Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausschweifungen ihrer Kinder, oder gar, wenn
diese besser sind als sie selbst, mit ihren Lastern,
die sie nicht zu verhehlen trachten, das Gespötte
oder der Abscheu Derer werden, denen sie ein
lehrreiches Beyspiel geben sollten.

3.

Es ist in unsern Tagen nichts seltenes,
Kinder zu sehn, die ihre Eltern vernachlässigen,
oder unedel behandeln. Die ersten Bande
unter den Menschen werden immer lockerer,
die Jünglinge finden ihre Väter nicht weise,
nicht unterhaltend, nicht aufgeklärt genug.
Das Mädgen hat Langeweile bey der alten
Mutter, und vergisst, wie manche langweilige
Stunde Diese bey seiner Wiege, bey Wartung
desselben in gefährlichen Krankheiten, oder bey
den kleinen schmutzigen Arbeiten zugebracht,
wie sie sich in den schönsten Jahren ihres Le¬
bens so manches Vergnügen versagt hat, um
für die Erhaltung und Pflege des kleinen ek¬
kelhaften Geschöpfs zu sorgen, das vielleicht,
ohne diese Sorgfalt, nicht mehr da seyn würde.
Die Kinder vergessen, wie viel schöne Stun¬
den sie ihren Eltern durch ihr betäubendes Ge¬

schrey

Ausſchweifungen ihrer Kinder, oder gar, wenn
dieſe beſſer ſind als ſie ſelbſt, mit ihren Laſtern,
die ſie nicht zu verhehlen trachten, das Geſpoͤtte
oder der Abſcheu Derer werden, denen ſie ein
lehrreiches Beyſpiel geben ſollten.

3.

Es iſt in unſern Tagen nichts ſeltenes,
Kinder zu ſehn, die ihre Eltern vernachlaͤſſigen,
oder unedel behandeln. Die erſten Bande
unter den Menſchen werden immer lockerer,
die Juͤnglinge finden ihre Vaͤter nicht weiſe,
nicht unterhaltend, nicht aufgeklaͤrt genug.
Das Maͤdgen hat Langeweile bey der alten
Mutter, und vergiſſt, wie manche langweilige
Stunde Dieſe bey ſeiner Wiege, bey Wartung
deſſelben in gefaͤhrlichen Krankheiten, oder bey
den kleinen ſchmutzigen Arbeiten zugebracht,
wie ſie ſich in den ſchoͤnſten Jahren ihres Le¬
bens ſo manches Vergnuͤgen verſagt hat, um
fuͤr die Erhaltung und Pflege des kleinen ek¬
kelhaften Geſchoͤpfs zu ſorgen, das vielleicht,
ohne dieſe Sorgfalt, nicht mehr da ſeyn wuͤrde.
Die Kinder vergeſſen, wie viel ſchoͤne Stun¬
den ſie ihren Eltern durch ihr betaͤubendes Ge¬

ſchrey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0138" n="108"/>
Aus&#x017F;chweifungen ihrer Kinder, oder gar, wenn<lb/>
die&#x017F;e be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind als &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, mit ihren La&#x017F;tern,<lb/>
die &#x017F;ie nicht zu verhehlen trachten, das Ge&#x017F;po&#x0364;tte<lb/>
oder der Ab&#x017F;cheu Derer werden, denen &#x017F;ie ein<lb/>
lehrreiches Bey&#x017F;piel geben &#x017F;ollten.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Es i&#x017F;t in un&#x017F;ern Tagen nichts &#x017F;eltenes,<lb/>
Kinder zu &#x017F;ehn, die ihre Eltern vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen,<lb/>
oder unedel behandeln. Die er&#x017F;ten Bande<lb/>
unter den Men&#x017F;chen werden immer lockerer,<lb/>
die Ju&#x0364;nglinge finden ihre Va&#x0364;ter nicht wei&#x017F;e,<lb/>
nicht unterhaltend, nicht aufgekla&#x0364;rt genug.<lb/>
Das Ma&#x0364;dgen hat Langeweile bey der alten<lb/>
Mutter, und vergi&#x017F;&#x017F;t, wie manche langweilige<lb/>
Stunde Die&#x017F;e bey &#x017F;einer Wiege, bey Wartung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben in gefa&#x0364;hrlichen Krankheiten, oder bey<lb/>
den kleinen &#x017F;chmutzigen Arbeiten zugebracht,<lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;ich in den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Jahren ihres Le¬<lb/>
bens &#x017F;o manches Vergnu&#x0364;gen ver&#x017F;agt hat, um<lb/>
fu&#x0364;r die Erhaltung und Pflege des kleinen ek¬<lb/>
kelhaften Ge&#x017F;cho&#x0364;pfs zu &#x017F;orgen, das vielleicht,<lb/>
ohne die&#x017F;e Sorgfalt, nicht mehr da &#x017F;eyn wu&#x0364;rde.<lb/>
Die Kinder verge&#x017F;&#x017F;en, wie viel &#x017F;cho&#x0364;ne Stun¬<lb/>
den &#x017F;ie ihren Eltern durch ihr beta&#x0364;ubendes Ge¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chrey<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0138] Ausſchweifungen ihrer Kinder, oder gar, wenn dieſe beſſer ſind als ſie ſelbſt, mit ihren Laſtern, die ſie nicht zu verhehlen trachten, das Geſpoͤtte oder der Abſcheu Derer werden, denen ſie ein lehrreiches Beyſpiel geben ſollten. 3. Es iſt in unſern Tagen nichts ſeltenes, Kinder zu ſehn, die ihre Eltern vernachlaͤſſigen, oder unedel behandeln. Die erſten Bande unter den Menſchen werden immer lockerer, die Juͤnglinge finden ihre Vaͤter nicht weiſe, nicht unterhaltend, nicht aufgeklaͤrt genug. Das Maͤdgen hat Langeweile bey der alten Mutter, und vergiſſt, wie manche langweilige Stunde Dieſe bey ſeiner Wiege, bey Wartung deſſelben in gefaͤhrlichen Krankheiten, oder bey den kleinen ſchmutzigen Arbeiten zugebracht, wie ſie ſich in den ſchoͤnſten Jahren ihres Le¬ bens ſo manches Vergnuͤgen verſagt hat, um fuͤr die Erhaltung und Pflege des kleinen ek¬ kelhaften Geſchoͤpfs zu ſorgen, das vielleicht, ohne dieſe Sorgfalt, nicht mehr da ſeyn wuͤrde. Die Kinder vergeſſen, wie viel ſchoͤne Stun¬ den ſie ihren Eltern durch ihr betaͤubendes Ge¬ ſchrey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/138
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/138>, abgerufen am 19.12.2024.