leidende Menschheit endlich einen Ausweg sucht, wann sie gedränget und von Nichtswürdigen ihrer Rechte beraubet wird, die mit dem Griffel der Gottheit auf ihrer Stirne verzeichnet sind. Sei mein Begleiter auf dem Pfade meines Er- dewallens, und durchdringe mit mir den Nebel der Vorurteile, der die Handlungen der Men- schen dem Auge verbirget; laß mich den guten und edlen Menschen auch im Missethäter und Mörder finden -- ihn bedauern und ihm Trä- nen schenken. Gieb der ohnmächtigen Sprache Worte, wann sie die Rechte der Menschheit ent- hüllen soll. Lehre auch jezt meine Feder Züge bil- den, die kalte Seelen erwärmen und fühllose harte Herzen weich und biegsam machen können.
Ja, zu euch will ich reden, meine Brü- der! wie es mein Herz heischt, ich will euch den Menschen aufdekken in seiner Niedrigkeit und Armut, wie er von Menschen verlassen, ein Le- ben aushaucht, das eine Kette namenlosen Jammers war. Jch will euch die Leiden meiner Brüder schildern, Leiden die die Seele erschüt- tern, und den festesten Bau des Körpers ab- spannen. Kommt mit mir in jene unterirdischen Hölen, wo Menschen, ausgestossen aus dem Zir-
leidende Menſchheit endlich einen Ausweg ſucht, wann ſie gedraͤnget und von Nichtswuͤrdigen ihrer Rechte beraubet wird, die mit dem Griffel der Gottheit auf ihrer Stirne verzeichnet ſind. Sei mein Begleiter auf dem Pfade meines Er- dewallens, und durchdringe mit mir den Nebel der Vorurteile, der die Handlungen der Men- ſchen dem Auge verbirget; laß mich den guten und edlen Menſchen auch im Miſſethaͤter und Moͤrder finden — ihn bedauern und ihm Traͤ- nen ſchenken. Gieb der ohnmaͤchtigen Sprache Worte, wann ſie die Rechte der Menſchheit ent- huͤllen ſoll. Lehre auch jezt meine Feder Zuͤge bil- den, die kalte Seelen erwaͤrmen und fuͤhlloſe harte Herzen weich und biegſam machen koͤnnen.
Ja, zu euch will ich reden, meine Bruͤ- der! wie es mein Herz heiſcht, ich will euch den Menſchen aufdekken in ſeiner Niedrigkeit und Armut, wie er von Menſchen verlaſſen, ein Le- ben aushaucht, das eine Kette namenloſen Jammers war. Jch will euch die Leiden meiner Bruͤder ſchildern, Leiden die die Seele erſchuͤt- tern, und den feſteſten Bau des Koͤrpers ab- ſpannen. Kommt mit mir in jene unterirdiſchen Hoͤlen, wo Menſchen, ausgeſtoſſen aus dem Zir-
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leidende Menſchheit endlich einen Ausweg ſucht,
wann ſie gedraͤnget und von Nichtswuͤrdigen
ihrer Rechte beraubet wird, die mit dem Griffel
der Gottheit auf ihrer Stirne verzeichnet ſind.
Sei mein Begleiter auf dem Pfade meines Er-
dewallens, und durchdringe mit mir den Nebel
der Vorurteile, der die Handlungen der Men-
ſchen dem Auge verbirget; laß mich den guten
und edlen Menſchen auch im Miſſethaͤter und
Moͤrder finden — ihn bedauern und ihm Traͤ-
nen ſchenken. Gieb der ohnmaͤchtigen Sprache
Worte, wann ſie die Rechte der Menſchheit ent-
huͤllen ſoll. Lehre auch jezt meine Feder Zuͤge bil-
den, die kalte Seelen erwaͤrmen und fuͤhlloſe
harte Herzen weich und biegſam machen koͤnnen.
Ja, zu euch will ich reden, meine Bruͤ-
der! wie es mein Herz heiſcht, ich will euch den
Menſchen aufdekken in ſeiner Niedrigkeit und
Armut, wie er von Menſchen verlaſſen, ein Le-
ben aushaucht, das eine Kette namenloſen
Jammers war. Jch will euch die Leiden meiner
Bruͤder ſchildern, Leiden die die Seele erſchuͤt-
tern, und den feſteſten Bau des Koͤrpers ab-
ſpannen. Kommt mit mir in jene unterirdiſchen
Hoͤlen, wo Menſchen, ausgeſtoſſen aus dem Zir-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/12>, abgerufen am 23.11.2024.
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