Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Wissenschaftliche Entdeckungen.
die von ihnen entdeckten Gesetze nicht bloss das Wissen des
Menschen erweitern, sondern auch durch die mittelbare An-
wendung, welche sie in allen Zweigen der Industrie gefunden,
die materielle Production gehoben und die Herrschaft des
Menschen über die Dinge der leblosen Natur wesentlich erwei-
tert haben. Gleichwohl konnte ihnen kein Antheil an diesen
materiellen Früchten ihrer Thätigkeit zuwachsen, weil ihre
Entdeckungen keine unmittelbare practische Verwendung finden
konnten und deshalb ihren Urhebern keine vermögensrechtliche
Nutzung gewährten.

Wenn nun gegen die Begründung des Patentschutzes ein-
gewendet wird, dass diese Einrichtung gerade die grössten Er-
findungen des menschlichen Geistes unbeschützt und unbelohnt
lasse, so wird dabei einfach übersehen, dass die Patentgesetz-
gebung einer Erfindung, die keinen Tauschwerth hat, wie die
Gesetze der Schwere oder des freien Falles, auch keinen Ver-
mögenswerth beilegen kann, und dass ihre Aufgabe nur darin
besteht, der gewerbsmässigen Erfindung, welche einen vermö-
gensrechtlichen Gewinn anstrebt, die Realisirung dieses Gewin-
nes möglich zu machen. Der Forscher auf dem Gebiete der
Wissenschaft erleidet dadurch keinen Abbruch, dass dem ge-
werblichen Erfinder die Früchte seiner Arbeit gesichert werden;
und will man jenen Heroen der Wissenschaft ebenfalls den ma-
teriellen Lohn ihrer Geistesarbeit mit freigebigerer Hand ge-
währen als bisher1), so möge man ihnen jene Nationalbeloh-
nungen zuwenden, welche man neuerdings dem gewerblichen
Erfinder als Ersatz für den Patentschutz in Aussicht stellen
möchte.

Auch diejenigen Erfindungen, welche einen vermögens-
rechtlichen Gewinn gewähren, können nicht sämmtlich Gegen-
stände von Erfindungspatenten werden. Der Patentschutz ist

1) Unter den gelehrten Berufsklassen werden gegenwärtig die
hervorragenden Naturforscher am höchsten für ihre Dienstleistungen
bezahlt Die Lehrstühle der Chemie sind an einzelnen preussischen
Universitäten bis zu 10000 Thlr. jährlich dotirt. Gleichwohl müssen
auch verdiente Gelehrte nicht selten mit Mangel kämpfen, während der
Erfinder und Fabrikant des bekannten Malzextractes aus seiner Industrie
ein Vermögen von 5 Millionen Thaler erworben haben soll. (Köln.
Zeitung 1867. Nro. 279.)

Wissenschaftliche Entdeckungen.
die von ihnen entdeckten Gesetze nicht bloss das Wissen des
Menschen erweitern, sondern auch durch die mittelbare An-
wendung, welche sie in allen Zweigen der Industrie gefunden,
die materielle Production gehoben und die Herrschaft des
Menschen über die Dinge der leblosen Natur wesentlich erwei-
tert haben. Gleichwohl konnte ihnen kein Antheil an diesen
materiellen Früchten ihrer Thätigkeit zuwachsen, weil ihre
Entdeckungen keine unmittelbare practische Verwendung finden
konnten und deshalb ihren Urhebern keine vermögensrechtliche
Nutzung gewährten.

