das das allmächtige Wesen webte, um die Men- schen mit einer allgemeinen Bruderliebe zu ket- ten. Glükliches Band! das den Menschen zum Menschen, ja den Menschen der Gottheit gleich macht -- -- und könntest du getrennt, könntest du entweiht und zerrissen werden? Trauriger Gedanke! der das Herz erschüttert, und dem Auge Tränen der Wehmut entlokket, kann dich mein Geist entfalten? Ja, kann es den Gedanken in seiner ganzen Schwere fühlen: der Bruder mordet den Bruder -- der Bruder zerreißt die Bande des Bluts, und überläßt sei- nen Mitbruder dem Elend und der Verzweif- lung, ja stößt ihm den Dolch ins Herz, und hohnlacht, wann er segnend seine Seele aushaucht?
Und das wäre das Werk des Menschen, den die Gottheit aus feinem Stoff bildere, in dem sie alle die grossen Eigenschaften als Keime legte, durch die sie Aeonen lang war und würkte? Nein, das ist nicht das Werk des ächten Soh- nes, sondern eines Bastards -- Das schöpfri- sche Werde bildete lauter gute Geschöpfe, bei de- ren Anblik sie an jedem Abend des Werdens aus- rufen konnte: Es ist alles gut! Aber es waren Geschöpfe, die zerbrachen die gute Form, und
das das allmaͤchtige Weſen webte, um die Men- ſchen mit einer allgemeinen Bruderliebe zu ket- ten. Gluͤkliches Band! das den Menſchen zum Menſchen, ja den Menſchen der Gottheit gleich macht — — und koͤnnteſt du getrennt, koͤnnteſt du entweiht und zerriſſen werden? Trauriger Gedanke! der das Herz erſchuͤttert, und dem Auge Traͤnen der Wehmut entlokket, kann dich mein Geiſt entfalten? Ja, kann es den Gedanken in ſeiner ganzen Schwere fuͤhlen: der Bruder mordet den Bruder — der Bruder zerreißt die Bande des Bluts, und uͤberlaͤßt ſei- nen Mitbruder dem Elend und der Verzweif- lung, ja ſtoͤßt ihm den Dolch ins Herz, und hohnlacht, wann er ſegnend ſeine Seele aushaucht?
Und das waͤre das Werk des Menſchen, den die Gottheit aus feinem Stoff bildere, in dem ſie alle die groſſen Eigenſchaften als Keime legte, durch die ſie Aeonen lang war und wuͤrkte? Nein, das iſt nicht das Werk des aͤchten Soh- nes, ſondern eines Baſtards — Das ſchoͤpfri- ſche Werde bildete lauter gute Geſchoͤpfe, bei de- ren Anblik ſie an jedem Abend des Werdens aus- rufen konnte: Es iſt alles gut! Aber es waren Geſchoͤpfe, die zerbrachen die gute Form, und
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das das allmaͤchtige Weſen webte, um die Men-
ſchen mit einer allgemeinen Bruderliebe zu ket-
ten. Gluͤkliches Band! das den Menſchen
zum Menſchen, ja den Menſchen der Gottheit
gleich macht — — und koͤnnteſt du getrennt,
koͤnnteſt du entweiht und zerriſſen werden?
Trauriger Gedanke! der das Herz erſchuͤttert,
und dem Auge Traͤnen der Wehmut entlokket,
kann dich mein Geiſt entfalten? Ja, kann es
den Gedanken in ſeiner ganzen Schwere fuͤhlen:
der Bruder mordet den Bruder — der Bruder
zerreißt die Bande des Bluts, und uͤberlaͤßt ſei-
nen Mitbruder dem Elend und der Verzweif-
lung, ja ſtoͤßt ihm den Dolch ins Herz, und
hohnlacht, wann er ſegnend ſeine Seele aushaucht?
Und das waͤre das Werk des Menſchen, den
die Gottheit aus feinem Stoff bildere, in dem
ſie alle die groſſen Eigenſchaften als Keime legte,
durch die ſie Aeonen lang war und wuͤrkte?
Nein, das iſt nicht das Werk des aͤchten Soh-
nes, ſondern eines Baſtards — Das ſchoͤpfri-
ſche Werde bildete lauter gute Geſchoͤpfe, bei de-
ren Anblik ſie an jedem Abend des Werdens aus-
rufen konnte: Es iſt alles gut! Aber es waren
Geſchoͤpfe, die zerbrachen die gute Form, und
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/10>, abgerufen am 23.11.2024.
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