Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

grade die Laune einer herrschenden Cokette
zum Conversations-Cammer- und Chorton er¬
hebt; daß es den Jüngling besser kleidet, be¬
scheiden, schüchtern und still, als, nach Art
der mehrsten unsrer heutigen jungen Leute,
vorlaut, selbstgenügsam und plauderhaft zu
seyn; daß der edle Mann, je klüger er ist,
um desto bescheidener, um desto mistrauischer
gegen seine eigenen Kenntnisse, um desto we¬
niger zudringlich seyn wird; oder daß, jemehr
innerer, wahrer Verdienste sich jemand be¬
wusst ist, er um desto weniger Kunst anwen¬
den wird, seine vortheilhaften Seiten hervor¬
zukehren, so wie die wahrhafte Schönheit alle
kleinen anlockenden, unwürdigen Buhlkünste,
wodurch man sich bemerken zu machen sucht,
verachtet. -- Das alles ist wohl sehr natür¬
lich! -- Davon rede ich also nicht.

Auch nicht von der beleidigten Eitelkeit
eines Mannes voll Forderungen, der ohnauf¬
hörlich eingeräuchert, geschmeichelt und vorge¬
zogen zu werden verlangt und, wo das nicht
geschieht, eine traurige Figur macht; nicht von
dem gekränkten Hochmuthe eines abgeschmack¬

ten

grade die Laune einer herrſchenden Cokette
zum Converſations-Cammer- und Chorton er¬
hebt; daß es den Juͤngling beſſer kleidet, be¬
ſcheiden, ſchuͤchtern und ſtill, als, nach Art
der mehrſten unſrer heutigen jungen Leute,
vorlaut, ſelbſtgenuͤgſam und plauderhaft zu
ſeyn; daß der edle Mann, je kluͤger er iſt,
um deſto beſcheidener, um deſto miſtrauiſcher
gegen ſeine eigenen Kenntniſſe, um deſto we¬
niger zudringlich ſeyn wird; oder daß, jemehr
innerer, wahrer Verdienſte ſich jemand be¬
wuſſt iſt, er um deſto weniger Kunſt anwen¬
den wird, ſeine vortheilhaften Seiten hervor¬
zukehren, ſo wie die wahrhafte Schoͤnheit alle
kleinen anlockenden, unwuͤrdigen Buhlkuͤnſte,
wodurch man ſich bemerken zu machen ſucht,
verachtet. — Das alles iſt wohl ſehr natuͤr¬
lich! — Davon rede ich alſo nicht.

Auch nicht von der beleidigten Eitelkeit
eines Mannes voll Forderungen, der ohnauf¬
hoͤrlich eingeraͤuchert, geſchmeichelt und vorge¬
zogen zu werden verlangt und, wo das nicht
geſchieht, eine traurige Figur macht; nicht von
dem gekraͤnkten Hochmuthe eines abgeſchmack¬

ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0034" n="4"/>
grade die Laune einer herr&#x017F;chenden Cokette<lb/>
zum Conver&#x017F;ations-Cammer- und Chorton er¬<lb/>
hebt; daß es den Ju&#x0364;ngling be&#x017F;&#x017F;er kleidet, be¬<lb/>
&#x017F;cheiden, &#x017F;chu&#x0364;chtern und &#x017F;till, als, nach Art<lb/>
der mehr&#x017F;ten un&#x017F;rer heutigen jungen Leute,<lb/>
vorlaut, &#x017F;elb&#x017F;tgenu&#x0364;g&#x017F;am und plauderhaft zu<lb/>
&#x017F;eyn; daß der edle Mann, je klu&#x0364;ger er i&#x017F;t,<lb/>
um de&#x017F;to be&#x017F;cheidener, um de&#x017F;to mi&#x017F;traui&#x017F;cher<lb/>
gegen &#x017F;eine eigenen Kenntni&#x017F;&#x017F;e, um de&#x017F;to we¬<lb/>
niger zudringlich &#x017F;eyn wird; oder daß, jemehr<lb/>
innerer, wahrer Verdien&#x017F;te &#x017F;ich jemand be¬<lb/>
wu&#x017F;&#x017F;t i&#x017F;t, er um de&#x017F;to weniger Kun&#x017F;t anwen¬<lb/>
den wird, &#x017F;eine vortheilhaften Seiten hervor¬<lb/>
zukehren, &#x017F;o wie die wahrhafte Scho&#x0364;nheit alle<lb/>
kleinen anlockenden, unwu&#x0364;rdigen Buhlku&#x0364;n&#x017F;te,<lb/>
wodurch man &#x017F;ich bemerken zu machen &#x017F;ucht,<lb/>
verachtet. &#x2014; Das alles i&#x017F;t wohl &#x017F;ehr natu&#x0364;<lb/>
lich! &#x2014; Davon rede ich al&#x017F;o nicht.</p><lb/>
          <p>Auch nicht von der beleidigten Eitelkeit<lb/>
eines Mannes voll Forderungen, der ohnauf¬<lb/>
ho&#x0364;rlich eingera&#x0364;uchert, ge&#x017F;chmeichelt und vorge¬<lb/>
zogen zu werden verlangt und, wo das nicht<lb/>
ge&#x017F;chieht, eine traurige Figur macht; nicht von<lb/>
dem gekra&#x0364;nkten Hochmuthe eines abge&#x017F;chmack¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0034] grade die Laune einer herrſchenden Cokette zum Converſations-Cammer- und Chorton er¬ hebt; daß es den Juͤngling beſſer kleidet, be¬ ſcheiden, ſchuͤchtern und ſtill, als, nach Art der mehrſten unſrer heutigen jungen Leute, vorlaut, ſelbſtgenuͤgſam und plauderhaft zu ſeyn; daß der edle Mann, je kluͤger er iſt, um deſto beſcheidener, um deſto miſtrauiſcher gegen ſeine eigenen Kenntniſſe, um deſto we¬ niger zudringlich ſeyn wird; oder daß, jemehr innerer, wahrer Verdienſte ſich jemand be¬ wuſſt iſt, er um deſto weniger Kunſt anwen¬ den wird, ſeine vortheilhaften Seiten hervor¬ zukehren, ſo wie die wahrhafte Schoͤnheit alle kleinen anlockenden, unwuͤrdigen Buhlkuͤnſte, wodurch man ſich bemerken zu machen ſucht, verachtet. — Das alles iſt wohl ſehr natuͤr¬ lich! — Davon rede ich alſo nicht. Auch nicht von der beleidigten Eitelkeit eines Mannes voll Forderungen, der ohnauf¬ hoͤrlich eingeraͤuchert, geſchmeichelt und vorge¬ zogen zu werden verlangt und, wo das nicht geſchieht, eine traurige Figur macht; nicht von dem gekraͤnkten Hochmuthe eines abgeſchmack¬ ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/34
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/34>, abgerufen am 25.04.2024.