Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Thatbestand der Nachbildung. -- Schadensersatz.
bricate nachgeahmt wird. Daher ist die Nachahmung von ge-
wirkten Mustern durch den Zeugdruck und die Nachahmung
von Zeugmustern durch den Tapetendruck und umgekehrt
unter dem gesetzlichen Verbote begriffen. Nur in Bezug auf
die Entschädigung ist es dem Richter erlaubt, Gewicht darauf
zu legen, ob die Nachbildung in gleichartigen oder verschie-
denen Gewerben stattgefunden hat, da jene ihrer Natur nach
dem Berechtigten einen grösseren Nachtheil zufügen muss,
als diese1).

Die unbefugte Nachbildung geschützter Waarenmuster
begründet nur einen Anspruch auf Schadensersatz. Eine Strafe
ist in den Decreten von 1806 und 1811 nicht angedroht.

Die Französische Jurisprudenz wendet allerdings vielfach
die Bestimmungen der Art. 425 bis 429 des Code penal auf
die Nachahmung von Waarenmustern an und behandelt die-
selbe als ein mit dem Nachdrucke von Schriften oder der
Nachbildung von Kunstwerken gleichartiges Vergehen. Diese
Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut des Art. 425 cit.
ausgeschlossen, welcher bestimmt:

Jede Ausgabe von Schriften, musikalischen Compositionen,
Zeichnungen, Malereien oder andern Erzeugnissen, welche
den auf das Eigenthum der Verfasser bezüglichen Gesetzen
und Verordnungen zuwider ganz oder zum Theil gedruckt
oder gestochen wird, ist eine Nachbildung, und jede Nach-
bildung ist ein Vergehen.

Unter dem Ausdruck Zeichnungen (dessins) sind in der
vorstehenden Bestimmung offenbar nicht Waarenmuster, son-
dern Werke der zeichnenden Kunst verstanden, welche zur
Vervielfältigung durch den Druck, nicht zur Anwendung in den
Gewerben bestimmt sind2).

Der Rheinische Revisions- und Cassationshof hat daher
in dem oben S. 364 angeführten Urtheile mit Recht ausgeführt,
dass auf den Musterschutz weder die Bestimmungen der Nach-
druckgesetze noch die Art. 425--427 des Code penal Anwen-
dung finden. Wenn übrigens nach Französischem Rechte da-

1) Stuve a. a. O. S. 41.
2) A. M. sind Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 42 f. und
Calmels, De la propriete et de la contrefacon p. 631 f.

Thatbestand der Nachbildung. — Schadensersatz.
bricate nachgeahmt wird. Daher ist die Nachahmung von ge-
wirkten Mustern durch den Zeugdruck und die Nachahmung
von Zeugmustern durch den Tapetendruck und umgekehrt
unter dem gesetzlichen Verbote begriffen. Nur in Bezug auf
die Entschädigung ist es dem Richter erlaubt, Gewicht darauf
zu legen, ob die Nachbildung in gleichartigen oder verschie-
denen Gewerben stattgefunden hat, da jene ihrer Natur nach
dem Berechtigten einen grösseren Nachtheil zufügen muss,
als diese1).

Die unbefugte Nachbildung geschützter Waarenmuster
begründet nur einen Anspruch auf Schadensersatz. Eine Strafe
ist in den Decreten von 1806 und 1811 nicht angedroht.

Die Französische Jurisprudenz wendet allerdings vielfach
die Bestimmungen der Art. 425 bis 429 des Code pénal auf
die Nachahmung von Waarenmustern an und behandelt die-
selbe als ein mit dem Nachdrucke von Schriften oder der
Nachbildung von Kunstwerken gleichartiges Vergehen. Diese
Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut des Art. 425 cit.
ausgeschlossen, welcher bestimmt:

Jede Ausgabe von Schriften, musikalischen Compositionen,
Zeichnungen, Malereien oder andern Erzeugnissen, welche
den auf das Eigenthum der Verfasser bezüglichen Gesetzen
und Verordnungen zuwider ganz oder zum Theil gedruckt
oder gestochen wird, ist eine Nachbildung, und jede Nach-
bildung ist ein Vergehen.

Unter dem Ausdruck Zeichnungen (dessins) sind in der
vorstehenden Bestimmung offenbar nicht Waarenmuster, son-
dern Werke der zeichnenden Kunst verstanden, welche zur
Vervielfältigung durch den Druck, nicht zur Anwendung in den
Gewerben bestimmt sind2).

Der Rheinische Revisions- und Cassationshof hat daher
in dem oben S. 364 angeführten Urtheile mit Recht ausgeführt,
dass auf den Musterschutz weder die Bestimmungen der Nach-
druckgesetze noch die Art. 425—427 des Code pénal Anwen-
dung finden. Wenn übrigens nach Französischem Rechte da-

