b) Der französische Code d'instruction criminelle, art. 5. 6., erstreckt auf diesen Fall auch das Strafrecht des französischen Staates.
§. 62. Fortsetzung.
II) Rechtsverletzungen, welche innerhalb unsers Staatsgebietes sind begangen worden, von Einheimischen oder Fremden, 1) gegen Unter- thanen anderer Staaten, ist unser Staat nach sei- nen Strafgesetzen zu bestrafen befugt und ver- pflichtet; denn der Beleidigte stand unter seinem Schutz, und der Verbrecher als temporärer Un- terthan unter seinen Strafgesetzen. Ohne Ver- stoss wider die Unabhängigkeit unsers Staates, kann ein anderer Staat, gleichviel ob ihm der Verbrecher angehört oder nicht, dessen Ausliese- rung zur Bestrafung nicht verlangen. Ist die Rechts- verletzung 2) gegen einen andern Staat, als solchen, begangen, z. B. durch Nachprägung seiner Münzen, Verschwörung, Schmähschriften, ehrenrührige bild- liche Darstellungen u. d., so ist unser Staat ver- pflichtet, demselben, auf Verlangen, Genug- thuung zu verschaffen, so weit eine solche mög- lich ist: Strafe kann er aber desshalb, da der Be- leidigte nicht unter seinem Schutz steht, nur dann verfügen, wenn seine Strafgesetze auch wider diese Art von Vergehen gerichtet sind, und wenn darin eine solche Verletzung der durch das Völ- kerrecht garantirten Sicherheit, als Verbrechen wider den eigenen Staat betrachtet wird a).
II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
b) Der französische Code d’instruction criminelle, art. 5. 6., erstreckt auf diesen Fall auch das Strafrecht des französischen Staates.
§. 62. Fortsetzung.
II) Rechtsverletzungen, welche innerhalb unsers Staatsgebietes sind begangen worden, von Einheimischen oder Fremden, 1) gegen Unter- thanen anderer Staaten, ist unser Staat nach sei- nen Strafgesetzen zu bestrafen befugt und ver- pflichtet; denn der Beleidigte stand unter seinem Schutz, und der Verbrecher als temporärer Un- terthan unter seinen Strafgesetzen. Ohne Ver- stoſs wider die Unabhängigkeit unsers Staates, kann ein anderer Staat, gleichviel ob ihm der Verbrecher angehört oder nicht, dessen Ausliese- rung zur Bestrafung nicht verlangen. Ist die Rechts- verletzung 2) gegen einen andern Staat, als solchen, begangen, z. B. durch Nachprägung seiner Münzen, Verschwörung, Schmähschriften, ehrenrührige bild- liche Darstellungen u. d., so ist unser Staat ver- pflichtet, demselben, auf Verlangen, Genug- thuung zu verschaffen, so weit eine solche mög- lich ist: Strafe kann er aber deſshalb, da der Be- leidigte nicht unter seinem Schutz steht, nur dann verfügen, wenn seine Strafgesetze auch wider diese Art von Vergehen gerichtet sind, und wenn darin eine solche Verletzung der durch das Völ- kerrecht garantirten Sicherheit, als Verbrechen wider den eigenen Staat betrachtet wird a).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0113"n="107"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.</hi></fw><lb/><noteplace="end"n="b)">Der französische Code d’instruction criminelle, art. 5. 6.,<lb/>
erstreckt auf diesen Fall auch das <hirendition="#i">Strafrecht</hi> des französischen<lb/>
Staates.</note></div><lb/><divn="5"><head>§. 62.<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">Fortsetzung</hi></hi>.</head><lb/><p>II) Rechtsverletzungen, welche <hirendition="#i">innerhalb<lb/>
unsers Staatsgebietes</hi> sind begangen worden, von<lb/>
Einheimischen oder Fremden, 1) gegen <hirendition="#i">Unter-<lb/>
thanen anderer Staaten</hi>, ist unser Staat nach sei-<lb/>
nen Strafgesetzen zu <hirendition="#i">bestrafen</hi> befugt und ver-<lb/>
pflichtet; denn der Beleidigte stand unter seinem<lb/>
Schutz, und der Verbrecher als temporärer Un-<lb/>
terthan unter seinen Strafgesetzen. Ohne Ver-<lb/>
stoſs wider die Unabhängigkeit unsers Staates,<lb/>
kann ein anderer Staat, gleichviel ob ihm der<lb/>
Verbrecher angehört oder nicht, dessen Ausliese-<lb/>
rung zur Bestrafung nicht verlangen. Ist die Rechts-<lb/>
verletzung 2) gegen einen <hirendition="#i">andern Staat</hi>, als solchen,<lb/>
begangen, z. B. durch Nachprägung seiner Münzen,<lb/>
Verschwörung, Schmähschriften, ehrenrührige bild-<lb/>
liche Darstellungen u. d., so ist unser Staat ver-<lb/>
pflichtet, demselben, auf Verlangen, <hirendition="#i">Genug-<lb/>
thuung</hi> zu verschaffen, so weit eine solche mög-<lb/>
lich ist: Strafe kann er aber deſshalb, da der Be-<lb/>
leidigte nicht unter seinem Schutz steht, nur dann<lb/>
verfügen, wenn seine Strafgesetze auch wider<lb/>
diese Art von Vergehen gerichtet sind, und wenn<lb/>
darin eine solche Verletzung der durch das Völ-<lb/>
kerrecht garantirten Sicherheit, als Verbrechen<lb/>
wider den eigenen Staat betrachtet wird <hirendition="#i">a</hi>).</p><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[107/0113]
II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
b⁾ Der französische Code d’instruction criminelle, art. 5. 6.,
erstreckt auf diesen Fall auch das Strafrecht des französischen
Staates.
§. 62.
Fortsetzung.
II) Rechtsverletzungen, welche innerhalb
unsers Staatsgebietes sind begangen worden, von
Einheimischen oder Fremden, 1) gegen Unter-
thanen anderer Staaten, ist unser Staat nach sei-
nen Strafgesetzen zu bestrafen befugt und ver-
pflichtet; denn der Beleidigte stand unter seinem
Schutz, und der Verbrecher als temporärer Un-
terthan unter seinen Strafgesetzen. Ohne Ver-
stoſs wider die Unabhängigkeit unsers Staates,
kann ein anderer Staat, gleichviel ob ihm der
Verbrecher angehört oder nicht, dessen Ausliese-
rung zur Bestrafung nicht verlangen. Ist die Rechts-
verletzung 2) gegen einen andern Staat, als solchen,
begangen, z. B. durch Nachprägung seiner Münzen,
Verschwörung, Schmähschriften, ehrenrührige bild-
liche Darstellungen u. d., so ist unser Staat ver-
pflichtet, demselben, auf Verlangen, Genug-
thuung zu verschaffen, so weit eine solche mög-
lich ist: Strafe kann er aber deſshalb, da der Be-
leidigte nicht unter seinem Schutz steht, nur dann
verfügen, wenn seine Strafgesetze auch wider
diese Art von Vergehen gerichtet sind, und wenn
darin eine solche Verletzung der durch das Völ-
kerrecht garantirten Sicherheit, als Verbrechen
wider den eigenen Staat betrachtet wird a).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/113>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.