höher gegen Dich tragen. Macht Dich das un¬ ruhig, ängstlich; behandelst Du sie nach Dei¬ nem Herzen, wie Leute, deren Freundschaft Du gern erhalten mögtest; so werden sie immer un¬ bescheidener, und helfen die elende Klatscherey weiter tragen, woraus Dir denn, so geringe auch die Sache scheinen mögte, mancherley Ver¬ druß erwachsen kann. Wirf aber auf den Er¬ sten, der Dir kalt begegnet, einen verächtlichen Blick; so wird er zurück springen, für seinen ei¬ genen Ruf beben, kein nachtheiliges Wort von Dir über seine Zunge kommen lassen, und sich vor dem Manne beugen, von dem er glaubt, er müsse geheimen Schutz haben, weil er so fest steht, so gleichgültig gegen die seligmachende Stimme des hohen Pöbels ist. Ja! gieb ihm doppelt wieder, was er wagt, Dir zu biethen! Laß Dich durch kein freundliches Wörtgen wie¬ der heranlocken, bis er gänzlich zu Creutze kriecht! Ich, der ich nun keine Plane mehr auf das Glück mache, in der großen Welt zu glänzen, folge darinn eben keinem festen Systeme, son¬ dern meiner jedesmaligen Gemüthsstimmung und Laune. An ächte, unverfälschte Herzens- Ergiessung gewöhnt, voll Wärme für alles, was
Freund¬
hoͤher gegen Dich tragen. Macht Dich das un¬ ruhig, aͤngſtlich; behandelſt Du ſie nach Dei¬ nem Herzen, wie Leute, deren Freundſchaft Du gern erhalten moͤgteſt; ſo werden ſie immer un¬ beſcheidener, und helfen die elende Klatſcherey weiter tragen, woraus Dir denn, ſo geringe auch die Sache ſcheinen moͤgte, mancherley Ver¬ druß erwachſen kann. Wirf aber auf den Er¬ ſten, der Dir kalt begegnet, einen veraͤchtlichen Blick; ſo wird er zuruͤck ſpringen, fuͤr ſeinen ei¬ genen Ruf beben, kein nachtheiliges Wort von Dir uͤber ſeine Zunge kommen laſſen, und ſich vor dem Manne beugen, von dem er glaubt, er muͤſſe geheimen Schutz haben, weil er ſo feſt ſteht, ſo gleichguͤltig gegen die ſeligmachende Stimme des hohen Poͤbels iſt. Ja! gieb ihm doppelt wieder, was er wagt, Dir zu biethen! Laß Dich durch kein freundliches Woͤrtgen wie¬ der heranlocken, bis er gaͤnzlich zu Creutze kriecht! Ich, der ich nun keine Plane mehr auf das Gluͤck mache, in der großen Welt zu glaͤnzen, folge darinn eben keinem feſten Syſteme, ſon¬ dern meiner jedesmaligen Gemuͤthsſtimmung und Laune. An aͤchte, unverfaͤlſchte Herzens- Ergieſſung gewoͤhnt, voll Waͤrme fuͤr alles, was
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hoͤher gegen Dich tragen. Macht Dich das un¬
ruhig, aͤngſtlich; behandelſt Du ſie nach Dei¬
nem Herzen, wie Leute, deren Freundſchaft Du
gern erhalten moͤgteſt; ſo werden ſie immer un¬
beſcheidener, und helfen die elende Klatſcherey
weiter tragen, woraus Dir denn, ſo geringe
auch die Sache ſcheinen moͤgte, mancherley Ver¬
druß erwachſen kann. Wirf aber auf den Er¬
ſten, der Dir kalt begegnet, einen veraͤchtlichen
Blick; ſo wird er zuruͤck ſpringen, fuͤr ſeinen ei¬
genen Ruf beben, kein nachtheiliges Wort von
Dir uͤber ſeine Zunge kommen laſſen, und ſich
vor dem Manne beugen, von dem er glaubt,
er muͤſſe geheimen Schutz haben, weil er ſo feſt
ſteht, ſo gleichguͤltig gegen die ſeligmachende
Stimme des hohen Poͤbels iſt. Ja! gieb ihm
doppelt wieder, was er wagt, Dir zu biethen!
Laß Dich durch kein freundliches Woͤrtgen wie¬
der heranlocken, bis er gaͤnzlich zu Creutze kriecht!
Ich, der ich nun keine Plane mehr auf das
Gluͤck mache, in der großen Welt zu glaͤnzen,
folge darinn eben keinem feſten Syſteme, ſon¬
dern meiner jedesmaligen Gemuͤthsſtimmung
und Laune. An aͤchte, unverfaͤlſchte Herzens-
Ergieſſung gewoͤhnt, voll Waͤrme fuͤr alles, was
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/81>, abgerufen am 28.01.2025.
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