Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Reisen aufmerksam zu unternehmen, als große,
auf denen man bis in die Hauptstädte hinein
nur Postmeister und Postknechte kennen lernt.

Auch mische man sich, wenn es uns ein
Ernst ist, unsre Menschen- und Länder-Kennt¬
niß zu erweitern, unter Personen von allerley
Ständen! Die Leute von gutem Tone sehen
einander in allen europäischen Staaten und Re¬
sidenzen ähnlich, aber das eigentliche Volk, oder
noch mehr der Mittelstand, trägt das Gepräge
der Sitten des Landes. Nach ihnen muß man
den Grad der Cultur und Aufklärung beurtheilen.

Nicht in allen Provinzen von Teutschland
sind Wege und Post-Anstalten gleich gut. Man
muß dies in genaue Erwägung ziehn, und dar¬
nach seine Verfügungen treffen, besonders wenn
uns daran gelegen ist, schnell fortzukommen.

Zum Reisen gehört Geduld, Muth, guter
Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen,
und daß man sich durch kleine widrige Zufälle,
Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost
und dergleichen nicht niederschlagen lasse. Dies

ist
S 4

Reiſen aufmerkſam zu unternehmen, als große,
auf denen man bis in die Hauptſtaͤdte hinein
nur Poſtmeiſter und Poſtknechte kennen lernt.

Auch miſche man ſich, wenn es uns ein
Ernſt iſt, unſre Menſchen- und Laͤnder-Kennt¬
niß zu erweitern, unter Perſonen von allerley
Staͤnden! Die Leute von gutem Tone ſehen
einander in allen europaͤiſchen Staaten und Re¬
ſidenzen aͤhnlich, aber das eigentliche Volk, oder
noch mehr der Mittelſtand, traͤgt das Gepraͤge
der Sitten des Landes. Nach ihnen muß man
den Grad der Cultur und Aufklaͤrung beurtheilen.

Nicht in allen Provinzen von Teutſchland
ſind Wege und Poſt-Anſtalten gleich gut. Man
muß dies in genaue Erwaͤgung ziehn, und dar¬
nach ſeine Verfuͤgungen treffen, beſonders wenn
uns daran gelegen iſt, ſchnell fortzukommen.

Zum Reiſen gehoͤrt Geduld, Muth, guter
Humor, Vergeſſenheit aller haͤuslichen Sorgen,
und daß man ſich durch kleine widrige Zufaͤlle,
Schwierigkeiten, boͤſes Wetter, ſchlechte Koſt
und dergleichen nicht niederſchlagen laſſe. Dies

iſt
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0301" n="279"/>
Rei&#x017F;en aufmerk&#x017F;am zu unternehmen, als große,<lb/>
auf denen man bis in die Haupt&#x017F;ta&#x0364;dte hinein<lb/>
nur Po&#x017F;tmei&#x017F;ter und Po&#x017F;tknechte kennen lernt.</p><lb/>
            <p>Auch mi&#x017F;che man &#x017F;ich, wenn es uns ein<lb/>
Ern&#x017F;t i&#x017F;t, un&#x017F;re Men&#x017F;chen- und La&#x0364;nder-Kennt¬<lb/>
niß zu erweitern, unter Per&#x017F;onen von allerley<lb/>
Sta&#x0364;nden! Die Leute von gutem Tone &#x017F;ehen<lb/>
einander in allen europa&#x0364;i&#x017F;chen Staaten und Re¬<lb/>
&#x017F;idenzen a&#x0364;hnlich, aber das eigentliche Volk, oder<lb/>
noch mehr der Mittel&#x017F;tand, tra&#x0364;gt das Gepra&#x0364;ge<lb/>
der Sitten des Landes. Nach ihnen muß man<lb/>
den Grad der Cultur und Aufkla&#x0364;rung beurtheilen.</p><lb/>
            <p>Nicht in allen Provinzen von Teut&#x017F;chland<lb/>
&#x017F;ind Wege und Po&#x017F;t-An&#x017F;talten gleich gut. Man<lb/>
muß dies in genaue Erwa&#x0364;gung ziehn, und dar¬<lb/>
nach &#x017F;eine Verfu&#x0364;gungen treffen, be&#x017F;onders wenn<lb/>
uns daran gelegen i&#x017F;t, &#x017F;chnell fortzukommen.</p><lb/>
            <p>Zum Rei&#x017F;en geho&#x0364;rt Geduld, Muth, guter<lb/>
Humor, Verge&#x017F;&#x017F;enheit aller ha&#x0364;uslichen Sorgen,<lb/>
und daß man &#x017F;ich durch kleine widrige Zufa&#x0364;lle,<lb/>
Schwierigkeiten, bo&#x0364;&#x017F;es Wetter, &#x017F;chlechte Ko&#x017F;t<lb/>
und dergleichen nicht nieder&#x017F;chlagen la&#x017F;&#x017F;e. Dies<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t<lb/></fw> <fw place="bottom" type="sig">S 4<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0301] Reiſen aufmerkſam zu unternehmen, als große, auf denen man bis in die Hauptſtaͤdte hinein nur Poſtmeiſter und Poſtknechte kennen lernt. Auch miſche man ſich, wenn es uns ein Ernſt iſt, unſre Menſchen- und Laͤnder-Kennt¬ niß zu erweitern, unter Perſonen von allerley Staͤnden! Die Leute von gutem Tone ſehen einander in allen europaͤiſchen Staaten und Re¬ ſidenzen aͤhnlich, aber das eigentliche Volk, oder noch mehr der Mittelſtand, traͤgt das Gepraͤge der Sitten des Landes. Nach ihnen muß man den Grad der Cultur und Aufklaͤrung beurtheilen. Nicht in allen Provinzen von Teutſchland ſind Wege und Poſt-Anſtalten gleich gut. Man muß dies in genaue Erwaͤgung ziehn, und dar¬ nach ſeine Verfuͤgungen treffen, beſonders wenn uns daran gelegen iſt, ſchnell fortzukommen. Zum Reiſen gehoͤrt Geduld, Muth, guter Humor, Vergeſſenheit aller haͤuslichen Sorgen, und daß man ſich durch kleine widrige Zufaͤlle, Schwierigkeiten, boͤſes Wetter, ſchlechte Koſt und dergleichen nicht niederſchlagen laſſe. Dies iſt S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/301
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/301>, abgerufen am 03.05.2024.