Lu&#x0364;gen und Tru&#x0364;gen<lb/>
treten an die Stelle der Warheit; die be&#x017F;ten<lb/>
Fru&#x0364;chte des Landes flie&#x017F;&#x017F;en ihm zu, fremde Spei-<lb/>
&#x017F;en kizzeln &#x017F;einen Gaumen, und ko&#x017F;tbare Weine<lb/>
&#x017F;eine Zunge. Er misbraucht den Namen der<lb/>
Recht&#x017F;chaffenheit, unter der verkappten Larve des<lb/>
redlichen Mannes, und verbirgt &#x017F;ein &#x017F;cha&#x0364;ndliches<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0148] Denkmal, und predigt der Nachwelt Luͤgen. Sein Leben war ein dichtes Gewebe von Laſtern, er veruͤbte Handlungen, darauf die Geſezze die Ehrloſigkeit legten, verdiente er alſo ein ehr- liches Begraͤbnis? verdiente er eine Saͤule des Nachruhms? die den Tempel der Wahrheit ent- weiht. Jener Ariſton, der im Tempel der Aſtraͤa als oberſter Prieſter dient, nimmt Geſchenke, und kraͤnkt die Sache des Armen. Von Bedruͤk- kungen und Ungerechtigkeiten erfuͤllt, ſinkt die Wage der Gerechtigkeit, nur fuͤr den groſſen und reichen Erdenbuͤrger gibt das Zuͤnglein den Ausſchlag, der Arme hat nichts als ein redliches Herz, und eine Sache, dafuͤr die Billigkeit ſpricht. Aber was iſt das in den Augen des Falſchmuͤnzers der Gerechtigkeit? — Jndeſſen iſt ſein Name beruͤhmt unter ſeinem Volk, er ſizt oben an im Gericht, und Luͤgen und Truͤgen treten an die Stelle der Warheit; die beſten Fruͤchte des Landes flieſſen ihm zu, fremde Spei- ſen kizzeln ſeinen Gaumen, und koſtbare Weine ſeine Zunge. Er misbraucht den Namen der Rechtſchaffenheit, unter der verkappten Larve des redlichen Mannes, und verbirgt ſein ſchaͤndliches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/148
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/148>, abgerufen am 22.11.2024.