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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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Begrenzung des Objectes.
heit zur Geltung kommen darf. Die Fortschritte, welche die
Industrie durch die freie Concurrenz zahlreicher Gewerbtrei-
bender macht, bestehen genau betrachtet in nichts anderem,
als in einer Reihe fortgesetzter und unmerklicher Verbesserun-
gen, welche die Erfahrung und der Erfindungsgeist der ein-
zelnen Unternehmer der ursprünglichen Erfindung nach und
nach hinzugefügt -- Verbesserungen, welche ursprünglich auf
den persönlichen Vortheil des einzelnen Gewerbtreibenden be-
rechnet, sofort der Gesammtheit zu Gute kommen1). Wollte man
also jede Nachahmung von Verbesserungen im Gewerbebetriebe
verbieten, so würden nicht bloss alle Vortheile der freien Con-
currenz aufgehoben, sondern der Gewerbebetrieb durch zahllose
Beschränkungen in der Wahl der Hülfsmittel geradezu unmög-
lich gemacht werden.

Hierzu kommt, dass die Erfindungen keinesweges mit
den übrigen Vermögensgegenständen auf eine Linie gestellt
werden können, so dass sie durch einen einfachen Rechtssatz
zu Gegenständen eines ausschliesslichen Rechtes und zu Ob-
jecten des Verkehrs erhoben werden könnten. Es fehlt ihnen
hierzu die concrete und greifbare Gestalt, welche zu einem
Gegenstande der rechtlichen Herrschaft nothwendig erforderlich

1) Ein englischer Schriftsteller (London Journal of Arts and
Sciences 1831) sagt: "Die Erfinder zerfallen in drei Klassen. Die erste
sind Männer von Genie, welche ganz neue Maschinen und ganz neue
Verfahrungsweisen und Methoden der Fabrication entdecken. Diese
sind sehr selten.
Die zweite Klasse umfasst Männer, welche zwar nicht ganz neue
Entdeckungen machen, aber fähig sind, wesentliche Verbesserungen
an bekannten Prozessen oder Maschinen anzubringen. Diese Klasse ist
beträchtlich.
Die dritte Klasse besteht aus den Leuten von geringer Einbil-
dungskraft, welche keine grosse Originalität der Ideen, aber eine ge-
wisse Geschicklichkeit besitzen, die sie auf Dinge innerhalb ihres Be-
rufskreises anzuwenden verstehen.
Ihre Aufgabe ist die Verbesserung im Kleinen, die Ausbildung
aller der einzelnen Handgriffe und Vorrichtungen, welche der Plan des
grossen Erfinders einschliesst. Glücklicher Weise ist diese Klasse über-
aus zahlreich. Sie schliesst vom Fabrikanten und vom Werkführer bis
zum letzten Arbeiter alle die practischen Menschen ein, welche verste-
hen, Auskunftsmittel zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu finden,
denen sie in der Praxis begegnen."

Begrenzung des Objectes.
heit zur Geltung kommen darf. Die Fortschritte, welche die
Industrie durch die freie Concurrenz zahlreicher Gewerbtrei-
bender macht, bestehen genau betrachtet in nichts anderem,
als in einer Reihe fortgesetzter und unmerklicher Verbesserun-
gen, welche die Erfahrung und der Erfindungsgeist der ein-
zelnen Unternehmer der ursprünglichen Erfindung nach und
nach hinzugefügt — Verbesserungen, welche ursprünglich auf
den persönlichen Vortheil des einzelnen Gewerbtreibenden be-
rechnet, sofort der Gesammtheit zu Gute kommen1). Wollte man
also jede Nachahmung von Verbesserungen im Gewerbebetriebe
verbieten, so würden nicht bloss alle Vortheile der freien Con-
currenz aufgehoben, sondern der Gewerbebetrieb durch zahllose
Beschränkungen in der Wahl der Hülfsmittel geradezu unmög-
lich gemacht werden.

