Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Anzahl Annecdötgen und Einfälle besitzt, die
er nun schon so oft seiner Frau, und in deren
Gegenwart fremden Leuten ausgekramt hat,
daß man dem guten Weibe jedesmal Eckel und
Ueberdruß ansieht, so oft er mit einem derglei¬
chen Stückgen angezogen kömmt. Wer gute
Bücher liest, Gesellschaften besucht und nach¬
denkt, der wird ja leicht täglich neuen Stoff zu
interessanten Gesprächen finden; Aber freylich
reicht dieser nicht zu, wenn man den ganzen
Tag müßig einander gegenüber sitzt, und man
darf sich daher nicht wundern, wenn man sol¬
che Eheleute antrifft, die, um dieser tödtenden
Langenweile auszuweichen, wenn grade keine
andre Gesellschaft aufzutreiben ist, mit einan¬
der halbe Tage lang Piquet spielen, oder sich
zusammen an einer Flasche Wein ergötzen.
Sehr gut ist es desfalls, wenn der Mann be¬
stimmte Berufs-Arbeiten hat, die ihn wenig¬
stens einige Stunden täglich an seinen Schreib¬
tisch fesseln, oder ausser Hause rufen, wenn zu¬
weilen kleine Abwesenheiten, Reisen in Ge¬
schäften und dergleichen, seiner Gegenwart
neuen Reiz geben. Ihn erwartet dann sehn¬
suchtsvoll die treue Gattinn die indeß ihrem

Haus¬
H5

Anzahl Annecdoͤtgen und Einfaͤlle beſitzt, die
er nun ſchon ſo oft ſeiner Frau, und in deren
Gegenwart fremden Leuten ausgekramt hat,
daß man dem guten Weibe jedesmal Eckel und
Ueberdruß anſieht, ſo oft er mit einem derglei¬
chen Stuͤckgen angezogen koͤmmt. Wer gute
Buͤcher lieſt, Geſellſchaften beſucht und nach¬
denkt, der wird ja leicht taͤglich neuen Stoff zu
intereſſanten Geſpraͤchen finden; Aber freylich
reicht dieſer nicht zu, wenn man den ganzen
Tag muͤßig einander gegenuͤber ſitzt, und man
darf ſich daher nicht wundern, wenn man ſol¬
che Eheleute antrifft, die, um dieſer toͤdtenden
Langenweile auszuweichen, wenn grade keine
andre Geſellſchaft aufzutreiben iſt, mit einan¬
der halbe Tage lang Piquet ſpielen, oder ſich
zuſammen an einer Flaſche Wein ergoͤtzen.
Sehr gut iſt es desfalls, wenn der Mann be¬
ſtimmte Berufs-Arbeiten hat, die ihn wenig¬
ſtens einige Stunden taͤglich an ſeinen Schreib¬
tiſch feſſeln, oder auſſer Hauſe rufen, wenn zu¬
weilen kleine Abweſenheiten, Reiſen in Ge¬
ſchaͤften und dergleichen, ſeiner Gegenwart
neuen Reiz geben. Ihn erwartet dann ſehn¬
ſuchtsvoll die treue Gattinn die indeß ihrem

Haus¬
H5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0151" n="121"/>
Anzahl Annecdo&#x0364;tgen und Einfa&#x0364;lle be&#x017F;itzt, die<lb/>
er nun &#x017F;chon &#x017F;o oft &#x017F;einer Frau, und in deren<lb/>
Gegenwart fremden Leuten ausgekramt hat,<lb/>
daß man dem guten Weibe jedesmal Eckel und<lb/>
Ueberdruß an&#x017F;ieht, &#x017F;o oft er mit einem derglei¬<lb/>
chen Stu&#x0364;ckgen angezogen ko&#x0364;mmt. Wer gute<lb/>
Bu&#x0364;cher lie&#x017F;t, Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften be&#x017F;ucht und nach¬<lb/>
denkt, der wird ja leicht ta&#x0364;glich neuen Stoff zu<lb/>
intere&#x017F;&#x017F;anten Ge&#x017F;pra&#x0364;chen finden; Aber freylich<lb/>
reicht die&#x017F;er nicht zu, wenn man den ganzen<lb/>
Tag mu&#x0364;ßig einander gegenu&#x0364;ber &#x017F;itzt, und man<lb/>
darf &#x017F;ich daher nicht wundern, wenn man &#x017F;ol¬<lb/>
che Eheleute antrifft, die, um die&#x017F;er to&#x0364;dtenden<lb/>
Langenweile auszuweichen, wenn grade keine<lb/>
andre Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft aufzutreiben i&#x017F;t, mit einan¬<lb/>
der halbe Tage lang Piquet &#x017F;pielen, oder &#x017F;ich<lb/>
zu&#x017F;ammen an einer Fla&#x017F;che Wein ergo&#x0364;tzen.<lb/>
Sehr gut i&#x017F;t es desfalls, wenn der Mann be¬<lb/>
&#x017F;timmte Berufs-Arbeiten hat, die ihn wenig¬<lb/>
&#x017F;tens einige Stunden ta&#x0364;glich an &#x017F;einen Schreib¬<lb/>
ti&#x017F;ch fe&#x017F;&#x017F;eln, oder au&#x017F;&#x017F;er Hau&#x017F;e rufen, wenn zu¬<lb/>
weilen kleine Abwe&#x017F;enheiten, Rei&#x017F;en in Ge¬<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ften und dergleichen, &#x017F;einer Gegenwart<lb/>
neuen Reiz geben. Ihn erwartet dann &#x017F;ehn¬<lb/>
&#x017F;uchtsvoll die treue Gattinn die indeß ihrem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H5<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">Haus¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0151] Anzahl Annecdoͤtgen und Einfaͤlle beſitzt, die er nun ſchon ſo oft ſeiner Frau, und in deren Gegenwart fremden Leuten ausgekramt hat, daß man dem guten Weibe jedesmal Eckel und Ueberdruß anſieht, ſo oft er mit einem derglei¬ chen Stuͤckgen angezogen koͤmmt. Wer gute Buͤcher lieſt, Geſellſchaften beſucht und nach¬ denkt, der wird ja leicht taͤglich neuen Stoff zu intereſſanten Geſpraͤchen finden; Aber freylich reicht dieſer nicht zu, wenn man den ganzen Tag muͤßig einander gegenuͤber ſitzt, und man darf ſich daher nicht wundern, wenn man ſol¬ che Eheleute antrifft, die, um dieſer toͤdtenden Langenweile auszuweichen, wenn grade keine andre Geſellſchaft aufzutreiben iſt, mit einan¬ der halbe Tage lang Piquet ſpielen, oder ſich zuſammen an einer Flaſche Wein ergoͤtzen. Sehr gut iſt es desfalls, wenn der Mann be¬ ſtimmte Berufs-Arbeiten hat, die ihn wenig¬ ſtens einige Stunden taͤglich an ſeinen Schreib¬ tiſch feſſeln, oder auſſer Hauſe rufen, wenn zu¬ weilen kleine Abweſenheiten, Reiſen in Ge¬ ſchaͤften und dergleichen, ſeiner Gegenwart neuen Reiz geben. Ihn erwartet dann ſehn¬ ſuchtsvoll die treue Gattinn die indeß ihrem Haus¬ H5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/151
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/151>, abgerufen am 21.12.2024.