nützlichere Person im Staate, als der Finanz- Minister, und da sein Gehalt gewöhnlich spar¬ sam genug abgemessen ist; was kann da bil¬ liger seyn, als daß man diesem Manne wenig¬ stens durch einige Ehrenbezeugung das Leben süß und das Joch erträglich zu machen suche? Schämen sollten sich die Menschen, die den Er¬ zieher ihrer Kinder als eine Art von Dienstbo¬ then behandeln! Mögten sie nur bedenken (wenn sie auch nicht fühlen können, wie unedel dies Betragen an sich schon ist) welchen nach¬ theiligen Einfluß dies auf die Bildung der Ju¬ gend hat! Es kann mir durch die Seele gehn, wenn ich den Hofmeister in manchem adelichen Hause demüthig und stumm an der Tafel sei¬ ner gnädigen Herrschaft sitzen sehe, wo er es nicht wagt, sich in irgend ein Gespräch zu mi¬ schen, sich auf irgend eine Weise der übrigen Gesellschaft gleichzustellen, wenn sogar den ihm untergebenen Kindern von Eltern, Fremden und Bedienten der Rang vor ihm gegeben wird, vor ihm, der, wenn er seinen Platz ganz erfüllt, als der wichtigste Wohlthäter der Fa¬ milie angesehn werden sollte -- Es ist wahr, daß es unter den Männern dieser Art hie und
da
nuͤtzlichere Perſon im Staate, als der Finanz- Miniſter, und da ſein Gehalt gewoͤhnlich ſpar¬ ſam genug abgemeſſen iſt; was kann da bil¬ liger ſeyn, als daß man dieſem Manne wenig¬ ſtens durch einige Ehrenbezeugung das Leben ſuͤß und das Joch ertraͤglich zu machen ſuche? Schaͤmen ſollten ſich die Menſchen, die den Er¬ zieher ihrer Kinder als eine Art von Dienſtbo¬ then behandeln! Moͤgten ſie nur bedenken (wenn ſie auch nicht fuͤhlen koͤnnen, wie unedel dies Betragen an ſich ſchon iſt) welchen nach¬ theiligen Einfluß dies auf die Bildung der Ju¬ gend hat! Es kann mir durch die Seele gehn, wenn ich den Hofmeiſter in manchem adelichen Hauſe demuͤthig und ſtumm an der Tafel ſei¬ ner gnaͤdigen Herrſchaft ſitzen ſehe, wo er es nicht wagt, ſich in irgend ein Geſpraͤch zu mi¬ ſchen, ſich auf irgend eine Weiſe der uͤbrigen Geſellſchaft gleichzuſtellen, wenn ſogar den ihm untergebenen Kindern von Eltern, Fremden und Bedienten der Rang vor ihm gegeben wird, vor ihm, der, wenn er ſeinen Platz ganz erfuͤllt, als der wichtigſte Wohlthaͤter der Fa¬ milie angeſehn werden ſollte — Es iſt wahr, daß es unter den Maͤnnern dieſer Art hie und
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nuͤtzlichere Perſon im Staate, als der Finanz-
Miniſter, und da ſein Gehalt gewoͤhnlich ſpar¬
ſam genug abgemeſſen iſt; was kann da bil¬
liger ſeyn, als daß man dieſem Manne wenig¬
ſtens durch einige Ehrenbezeugung das Leben
ſuͤß und das Joch ertraͤglich zu machen ſuche?
Schaͤmen ſollten ſich die Menſchen, die den Er¬
zieher ihrer Kinder als eine Art von Dienſtbo¬
then behandeln! Moͤgten ſie nur bedenken
(wenn ſie auch nicht fuͤhlen koͤnnen, wie unedel
dies Betragen an ſich ſchon iſt) welchen nach¬
theiligen Einfluß dies auf die Bildung der Ju¬
gend hat! Es kann mir durch die Seele gehn,
wenn ich den Hofmeiſter in manchem adelichen
Hauſe demuͤthig und ſtumm an der Tafel ſei¬
ner gnaͤdigen Herrſchaft ſitzen ſehe, wo er es
nicht wagt, ſich in irgend ein Geſpraͤch zu mi¬
ſchen, ſich auf irgend eine Weiſe der uͤbrigen
Geſellſchaft gleichzuſtellen, wenn ſogar den ihm
untergebenen Kindern von Eltern, Fremden
und Bedienten der Rang vor ihm gegeben
wird, vor ihm, der, wenn er ſeinen Platz ganz
erfuͤllt, als der wichtigſte Wohlthaͤter der Fa¬
milie angeſehn werden ſollte — Es iſt wahr,
daß es unter den Maͤnnern dieſer Art hie und
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/298>, abgerufen am 24.11.2024.
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