dargethan werden, dass er entweder die genaue Patentbeschrei- bung nicht gekannt, oder sich über die Uebereinstimmung seiner Nachahmung mit der patentirten Sache getäuscht hat.
Die fahrlässige Nachahmung unterliegt im Allgemeinen derselben Strafandrohung, wie der vorsätzliche Eingriff in das Patent. Dies gilt insbesondere auch nach Preussischem und Oesterreichischem Rechte, da die oben angeführten Gesetze nach einmal erfolgter Verwarnung jede, also auch die fahrläs- sige Wiederholung der Contravention unter Strafe stellen. Die- jenigen Gesetze, welche, wie das Bayerische, Württembergische und Belgische, die wissentliche Nachahmung der unwissentlich und im guten Glauben verübten gegenüberstellen (oben S. 176) rechnen stillschweigend die fahrlässige Nachahmung zu der ersten Kategorie der strafbaren Nachahmung. Dasselbe gilt von denjenigen Patentgesetzen, welche es hinsichtlich der Zu- rechnung bei den Vorschriften der allgemeinen Gesetze bewen- den lassen. Denn nach allgemeinen Rechtsregeln gilt bei un- erlaubten Handlungen der verschuldete Irrthum der bösen Ab- sicht gleich.
Eine weitere Unterscheidung in Bezug auf die Zurechnung der unbefugten Nachahmung betrifft die dabei thätigen Per- sonen als Urheber und Theilnehmer oder Gehülfen. Diese Un- terscheidung ist besonders für den Fall der fahrlässigen Nach- ahmung erheblich, da nach Preussischem Strafrechte bei einem blossen Vergehen nur die wissentliche Theilnahme strafbar ist1).
Die Gehülfen und sonstigen Theilnehmer an einer fahr- lässigen Verletzung des Patentrechtes sind also straflos. Diese Regel wird in ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall auch von andern Patentgesetzgebungen anerkannt. So bedroht das Französische Gesetz v. 5. Juli 1744 im Art. 40 jede Ver- letzung des ertheilten Patentes durch Anfertigung der paten- tirten Waare oder Anwendung der patentirten Hülfsmittel mit Strafe, ohne zwischen den verschiedenen Graden der Zurech- nung zu unterscheiden. Im Art. 41 dagegen werden die Ge- hülfen der unerlaubten Thätigkeit des Nachahmers: die Ver- käufer, Feilbieter und Hehler des nachgeahmten Productes nur insofern mit Strafe bedroht, als sie wissentlich zu der Uebertretung mitgewirkt haben2).
1) Strafgesetzbuch v. 14. April 1851. §. 34.
2) Art. 40. Toute atteinte portee aux droits du brevete, soit
IV. Verfolgung der Rechte. §. 19. Zurechnung.
dargethan werden, dass er entweder die genaue Patentbeschrei- bung nicht gekannt, oder sich über die Uebereinstimmung seiner Nachahmung mit der patentirten Sache getäuscht hat.
Die fahrlässige Nachahmung unterliegt im Allgemeinen derselben Strafandrohung, wie der vorsätzliche Eingriff in das Patent. Dies gilt insbesondere auch nach Preussischem und Oesterreichischem Rechte, da die oben angeführten Gesetze nach einmal erfolgter Verwarnung jede, also auch die fahrläs- sige Wiederholung der Contravention unter Strafe stellen. Die- jenigen Gesetze, welche, wie das Bayerische, Württembergische und Belgische, die wissentliche Nachahmung der unwissentlich und im guten Glauben verübten gegenüberstellen (oben S. 176) rechnen stillschweigend die fahrlässige Nachahmung zu der ersten Kategorie der strafbaren Nachahmung. Dasselbe gilt von denjenigen Patentgesetzen, welche es hinsichtlich der Zu- rechnung bei den Vorschriften der allgemeinen Gesetze bewen- den lassen. Denn nach allgemeinen Rechtsregeln gilt bei un- erlaubten Handlungen der verschuldete Irrthum der bösen Ab- sicht gleich.
