Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.Vorrede. tzen, so muss ein Staatsmann überall zuerst diebesondern Verhältnisse in das Auge fassen, wel- che zwischen den in Betracht kommenden Mäch- ten bestehen. Dieser Grundwahrheit ungeach- tet, sind die allgemeinen Grundsätze von gröss- ter Wichtigkeit, und zu keiner Zeit sollte das Studium derselben, von denen, welche die di- plomatische Laufbahn wählen, vernachlässigt werden. Unstreitig kann hier die Rede nur davon Vorrede. tzen, so muſs ein Staatsmann überall zuerst diebesondern Verhältnisse in das Auge fassen, wel- che zwischen den in Betracht kommenden Mäch- ten bestehen. Dieser Grundwahrheit ungeach- tet, sind die allgemeinen Grundsätze von gröſs- ter Wichtigkeit, und zu keiner Zeit sollte das Studium derselben, von denen, welche die di- plomatische Laufbahn wählen, vernachlässigt werden. Unstreitig kann hier die Rede nur davon <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi></fw><lb/> tzen, so muſs ein Staatsmann überall zuerst die<lb/> besondern Verhältnisse in das Auge fassen, wel-<lb/> che zwischen den in Betracht kommenden Mäch-<lb/> ten bestehen. Dieser Grundwahrheit ungeach-<lb/> tet, sind die allgemeinen Grundsätze von gröſs-<lb/> ter Wichtigkeit, und zu keiner Zeit sollte das<lb/> Studium derselben, von denen, welche die di-<lb/> plomatische Laufbahn wählen, vernachlässigt<lb/> werden.</p><lb/> <p>Unstreitig kann hier die Rede nur davon<lb/> seyn, was, dem Rechtsgesetz zufolge, unter<lb/> freien Völkern beobachtet werden <hi rendition="#i">soll.</hi> Aber<lb/> verhelen kann man sich nicht, daſs es Fälle<lb/> giebt, wo Uebermacht eines oder mehrerer<lb/> Staaten, oder ausserordentliche Ereignisse, ge-<lb/> bieterisch Schritte begünstigt haben, wofür man<lb/> einen zureichenden Grund in dem Völkerrecht<lb/> vergebens suchen würde. Indeſs ist darum<lb/> nicht minder wichtig, die <hi rendition="#i">Rechte</hi> der Nationen<lb/> zu kennen; denn was wirklich recht ist, wird<lb/> zuverlässig einst als solches anerkannt werden;<lb/> und überdieſs vermag keine Macht, durch will-<lb/> kührliches Benehmen, der Würde des Völker-<lb/> rechtes etwas zu vergeben. Dem Unrecht hul-<lb/> digen, die zerstörenden Maximen einer solchen<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [8/0014]
Vorrede.
tzen, so muſs ein Staatsmann überall zuerst die
besondern Verhältnisse in das Auge fassen, wel-
che zwischen den in Betracht kommenden Mäch-
ten bestehen. Dieser Grundwahrheit ungeach-
tet, sind die allgemeinen Grundsätze von gröſs-
ter Wichtigkeit, und zu keiner Zeit sollte das
Studium derselben, von denen, welche die di-
plomatische Laufbahn wählen, vernachlässigt
werden.
Unstreitig kann hier die Rede nur davon
seyn, was, dem Rechtsgesetz zufolge, unter
freien Völkern beobachtet werden soll. Aber
verhelen kann man sich nicht, daſs es Fälle
giebt, wo Uebermacht eines oder mehrerer
Staaten, oder ausserordentliche Ereignisse, ge-
bieterisch Schritte begünstigt haben, wofür man
einen zureichenden Grund in dem Völkerrecht
vergebens suchen würde. Indeſs ist darum
nicht minder wichtig, die Rechte der Nationen
zu kennen; denn was wirklich recht ist, wird
zuverlässig einst als solches anerkannt werden;
und überdieſs vermag keine Macht, durch will-
kührliches Benehmen, der Würde des Völker-
rechtes etwas zu vergeben. Dem Unrecht hul-
digen, die zerstörenden Maximen einer solchen
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