Wenn nun gegen die Begründung des Patentschutzes ein-
gewendet wird, dass diese Einrichtung gerade die grössten Er-
findungen des menschlichen Geistes unbeschützt und unbelohnt
lasse, so wird dabei einfach übersehen, dass die Patentgesetz-
gebung einer Erfindung, die keinen Tauschwerth hat, wie die
Gesetze der Schwere oder des freien Falles, auch keinen Ver-
mögenswerth beilegen kann, und dass ihre Aufgabe nur darin
besteht, der gewerbsmässigen Erfindung, welche einen vermö-
gensrechtlichen Gewinn anstrebt, die Realisirung dieses Gewin-
nes möglich zu machen. Der Forscher auf dem Gebiete der
Wissenschaft erleidet dadurch keinen Abbruch, dass dem ge-
werblichen Erfinder die Früchte seiner Arbeit gesichert werden;
und will man jenen Heroen der Wissenschaft ebenfalls den ma-
teriellen Lohn ihrer Geistesarbeit mit freigebigerer Hand ge-
währen als bisher1), so möge man ihnen jene Nationalbeloh-
nungen zuwenden, welche man neuerdings dem gewerblichen
Erfinder als Ersatz für den Patentschutz in Aussicht stellen
möchte.

Auch diejenigen Erfindungen, welche einen vermögens-
rechtlichen Gewinn gewähren, können nicht sämmtlich Gegen-
stände von Erfindungspatenten werden. Der Patentschutz ist