1) Stuve a. a. O. S. 41.
2) A. M. sind Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 42 f. und
Calmels, De la propriété et de la contrefaçon p. 631 f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0398" n="371"/><fw place="top" type="header">Thatbestand der Nachbildung. &#x2014; Schadensersatz.</fw><lb/>
bricate nachgeahmt wird. Daher ist die Nachahmung von ge-<lb/>
wirkten Mustern durch den Zeugdruck und die Nachahmung<lb/>
von Zeugmustern durch den Tapetendruck und umgekehrt<lb/>
unter dem gesetzlichen Verbote begriffen. Nur in Bezug auf<lb/>
die Entschädigung ist es dem Richter erlaubt, Gewicht darauf<lb/>
zu legen, ob die Nachbildung in gleichartigen oder verschie-<lb/>
denen Gewerben stattgefunden hat, da jene ihrer Natur nach<lb/>
dem Berechtigten einen grösseren Nachtheil zufügen muss,<lb/>
als diese<note place="foot" n="1)">Stuve a. a. O. S. 41.</note>.</p><lb/>
            <p>Die unbefugte Nachbildung geschützter Waarenmuster<lb/>
begründet nur einen Anspruch auf Schadensersatz. Eine Strafe<lb/>
ist in den Decreten von 1806 und 1811 nicht angedroht.</p><lb/>
            <p>Die Französische Jurisprudenz wendet allerdings vielfach<lb/>
die Bestimmungen der Art. 425 bis 429 des Code pénal auf<lb/>
die Nachahmung von Waarenmustern an und behandelt die-<lb/>
selbe als ein mit dem Nachdrucke von Schriften oder der<lb/>
Nachbildung von Kunstwerken gleichartiges Vergehen. Diese<lb/>
Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut des Art. 425 cit.<lb/>
ausgeschlossen, welcher bestimmt:</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Jede Ausgabe von Schriften, musikalischen Compositionen,<lb/>
Zeichnungen, Malereien oder andern Erzeugnissen, welche<lb/>
den auf das Eigenthum der Verfasser bezüglichen Gesetzen<lb/>
und Verordnungen zuwider ganz oder zum Theil gedruckt<lb/>
oder gestochen wird, ist eine Nachbildung, und jede Nach-<lb/>
bildung ist ein Vergehen.</hi> </p><lb/>
            <p>Unter dem Ausdruck Zeichnungen <hi rendition="#i">(dessins)</hi> sind in der<lb/>
vorstehenden Bestimmung offenbar nicht Waarenmuster, son-<lb/>
dern Werke der zeichnenden Kunst verstanden, welche zur<lb/>
Vervielfältigung durch den Druck, nicht zur Anwendung in den<lb/>
Gewerben bestimmt sind<note place="foot" n="2)">A. M. sind Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 42 f. und<lb/>
Calmels, De la propriété et de la contrefaçon p. 631 f.</note>.</p><lb/>
            <p>Der Rheinische Revisions- und Cassationshof hat daher<lb/>
in dem oben S. 364 angeführten Urtheile mit Recht ausgeführt,<lb/>
dass auf den Musterschutz weder die Bestimmungen der Nach-<lb/>
druckgesetze noch die Art. 425&#x2014;427 des Code pénal Anwen-<lb/>
dung finden. Wenn übrigens nach Französischem Rechte da-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0398] Thatbestand der Nachbildung. — Schadensersatz. bricate nachgeahmt wird. Daher ist die Nachahmung von ge- wirkten Mustern durch den Zeugdruck und die Nachahmung von Zeugmustern durch den Tapetendruck und umgekehrt unter dem gesetzlichen Verbote begriffen. Nur in Bezug auf die Entschädigung ist es dem Richter erlaubt, Gewicht darauf zu legen, ob die Nachbildung in gleichartigen oder verschie- denen Gewerben stattgefunden hat, da jene ihrer Natur nach dem Berechtigten einen grösseren Nachtheil zufügen muss, als diese 1). Die unbefugte Nachbildung geschützter Waarenmuster begründet nur einen Anspruch auf Schadensersatz. Eine Strafe ist in den Decreten von 1806 und 1811 nicht angedroht. Die Französische Jurisprudenz wendet allerdings vielfach die Bestimmungen der Art. 425 bis 429 des Code pénal auf die Nachahmung von Waarenmustern an und behandelt die- selbe als ein mit dem Nachdrucke von Schriften oder der Nachbildung von Kunstwerken gleichartiges Vergehen. Diese Auslegung wird jedoch durch den Wortlaut des Art. 425 cit. ausgeschlossen, welcher bestimmt: Jede Ausgabe von Schriften, musikalischen Compositionen, Zeichnungen, Malereien oder andern Erzeugnissen, welche den auf das Eigenthum der Verfasser bezüglichen Gesetzen und Verordnungen zuwider ganz oder zum Theil gedruckt oder gestochen wird, ist eine Nachbildung, und jede Nach- bildung ist ein Vergehen. Unter dem Ausdruck Zeichnungen (dessins) sind in der vorstehenden Bestimmung offenbar nicht Waarenmuster, son- dern Werke der zeichnenden Kunst verstanden, welche zur Vervielfältigung durch den Druck, nicht zur Anwendung in den Gewerben bestimmt sind 2). Der Rheinische Revisions- und Cassationshof hat daher in dem oben S. 364 angeführten Urtheile mit Recht ausgeführt, dass auf den Musterschutz weder die Bestimmungen der Nach- druckgesetze noch die Art. 425—427 des Code pénal Anwen- dung finden. Wenn übrigens nach Französischem Rechte da- 1) Stuve a. a. O. S. 41. 2) A. M. sind Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 42 f. und Calmels, De la propriété et de la contrefaçon p. 631 f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/398
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/398>, abgerufen am 19.05.2024.