Eine weitere Unterscheidung in Bezug auf die Zurechnung der unbefugten Nachahmung betrifft die dabei thätigen Per- sonen als Urheber und Theilnehmer oder Gehülfen. Diese Un- terscheidung ist besonders für den Fall der fahrlässigen Nach- ahmung erheblich, da nach Preussischem Strafrechte bei einem blossen Vergehen nur die wissentliche Theilnahme strafbar ist1).
Die Gehülfen und sonstigen Theilnehmer an einer fahr- lässigen Verletzung des Patentrechtes sind also straflos. Diese Regel wird in ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall auch von andern Patentgesetzgebungen anerkannt. So bedroht das Französische Gesetz v. 5. Juli 1744 im Art. 40 jede Ver- letzung des ertheilten Patentes durch Anfertigung der paten- tirten Waare oder Anwendung der patentirten Hülfsmittel mit Strafe, ohne zwischen den verschiedenen Graden der Zurech- nung zu unterscheiden. Im Art. 41 dagegen werden die Ge- hülfen der unerlaubten Thätigkeit des Nachahmers: die Ver- käufer, Feilbieter und Hehler des nachgeahmten Productes nur insofern mit Strafe bedroht, als sie wissentlich zu der Uebertretung mitgewirkt haben2).
1) Strafgesetzbuch v. 14. April 1851. §. 34.
2) Art. 40. Toute atteinte portée aux droits du breveté, soit
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IV. Verfolgung der Rechte. §. 19. Zurechnung.
dargethan werden, dass er entweder die genaue Patentbeschrei-
bung nicht gekannt, oder sich über die Uebereinstimmung seiner
Nachahmung mit der patentirten Sache getäuscht hat.
Die fahrlässige Nachahmung unterliegt im Allgemeinen
derselben Strafandrohung, wie der vorsätzliche Eingriff in das
Patent. Dies gilt insbesondere auch nach Preussischem und
Oesterreichischem Rechte, da die oben angeführten Gesetze
nach einmal erfolgter Verwarnung jede, also auch die fahrläs-
sige Wiederholung der Contravention unter Strafe stellen. Die-
jenigen Gesetze, welche, wie das Bayerische, Württembergische
und Belgische, die wissentliche Nachahmung der unwissentlich
und im guten Glauben verübten gegenüberstellen (oben S. 176)
rechnen stillschweigend die fahrlässige Nachahmung zu der
ersten Kategorie der strafbaren Nachahmung. Dasselbe gilt
von denjenigen Patentgesetzen, welche es hinsichtlich der Zu-
rechnung bei den Vorschriften der allgemeinen Gesetze bewen-
den lassen. Denn nach allgemeinen Rechtsregeln gilt bei un-
erlaubten Handlungen der verschuldete Irrthum der bösen Ab-
sicht gleich.
Eine weitere Unterscheidung in Bezug auf die Zurechnung
der unbefugten Nachahmung betrifft die dabei thätigen Per-
sonen als Urheber und Theilnehmer oder Gehülfen. Diese Un-
terscheidung ist besonders für den Fall der fahrlässigen Nach-
ahmung erheblich, da nach Preussischem Strafrechte bei einem
blossen Vergehen nur die wissentliche Theilnahme strafbar ist 1).
Die Gehülfen und sonstigen Theilnehmer an einer fahr-
lässigen Verletzung des Patentrechtes sind also straflos. Diese
Regel wird in ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall
auch von andern Patentgesetzgebungen anerkannt. So bedroht
das Französische Gesetz v. 5. Juli 1744 im Art. 40 jede Ver-
letzung des ertheilten Patentes durch Anfertigung der paten-
tirten Waare oder Anwendung der patentirten Hülfsmittel mit
Strafe, ohne zwischen den verschiedenen Graden der Zurech-
nung zu unterscheiden. Im Art. 41 dagegen werden die Ge-
hülfen der unerlaubten Thätigkeit des Nachahmers: die Ver-
käufer, Feilbieter und Hehler des nachgeahmten Productes nur
insofern mit Strafe bedroht, als sie wissentlich zu der
Uebertretung mitgewirkt haben 2).
1) Strafgesetzbuch v. 14. April 1851. §. 34.
2) Art. 40. Toute atteinte portée aux droits du breveté, soit
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/205>, abgerufen am 25.11.2024.
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