1) Unter den gelehrten Berufsklassen werden gegenwärtig die
hervorragenden Naturforscher am höchsten für ihre Dienstleistungen
bezahlt Die Lehrstühle der Chemie sind an einzelnen preussischen
Universitäten bis zu 10000 Thlr. jährlich dotirt. Gleichwohl müssen
auch verdiente Gelehrte nicht selten mit Mangel kämpfen, während der
Erfinder und Fabrikant des bekannten Malzextractes aus seiner Industrie
ein Vermögen von 5 Millionen Thaler erworben haben soll. (Köln.
Zeitung 1867. Nro. 279.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0040" n="13"/><fw place="top" type="header">Wissenschaftliche Entdeckungen.</fw><lb/>
die von ihnen entdeckten Gesetze nicht bloss das Wissen des<lb/>
Menschen erweitern, sondern auch durch die mittelbare An-<lb/>
wendung, welche sie in allen Zweigen der Industrie gefunden,<lb/>
die materielle Production gehoben und die Herrschaft des<lb/>
Menschen über die Dinge der leblosen Natur wesentlich erwei-<lb/>
tert haben. Gleichwohl konnte ihnen kein Antheil an diesen<lb/>
materiellen Früchten ihrer Thätigkeit zuwachsen, weil ihre<lb/>
Entdeckungen keine unmittelbare practische Verwendung finden<lb/>
konnten und deshalb ihren Urhebern keine vermögensrechtliche<lb/>
Nutzung gewährten.</p><lb/>
            <p>Wenn nun gegen die Begründung des Patentschutzes ein-<lb/>
gewendet wird, dass diese Einrichtung gerade die grössten Er-<lb/>
findungen des menschlichen Geistes unbeschützt und unbelohnt<lb/>
lasse, so wird dabei einfach übersehen, dass die Patentgesetz-<lb/>
gebung einer Erfindung, die keinen Tauschwerth hat, wie die<lb/>
Gesetze der Schwere oder des freien Falles, auch keinen Ver-<lb/>
mögenswerth beilegen kann, und dass ihre Aufgabe nur darin<lb/>
besteht, der gewerbsmässigen Erfindung, welche einen vermö-<lb/>
gensrechtlichen Gewinn anstrebt, die Realisirung dieses Gewin-<lb/>
nes möglich zu machen. Der Forscher auf dem Gebiete der<lb/>
Wissenschaft erleidet dadurch keinen Abbruch, dass dem ge-<lb/>
werblichen Erfinder die Früchte seiner Arbeit gesichert werden;<lb/>
und will man jenen Heroen der Wissenschaft ebenfalls den ma-<lb/>
teriellen Lohn ihrer Geistesarbeit mit freigebigerer Hand ge-<lb/>
währen als bisher<note place="foot" n="1)">Unter den gelehrten Berufsklassen werden gegenwärtig die<lb/>
hervorragenden Naturforscher am höchsten für ihre Dienstleistungen<lb/>
bezahlt Die Lehrstühle der Chemie sind an einzelnen preussischen<lb/>
Universitäten bis zu 10000 Thlr. jährlich dotirt. Gleichwohl müssen<lb/>
auch verdiente Gelehrte nicht selten mit Mangel kämpfen, während der<lb/>
Erfinder und Fabrikant des bekannten Malzextractes aus seiner Industrie<lb/>
ein Vermögen von 5 Millionen Thaler erworben haben soll. (Köln.<lb/>
Zeitung 1867. Nro. 279.)</note>, so möge man ihnen jene Nationalbeloh-<lb/>
nungen zuwenden, welche man neuerdings dem gewerblichen<lb/>
Erfinder als Ersatz für den Patentschutz in Aussicht stellen<lb/>
möchte.</p><lb/>
            <p>Auch diejenigen Erfindungen, welche einen vermögens-<lb/>
rechtlichen Gewinn gewähren, können nicht sämmtlich Gegen-<lb/>
stände von Erfindungspatenten werden. Der Patentschutz ist<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0040] Wissenschaftliche Entdeckungen. die von ihnen entdeckten Gesetze nicht bloss das Wissen des Menschen erweitern, sondern auch durch die mittelbare An- wendung, welche sie in allen Zweigen der Industrie gefunden, die materielle Production gehoben und die Herrschaft des Menschen über die Dinge der leblosen Natur wesentlich erwei- tert haben. Gleichwohl konnte ihnen kein Antheil an diesen materiellen Früchten ihrer Thätigkeit zuwachsen, weil ihre Entdeckungen keine unmittelbare practische Verwendung finden konnten und deshalb ihren Urhebern keine vermögensrechtliche Nutzung gewährten. Wenn nun gegen die Begründung des Patentschutzes ein- gewendet wird, dass diese Einrichtung gerade die grössten Er- findungen des menschlichen Geistes unbeschützt und unbelohnt lasse, so wird dabei einfach übersehen, dass die Patentgesetz- gebung einer Erfindung, die keinen Tauschwerth hat, wie die Gesetze der Schwere oder des freien Falles, auch keinen Ver- mögenswerth beilegen kann, und dass ihre Aufgabe nur darin besteht, der gewerbsmässigen Erfindung, welche einen vermö- gensrechtlichen Gewinn anstrebt, die Realisirung dieses Gewin- nes möglich zu machen. Der Forscher auf dem Gebiete der Wissenschaft erleidet dadurch keinen Abbruch, dass dem ge- werblichen Erfinder die Früchte seiner Arbeit gesichert werden; und will man jenen Heroen der Wissenschaft ebenfalls den ma- teriellen Lohn ihrer Geistesarbeit mit freigebigerer Hand ge- währen als bisher 1), so möge man ihnen jene Nationalbeloh- nungen zuwenden, welche man neuerdings dem gewerblichen Erfinder als Ersatz für den Patentschutz in Aussicht stellen möchte. Auch diejenigen Erfindungen, welche einen vermögens- rechtlichen Gewinn gewähren, können nicht sämmtlich Gegen- stände von Erfindungspatenten werden. Der Patentschutz ist 1) Unter den gelehrten Berufsklassen werden gegenwärtig die hervorragenden Naturforscher am höchsten für ihre Dienstleistungen bezahlt Die Lehrstühle der Chemie sind an einzelnen preussischen Universitäten bis zu 10000 Thlr. jährlich dotirt. Gleichwohl müssen auch verdiente Gelehrte nicht selten mit Mangel kämpfen, während der Erfinder und Fabrikant des bekannten Malzextractes aus seiner Industrie ein Vermögen von 5 Millionen Thaler erworben haben soll. (Köln. Zeitung 1867. Nro. 279.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/40
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/40>, abgerufen am 25.11.2024.