Hierzu kommt, dass die Erfindungen keinesweges mit
den übrigen Vermögensgegenständen auf eine Linie gestellt
werden können, so dass sie durch einen einfachen Rechtssatz
zu Gegenständen eines ausschliesslichen Rechtes und zu Ob-
jecten des Verkehrs erhoben werden könnten. Es fehlt ihnen
hierzu die concrete und greifbare Gestalt, welche zu einem
Gegenstande der rechtlichen Herrschaft nothwendig erforderlich

1) Ein englischer Schriftsteller (London Journal of Arts and
Sciences 1831) sagt: »Die Erfinder zerfallen in drei Klassen. Die erste
sind Männer von Genie, welche ganz neue Maschinen und ganz neue
Verfahrungsweisen und Methoden der Fabrication entdecken. Diese
sind sehr selten.
Die zweite Klasse umfasst Männer, welche zwar nicht ganz neue
Entdeckungen machen, aber fähig sind, wesentliche Verbesserungen
an bekannten Prozessen oder Maschinen anzubringen. Diese Klasse ist
beträchtlich.
Die dritte Klasse besteht aus den Leuten von geringer Einbil-
dungskraft, welche keine grosse Originalität der Ideen, aber eine ge-
wisse Geschicklichkeit besitzen, die sie auf Dinge innerhalb ihres Be-
rufskreises anzuwenden verstehen.
Ihre Aufgabe ist die Verbesserung im Kleinen, die Ausbildung
aller der einzelnen Handgriffe und Vorrichtungen, welche der Plan des
grossen Erfinders einschliesst. Glücklicher Weise ist diese Klasse über-
aus zahlreich. Sie schliesst vom Fabrikanten und vom Werkführer bis
zum letzten Arbeiter alle die practischen Menschen ein, welche verste-
hen, Auskunftsmittel zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu finden,
denen sie in der Praxis begegnen.«
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[7/0034] Begrenzung des Objectes. heit zur Geltung kommen darf. Die Fortschritte, welche die Industrie durch die freie Concurrenz zahlreicher Gewerbtrei- bender macht, bestehen genau betrachtet in nichts anderem, als in einer Reihe fortgesetzter und unmerklicher Verbesserun- gen, welche die Erfahrung und der Erfindungsgeist der ein- zelnen Unternehmer der ursprünglichen Erfindung nach und nach hinzugefügt — Verbesserungen, welche ursprünglich auf den persönlichen Vortheil des einzelnen Gewerbtreibenden be- rechnet, sofort der Gesammtheit zu Gute kommen 1). Wollte man also jede Nachahmung von Verbesserungen im Gewerbebetriebe verbieten, so würden nicht bloss alle Vortheile der freien Con- currenz aufgehoben, sondern der Gewerbebetrieb durch zahllose Beschränkungen in der Wahl der Hülfsmittel geradezu unmög- lich gemacht werden. Hierzu kommt, dass die Erfindungen keinesweges mit den übrigen Vermögensgegenständen auf eine Linie gestellt werden können, so dass sie durch einen einfachen Rechtssatz zu Gegenständen eines ausschliesslichen Rechtes und zu Ob- jecten des Verkehrs erhoben werden könnten. Es fehlt ihnen hierzu die concrete und greifbare Gestalt, welche zu einem Gegenstande der rechtlichen Herrschaft nothwendig erforderlich 1) Ein englischer Schriftsteller (London Journal of Arts and Sciences 1831) sagt: »Die Erfinder zerfallen in drei Klassen. Die erste sind Männer von Genie, welche ganz neue Maschinen und ganz neue Verfahrungsweisen und Methoden der Fabrication entdecken. Diese sind sehr selten. Die zweite Klasse umfasst Männer, welche zwar nicht ganz neue Entdeckungen machen, aber fähig sind, wesentliche Verbesserungen an bekannten Prozessen oder Maschinen anzubringen. Diese Klasse ist beträchtlich. Die dritte Klasse besteht aus den Leuten von geringer Einbil- dungskraft, welche keine grosse Originalität der Ideen, aber eine ge- wisse Geschicklichkeit besitzen, die sie auf Dinge innerhalb ihres Be- rufskreises anzuwenden verstehen. Ihre Aufgabe ist die Verbesserung im Kleinen, die Ausbildung aller der einzelnen Handgriffe und Vorrichtungen, welche der Plan des grossen Erfinders einschliesst. Glücklicher Weise ist diese Klasse über- aus zahlreich. Sie schliesst vom Fabrikanten und vom Werkführer bis zum letzten Arbeiter alle die practischen Menschen ein, welche verste- hen, Auskunftsmittel zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu finden, denen sie in der Praxis begegnen.«

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/34>, abgerufen am 20.04.2024.