Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn. scheinlichkeit, nie Gewissheit, am wenigstenZwangrechte begründen; und erdichtete Einwil- ligung (consensus fictus) ist nach dem Völker- recht nicht denkbar. Will ein Staat, aus der an ihn gerichte- So werden gegenseitig, unter unabhängi- a) Für unverbindlich halten mündlich geschlossene Völker- verträge, P. J. Neyron diss. de vi foederum (Goett. 1778. 4.), §. 23, u. Schmalz in s. europ. Völkerrecht, S. 52 f. II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn. scheinlichkeit, nie Gewiſsheit, am wenigstenZwangrechte begründen; und erdichtete Einwil- ligung (consensus fictus) ist nach dem Völker- recht nicht denkbar. Will ein Staat, aus der an ihn gerichte- So werden gegenseitig, unter unabhängi- a) Für unverbindlich halten mündlich geschlossene Völker- verträge, P. J. Neyron diss. de vi foederum (Goett. 1778. 4.), §. 23, u. Schmalz in s. europ. Völkerrecht, S. 52 f. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0232" n="226"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.</hi></fw><lb/> scheinlichkeit, nie Gewiſsheit, am wenigsten<lb/> Zwangrechte begründen; und <hi rendition="#i">erdichtete</hi> Einwil-<lb/> ligung (consensus fictus) ist nach dem Völker-<lb/> recht nicht denkbar.</p><lb/> <p>Will ein Staat, aus der an ihn gerichte-<lb/> ten versprechenden Willenserklärung eines andern<lb/> Staates, ein Recht erwerben, so muſs er die Er-<lb/> klärung <hi rendition="#i">annehmen</hi>. In solchem Fall entsteht,<lb/> durch die wechselseitig erklärte Einwilligung über<lb/> denselben Gegenstand, zwischen beiden ein Ver-<lb/> trag <hi rendition="#i">b</hi>), ein <hi rendition="#i">Völkervertrag</hi> (pactum gentium<lb/> publicum, traité public des gens), so und auch<lb/><hi rendition="#i">Staatsvertrag</hi> im weitern Sinn benannt, weil die<lb/> Contrahenten freie Völker oder Staaten sind <hi rendition="#i">c</hi>).</p><lb/> <p>So werden gegenseitig, unter unabhängi-<lb/> gen Staaten, positive Rechte und Pflichten fest-<lb/> gesetzt. Halbsouveraine oder abhängige Staaten<lb/> (§. 33), haben meist ein eingeschränktes Recht,<lb/> Staatsverträge zu schliessen <hi rendition="#i">d</hi>); und selbst un-<lb/> abhängige Staaten können ihrer Befugniſs, Ver-<lb/> träge zu schliessen, durch Bündnisse mit ein-<lb/> zelnen Mächten Schranken setzen. Einer Staats-<lb/> regierung untergeordnete Individuen und Cor-<lb/> porationen, z. B. Städte, und selbst Land- oder<lb/> Reichsstände, können mit auswärtigen Staaten<lb/> nur Privatverträge schliessen, unter Aufsicht ih-<lb/> res Staates <hi rendition="#i">e</hi>).</p><lb/> <note place="end" n="a)">Für unverbindlich halten <hi rendition="#i">mündlich</hi> geschlossene Völker-<lb/> verträge, P. J. <hi rendition="#k">Neyron</hi> diss. de vi foederum (Goett. 1778.<lb/> 4.), §. 23, u. <hi rendition="#k">Schmalz</hi> in s. europ. Völkerrecht, S. 52 f.</note><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0232]
II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
scheinlichkeit, nie Gewiſsheit, am wenigsten
Zwangrechte begründen; und erdichtete Einwil-
ligung (consensus fictus) ist nach dem Völker-
recht nicht denkbar.
Will ein Staat, aus der an ihn gerichte-
ten versprechenden Willenserklärung eines andern
Staates, ein Recht erwerben, so muſs er die Er-
klärung annehmen. In solchem Fall entsteht,
durch die wechselseitig erklärte Einwilligung über
denselben Gegenstand, zwischen beiden ein Ver-
trag b), ein Völkervertrag (pactum gentium
publicum, traité public des gens), so und auch
Staatsvertrag im weitern Sinn benannt, weil die
Contrahenten freie Völker oder Staaten sind c).
So werden gegenseitig, unter unabhängi-
gen Staaten, positive Rechte und Pflichten fest-
gesetzt. Halbsouveraine oder abhängige Staaten
(§. 33), haben meist ein eingeschränktes Recht,
Staatsverträge zu schliessen d); und selbst un-
abhängige Staaten können ihrer Befugniſs, Ver-
träge zu schliessen, durch Bündnisse mit ein-
zelnen Mächten Schranken setzen. Einer Staats-
regierung untergeordnete Individuen und Cor-
porationen, z. B. Städte, und selbst Land- oder
Reichsstände, können mit auswärtigen Staaten
nur Privatverträge schliessen, unter Aufsicht ih-
res Staates e).
a⁾ Für unverbindlich halten mündlich geschlossene Völker-
verträge, P. J. Neyron diss. de vi foederum (Goett. 1778.
4.), §. 23, u. Schmalz in s. europ. Völkerrecht, S. 52 f.
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