den Musterschutz keine Anwendung finde, sondern lediglich die Decrete vom 8. März 1806 und vom 3. Dezember 1811.
Es kommt also nach der Praxis der rheinpreussischen Gerichtshöfe darauf an, ob eine Fabrikform unter den Begriff des Waarenmusters im Sinne jener Decrete subsummirt wer- den könne und dies wird von der Praxis im Allgemeinen bejaht.
Die Bedingungen der Erwerbung des Musterschutzes sind theils materielle: Die Neuheit und Originalität der Erfindung; theils formelle: die Hinterlegung der Probe.
Damit ein Waarenmuster Gegenstand des Rechtschutzes werde, ist es erforderlich, dass es die Eigenschaft eines neuen und originalen Musters besitze. Diese Eigenschaft ist juristisch nur negativ zu definiren. Da nämlich jedes Muster aus einer Zusammenstellung von Linien und Farben besteht, die jede für sich schon bekannt waren, so kann das Erforderniss nur dahin verstanden werden, dass das Muster in seiner Gesammt- heit früher noch nicht vorhanden war. Die Beantwortung die- ser Frage hängt nun im einzelnen Falle theils von den techni- schen Regeln der betreffenden Fabrikation, theils von den Regeln des Geschmackes ab, welche unterscheiden lassen, was in einer neuen Zusammenstellung von Formen als originale Erfindung und was als gleichgültige Variation anzusehen ist.
Ein neues Muster kann durch eine einfache Combination von Figuren dargestellt werden, deren Zusammenstellung in der Zeichnung nichts Eigenthümliches bieten würde, vorausge- setzt, dass die Verschiedenheit des Gewebes dem Ganzen einen eigenthümlichen Charakter gibt. So erkannte der Appelhof von Lyon, dass die einfache Zusammenstellung von an sich bekannten Formen des Gewebes, wie z. B. von Atlas und Sammt auf Bändern ein geschütztes Waarenmuster darstellen könne. Hier liegt also die Originalität des Musters nicht in der Zeichnung, sondern in der Eigenthümlichkeit der Technik, welche der an sich einfachen Zusammenstellung einen beson- dern Charakter gibt. Abgesehen von diesem Falle gilt indess die Regel, dass ein bereits bekanntes Waarenmuster nicht da- durch in seiner Natur verändert wird, dass dasselbe auf eine andre Art der Fabrication übertragen wird.
Das Gegentheil ist angenommen in einem Urtheil des Pariser Appelhofes vom 26. Juni 1837 in Sachen Marguerie
Fabrikformen. — Originalität.
den Musterschutz keine Anwendung finde, sondern lediglich die Decrete vom 8. März 1806 und vom 3. Dezember 1811.
Es kommt also nach der Praxis der rheinpreussischen Gerichtshöfe darauf an, ob eine Fabrikform unter den Begriff des Waarenmusters im Sinne jener Decrete subsummirt wer- den könne und dies wird von der Praxis im Allgemeinen bejaht.
Die Bedingungen der Erwerbung des Musterschutzes sind theils materielle: Die Neuheit und Originalität der Erfindung; theils formelle: die Hinterlegung der Probe.
Damit ein Waarenmuster Gegenstand des Rechtschutzes werde, ist es erforderlich, dass es die Eigenschaft eines neuen und originalen Musters besitze. Diese Eigenschaft ist juristisch nur negativ zu definiren. Da nämlich jedes Muster aus einer Zusammenstellung von Linien und Farben besteht, die jede für sich schon bekannt waren, so kann das Erforderniss nur dahin verstanden werden, dass das Muster in seiner Gesammt- heit früher noch nicht vorhanden war. Die Beantwortung die- ser Frage hängt nun im einzelnen Falle theils von den techni- schen Regeln der betreffenden Fabrikation, theils von den Regeln des Geschmackes ab, welche unterscheiden lassen, was in einer neuen Zusammenstellung von Formen als originale Erfindung und was als gleichgültige Variation anzusehen ist.
