da Solche giebt, die eine so traurige Figur ausser ihrer Studierstube spielen, daß man nicht wohl auf einen bessern Fuß mit ihnen umgehn kann; allein das widerlegt nicht das¬ jenige, so ich von der Achtung gesagt habe, die man diesem Stande schuldig ist -- Wehe den Eltern, die ihre Kinder solchen selbst nicht er¬ zogenen Miethlingen anvertrauen! --
Hast Du aber einen edeln Freund gefun¬ den, der sich der Erziehung Deines Sohnes annimmt; so ist es auch nicht genug, daß Du ihm ausgezeichnet freundlich, ehrenvoll und dankbar begegnest; Du musst ihm auch freye Macht lassen, ohne Widerspruch seinen Erzie¬ hungsplan durchzusetzen; und von dem Au¬ genblicke an, da Du Dein Kind in seine Hände lieferst, hast Du den wichtigsten Theil Deiner väterlichen Rechte auf ihn übertragen -- Doch dies alles gehört mehr in ein Werk über Er¬ ziehung, als das hier der Ort wäre, weitläuf¬ tig davon zu handeln. Ich schweige daher auch von dem Betragen der Lehrer und Hof¬ meister im Umgange mit ihren Untergebenen, und eile weiter.
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da Solche giebt, die eine ſo traurige Figur auſſer ihrer Studierſtube ſpielen, daß man nicht wohl auf einen beſſern Fuß mit ihnen umgehn kann; allein das widerlegt nicht das¬ jenige, ſo ich von der Achtung geſagt habe, die man dieſem Stande ſchuldig iſt — Wehe den Eltern, die ihre Kinder ſolchen ſelbſt nicht er¬ zogenen Miethlingen anvertrauen! —
Haſt Du aber einen edeln Freund gefun¬ den, der ſich der Erziehung Deines Sohnes annimmt; ſo iſt es auch nicht genug, daß Du ihm ausgezeichnet freundlich, ehrenvoll und dankbar begegneſt; Du muſſt ihm auch freye Macht laſſen, ohne Widerſpruch ſeinen Erzie¬ hungsplan durchzuſetzen; und von dem Au¬ genblicke an, da Du Dein Kind in ſeine Haͤnde lieferſt, haſt Du den wichtigſten Theil Deiner vaͤterlichen Rechte auf ihn uͤbertragen — Doch dies alles gehoͤrt mehr in ein Werk uͤber Er¬ ziehung, als das hier der Ort waͤre, weitlaͤuf¬ tig davon zu handeln. Ich ſchweige daher auch von dem Betragen der Lehrer und Hof¬ meiſter im Umgange mit ihren Untergebenen, und eile weiter.
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da Solche giebt, die eine ſo traurige Figur
auſſer ihrer Studierſtube ſpielen, daß man
nicht wohl auf einen beſſern Fuß mit ihnen
umgehn kann; allein das widerlegt nicht das¬
jenige, ſo ich von der Achtung geſagt habe, die
man dieſem Stande ſchuldig iſt — Wehe den
Eltern, die ihre Kinder ſolchen ſelbſt nicht er¬
zogenen Miethlingen anvertrauen! —
Haſt Du aber einen edeln Freund gefun¬
den, der ſich der Erziehung Deines Sohnes
annimmt; ſo iſt es auch nicht genug, daß Du
ihm ausgezeichnet freundlich, ehrenvoll und
dankbar begegneſt; Du muſſt ihm auch freye
Macht laſſen, ohne Widerſpruch ſeinen Erzie¬
hungsplan durchzuſetzen; und von dem Au¬
genblicke an, da Du Dein Kind in ſeine Haͤnde
lieferſt, haſt Du den wichtigſten Theil Deiner
vaͤterlichen Rechte auf ihn uͤbertragen — Doch
dies alles gehoͤrt mehr in ein Werk uͤber Er¬
ziehung, als das hier der Ort waͤre, weitlaͤuf¬
tig davon zu handeln. Ich ſchweige daher
auch von dem Betragen der Lehrer und Hof¬
meiſter im Umgange mit ihren Untergebenen,
und eile weiter.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/299>, abgerufen am 24.11.2024.
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