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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

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schuldige sein Leben auf dem Blutgerüste hinge¬
ben, weil die Richter nicht so bekannt mit der
Sprache der Unschuld, als mit den Wendungen
einer falchen Beredsamkeit sind. Da lassen Pro¬
fessoren Urtheile über Gut und Blut durch ihre
unbärtigen Schüler verfassen, und geben Dem¬
jenigen Recht, der das Responsum bezahlt --
Doch was helfen alle Declamationen, und wer
kennt nicht diesen Greuel der Verwüstung?

Einen bessern Rath weiß ich nicht zu ge¬
ben, als den: Man hüte sich, mit seinem Ver¬
mögen oder seiner Person in die Hände der Ju¬
stitz zu fallen!

Man weiche auf alle mögliche Weise jedem
Processe aus, und vergleiche sich lieber, auch
bey der sichersten Ueberzeugung von Recht, gebe
lieber die Hälfte dessen hin, was uns ein And¬
rer streitig macht, bevor man es zum Schrift¬
wechsel kommen lasse!

Man halte seine Geschäfte in solcher Ord¬
nung, mache alles darinn bey Lebzeiten so klar,
daß man auch seinen Erben nicht die Wahr¬

schein¬

ſchuldige ſein Leben auf dem Blutgeruͤſte hinge¬
ben, weil die Richter nicht ſo bekannt mit der
Sprache der Unſchuld, als mit den Wendungen
einer falchen Beredſamkeit ſind. Da laſſen Pro¬
feſſoren Urtheile uͤber Gut und Blut durch ihre
unbaͤrtigen Schuͤler verfaſſen, und geben Dem¬
jenigen Recht, der das Reſponſum bezahlt —
Doch was helfen alle Declamationen, und wer
kennt nicht dieſen Greuel der Verwuͤſtung?

Einen beſſern Rath weiß ich nicht zu ge¬
ben, als den: Man huͤte ſich, mit ſeinem Ver¬
moͤgen oder ſeiner Perſon in die Haͤnde der Ju¬
ſtitz zu fallen!

Man weiche auf alle moͤgliche Weiſe jedem
Proceſſe aus, und vergleiche ſich lieber, auch
bey der ſicherſten Ueberzeugung von Recht, gebe
lieber die Haͤlfte deſſen hin, was uns ein And¬
rer ſtreitig macht, bevor man es zum Schrift¬
wechſel kommen laſſe!

Man halte ſeine Geſchaͤfte in ſolcher Ord¬
nung, mache alles darinn bey Lebzeiten ſo klar,
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[118/0140] ſchuldige ſein Leben auf dem Blutgeruͤſte hinge¬ ben, weil die Richter nicht ſo bekannt mit der Sprache der Unſchuld, als mit den Wendungen einer falchen Beredſamkeit ſind. Da laſſen Pro¬ feſſoren Urtheile uͤber Gut und Blut durch ihre unbaͤrtigen Schuͤler verfaſſen, und geben Dem¬ jenigen Recht, der das Reſponſum bezahlt — Doch was helfen alle Declamationen, und wer kennt nicht dieſen Greuel der Verwuͤſtung? Einen beſſern Rath weiß ich nicht zu ge¬ ben, als den: Man huͤte ſich, mit ſeinem Ver¬ moͤgen oder ſeiner Perſon in die Haͤnde der Ju¬ ſtitz zu fallen! Man weiche auf alle moͤgliche Weiſe jedem Proceſſe aus, und vergleiche ſich lieber, auch bey der ſicherſten Ueberzeugung von Recht, gebe lieber die Haͤlfte deſſen hin, was uns ein And¬ rer ſtreitig macht, bevor man es zum Schrift¬ wechſel kommen laſſe! Man halte ſeine Geſchaͤfte in ſolcher Ord¬ nung, mache alles darinn bey Lebzeiten ſo klar, daß man auch ſeinen Erben nicht die Wahr¬ ſchein¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/140>, abgerufen am 27.11.2024.