Ein neues Muster kann durch eine einfache Combination von Figuren dargestellt werden, deren Zusammenstellung in der Zeichnung nichts Eigenthümliches bieten würde, vorausge- setzt, dass die Verschiedenheit des Gewebes dem Ganzen einen eigenthümlichen Charakter gibt. So erkannte der Appelhof von Lyon, dass die einfache Zusammenstellung von an sich bekannten Formen des Gewebes, wie z. B. von Atlas und Sammt auf Bändern ein geschütztes Waarenmuster darstellen könne. Hier liegt also die Originalität des Musters nicht in der Zeichnung, sondern in der Eigenthümlichkeit der Technik, welche der an sich einfachen Zusammenstellung einen beson- dern Charakter gibt. Abgesehen von diesem Falle gilt indess die Regel, dass ein bereits bekanntes Waarenmuster nicht da- durch in seiner Natur verändert wird, dass dasselbe auf eine andre Art der Fabrication übertragen wird.
Das Gegentheil ist angenommen in einem Urtheil des Pariser Appelhofes vom 26. Juni 1837 in Sachen Marguerie
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Fabrikformen. — Originalität.
den Musterschutz keine Anwendung finde, sondern lediglich
die Decrete vom 8. März 1806 und vom 3. Dezember 1811.
Es kommt also nach der Praxis der rheinpreussischen
Gerichtshöfe darauf an, ob eine Fabrikform unter den Begriff
des Waarenmusters im Sinne jener Decrete subsummirt wer-
den könne und dies wird von der Praxis im Allgemeinen
bejaht.
Die Bedingungen der Erwerbung des Musterschutzes sind
theils materielle: Die Neuheit und Originalität der Erfindung;
theils formelle: die Hinterlegung der Probe.
Damit ein Waarenmuster Gegenstand des Rechtschutzes
werde, ist es erforderlich, dass es die Eigenschaft eines neuen
und originalen Musters besitze. Diese Eigenschaft ist juristisch
nur negativ zu definiren. Da nämlich jedes Muster aus einer
Zusammenstellung von Linien und Farben besteht, die jede
für sich schon bekannt waren, so kann das Erforderniss nur
dahin verstanden werden, dass das Muster in seiner Gesammt-
heit früher noch nicht vorhanden war. Die Beantwortung die-
ser Frage hängt nun im einzelnen Falle theils von den techni-
schen Regeln der betreffenden Fabrikation, theils von den
Regeln des Geschmackes ab, welche unterscheiden lassen, was
in einer neuen Zusammenstellung von Formen als originale
Erfindung und was als gleichgültige Variation anzusehen ist.
Ein neues Muster kann durch eine einfache Combination
von Figuren dargestellt werden, deren Zusammenstellung in
der Zeichnung nichts Eigenthümliches bieten würde, vorausge-
setzt, dass die Verschiedenheit des Gewebes dem Ganzen einen
eigenthümlichen Charakter gibt. So erkannte der Appelhof
von Lyon, dass die einfache Zusammenstellung von an sich
bekannten Formen des Gewebes, wie z. B. von Atlas und
Sammt auf Bändern ein geschütztes Waarenmuster darstellen
könne. Hier liegt also die Originalität des Musters nicht in
der Zeichnung, sondern in der Eigenthümlichkeit der Technik,
welche der an sich einfachen Zusammenstellung einen beson-
dern Charakter gibt. Abgesehen von diesem Falle gilt indess
die Regel, dass ein bereits bekanntes Waarenmuster nicht da-
durch in seiner Natur verändert wird, dass dasselbe auf eine
andre Art der Fabrication übertragen wird.
Das Gegentheil ist angenommen in einem Urtheil des
Pariser Appelhofes vom 26. Juni 1837 in Sachen Marguerie
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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