Eigensinnige Menschen sind viel schwe¬ rer zu behandeln, als sehr empfindliche. Noch ist mit ihnen auszukommen, wenn sie übrigens verständig sind. Sie pflegen dann, in so fern man ihnen nur in dem ersten Augenblicke nach¬ zugeben scheint, bald von selbst der Stimme der Vernunft Gehör zu geben, ihr Unrecht und die Feinheit unsrer Behandlung zu fühlen, und we¬ nigstens auf eine kurze Frist geschmeidiger zu werden; Ein Elend aber ist es, Starrköpfigkeit in Gesellschaft von Dummheit anzutreffen und behandeln zu müssen. Da helfen weder Gründe, noch Schonung. Es ist da mehrentheils nichts weiter zu thun, als einen solchen steifsinnigen Pinsel blindlings handeln zu lassen, ihn aber so in seine eigenen Ideen, Plane und Unter¬ nehmungen zu verwickeln, daß er, wenn er durch übereilte, unkluge Schritte in Verlegenheit ge¬ räth, sich selbst nach unsrer Hülfe sehnen muß. Dann lässt man ihn eine Zeitlang zappeln, wo¬ durch er nicht selten demüthig und folgsam wird, und das Bedürfniß geleitet zu werden fühlt. Hat aber ein schwacher, eigensinniger Kopf von ohngefehr ein einzigmal gegen uns Recht gehabt.
oder
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7.
Eigenſinnige Menſchen ſind viel ſchwe¬ rer zu behandeln, als ſehr empfindliche. Noch iſt mit ihnen auszukommen, wenn ſie uͤbrigens verſtaͤndig ſind. Sie pflegen dann, in ſo fern man ihnen nur in dem erſten Augenblicke nach¬ zugeben ſcheint, bald von ſelbſt der Stimme der Vernunft Gehoͤr zu geben, ihr Unrecht und die Feinheit unſrer Behandlung zu fuͤhlen, und we¬ nigſtens auf eine kurze Friſt geſchmeidiger zu werden; Ein Elend aber iſt es, Starrkoͤpfigkeit in Geſellſchaft von Dummheit anzutreffen und behandeln zu muͤſſen. Da helfen weder Gruͤnde, noch Schonung. Es iſt da mehrentheils nichts weiter zu thun, als einen ſolchen ſteifſinnigen Pinſel blindlings handeln zu laſſen, ihn aber ſo in ſeine eigenen Ideen, Plane und Unter¬ nehmungen zu verwickeln, daß er, wenn er durch uͤbereilte, unkluge Schritte in Verlegenheit ge¬ raͤth, ſich ſelbſt nach unſrer Huͤlfe ſehnen muß. Dann laͤſſt man ihn eine Zeitlang zappeln, wo¬ durch er nicht ſelten demuͤthig und folgſam wird, und das Beduͤrfniß geleitet zu werden fuͤhlt. Hat aber ein ſchwacher, eigenſinniger Kopf von ohngefehr ein einzigmal gegen uns Recht gehabt.
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7.
Eigenſinnige Menſchen ſind viel ſchwe¬
rer zu behandeln, als ſehr empfindliche. Noch
iſt mit ihnen auszukommen, wenn ſie uͤbrigens
verſtaͤndig ſind. Sie pflegen dann, in ſo fern
man ihnen nur in dem erſten Augenblicke nach¬
zugeben ſcheint, bald von ſelbſt der Stimme der
Vernunft Gehoͤr zu geben, ihr Unrecht und die
Feinheit unſrer Behandlung zu fuͤhlen, und we¬
nigſtens auf eine kurze Friſt geſchmeidiger zu
werden; Ein Elend aber iſt es, Starrkoͤpfigkeit
in Geſellſchaft von Dummheit anzutreffen und
behandeln zu muͤſſen. Da helfen weder Gruͤnde,
noch Schonung. Es iſt da mehrentheils nichts
weiter zu thun, als einen ſolchen ſteifſinnigen
Pinſel blindlings handeln zu laſſen, ihn aber
ſo in ſeine eigenen Ideen, Plane und Unter¬
nehmungen zu verwickeln, daß er, wenn er durch
uͤbereilte, unkluge Schritte in Verlegenheit ge¬
raͤth, ſich ſelbſt nach unſrer Huͤlfe ſehnen muß.
Dann laͤſſt man ihn eine Zeitlang zappeln, wo¬
durch er nicht ſelten demuͤthig und folgſam wird,
und das Beduͤrfniß geleitet zu werden fuͤhlt.
Hat aber ein ſchwacher, eigenſinniger Kopf von
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/233>, abgerufen am 21.11.2024.
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