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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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II. Verfahren. §. 13. Aufhebung.
des Patentes ein. Dieser Widerruf erfolgt durch das Handels-
Ministerium im Wege des administrativen Verfahrens. Gegen
die Entscheidung des Ministers findet ein Rechtsmittel nicht
statt. Ebensowenig steht den betheiligten Privatpersonen die
Klage auf Aufhebung des ertheilten Patentes gegen den Patent-
inhaber zu1).

In Frankreich tritt nur in dem Falle der Nichtzah-
lung einer Jahresrate der Patenttaxe die Verwirkung des Pa-
tentes ohne weiteres Verfahren ein (s. u.), in allen übrigen
Fällen der Verwirkung und der Vernichtung ist den Perso-
nen, welche an der Aufhebung des Patentes ein Interesse
haben, die Anfechtung im Wege der gerichtlichen Klage ge-
stattet. Die gerichtliche Verurtheilung hat in diesem Falle
nur die Aufhebung des Patentes gegenüber dem Kläger, also
eine relative Ungültigkeit zur Folge2). Die Staatsbehörde kann
diese Klage in der Regel nicht selbst anstellen, sondern nur
in der von einer Privatperson angestellten Klage interveniren

1) Der Kupferschmied Storch zu Königsberg erhielt am 4. Mai
1818 ein Patent auf eine Branntwein-Klärmaschine. Der Kupferschmied
Zander daselbst beantragte die Aufhebung des Patentes, weil er und
nicht Storch der Erfinder des patentirten Apparates sei und Storch an
seiner Erfindung ein Plagiat begangen habe. Das Handels-Ministerium
verwies die Entscheidung über diesen Antrag auf den Rechtsweg. Das
Stadtgericht zu Königsberg wies jedoch die Klage des Zander per de-
cretum zurück, weil die Entscheidung über die Gültigkeit des Patentes
nach §. 8 und §. 9 des Publicandums vom 14. October 1815 zur Com-
petenz der Regierung gehöre.
2) Die Ungültigkeit des Patentes kann auch im Wege der Ein-
wendung gegen eine wegen Verletzung des Patentrechtes erhobene
Klage geltend gemacht werden. Die gerichtliche Entscheidung, welche
diese Einwendungen für begründet erklärt, hat jedoch in diesem Falle
nicht die Wirkung, das Patent dem Verklagten gegenüber ein für alle-
male ausser Wirkung zu setzen. Die Prozesse über die Verletzung des
Patentrechtes werden vor den Zuchtpolizeigerichten geführt, während
die Klage auf Anfechtung der Patente vor das Civilgericht gehört. Die
Entscheidung des Zuchtpolizeigerichts hat daher nur für den einzelnen
Contraventionsfall Geltung, welchen sie betrifft. Auch die Staatsbe-
hörde kann nicht in diesem Prozesse mit dem Antrage auf absolute
Aufhebung interveniren, weil zu dieser Entscheidung nach Art. 34 nur
das Civilgericht competent ist. -- Urtheil des Pariser Cassationshofes
vom 29. April 1857. -- Renouard, Traite des brevet d'inventions. Pa-
ris 1856 p. 468.

II. Verfahren. §. 13. Aufhebung.
des Patentes ein. Dieser Widerruf erfolgt durch das Handels-
Ministerium im Wege des administrativen Verfahrens. Gegen
die Entscheidung des Ministers findet ein Rechtsmittel nicht
statt. Ebensowenig steht den betheiligten Privatpersonen die
Klage auf Aufhebung des ertheilten Patentes gegen den Patent-
inhaber zu1).

In Frankreich tritt nur in dem Falle der Nichtzah-
lung einer Jahresrate der Patenttaxe die Verwirkung des Pa-
tentes ohne weiteres Verfahren ein (s. u.), in allen übrigen
Fällen der Verwirkung und der Vernichtung ist den Perso-
nen, welche an der Aufhebung des Patentes ein Interesse
haben, die Anfechtung im Wege der gerichtlichen Klage ge-
stattet. Die gerichtliche Verurtheilung hat in diesem Falle
nur die Aufhebung des Patentes gegenüber dem Kläger, also
eine relative Ungültigkeit zur Folge2). Die Staatsbehörde kann
diese Klage in der Regel nicht selbst anstellen, sondern nur
in der von einer Privatperson angestellten Klage interveniren

1) Der Kupferschmied Storch zu Königsberg erhielt am 4. Mai
1818 ein Patent auf eine Branntwein-Klärmaschine. Der Kupferschmied
Zander daselbst beantragte die Aufhebung des Patentes, weil er und
nicht Storch der Erfinder des patentirten Apparates sei und Storch an
seiner Erfindung ein Plagiat begangen habe. Das Handels-Ministerium
verwies die Entscheidung über diesen Antrag auf den Rechtsweg. Das
Stadtgericht zu Königsberg wies jedoch die Klage des Zander per de-
cretum zurück, weil die Entscheidung über die Gültigkeit des Patentes
nach §. 8 und §. 9 des Publicandums vom 14. October 1815 zur Com-
petenz der Regierung gehöre.
2) Die Ungültigkeit des Patentes kann auch im Wege der Ein-
wendung gegen eine wegen Verletzung des Patentrechtes erhobene
Klage geltend gemacht werden. Die gerichtliche Entscheidung, welche
diese Einwendungen für begründet erklärt, hat jedoch in diesem Falle
nicht die Wirkung, das Patent dem Verklagten gegenüber ein für alle-
male ausser Wirkung zu setzen. Die Prozesse über die Verletzung des
Patentrechtes werden vor den Zuchtpolizeigerichten geführt, während
die Klage auf Anfechtung der Patente vor das Civilgericht gehört. Die
Entscheidung des Zuchtpolizeigerichts hat daher nur für den einzelnen
Contraventionsfall Geltung, welchen sie betrifft. Auch die Staatsbe-
hörde kann nicht in diesem Prozesse mit dem Antrage auf absolute
Aufhebung interveniren, weil zu dieser Entscheidung nach Art. 34 nur
das Civilgericht competent ist. — Urtheil des Pariser Cassationshofes
vom 29. April 1857. — Renouard, Traité des brevet d’inventions. Pa-
ris 1856 p. 468.
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[122/0149] II. Verfahren. §. 13. Aufhebung. des Patentes ein. Dieser Widerruf erfolgt durch das Handels- Ministerium im Wege des administrativen Verfahrens. Gegen die Entscheidung des Ministers findet ein Rechtsmittel nicht statt. Ebensowenig steht den betheiligten Privatpersonen die Klage auf Aufhebung des ertheilten Patentes gegen den Patent- inhaber zu 1). In Frankreich tritt nur in dem Falle der Nichtzah- lung einer Jahresrate der Patenttaxe die Verwirkung des Pa- tentes ohne weiteres Verfahren ein (s. u.), in allen übrigen Fällen der Verwirkung und der Vernichtung ist den Perso- nen, welche an der Aufhebung des Patentes ein Interesse haben, die Anfechtung im Wege der gerichtlichen Klage ge- stattet. Die gerichtliche Verurtheilung hat in diesem Falle nur die Aufhebung des Patentes gegenüber dem Kläger, also eine relative Ungültigkeit zur Folge 2). Die Staatsbehörde kann diese Klage in der Regel nicht selbst anstellen, sondern nur in der von einer Privatperson angestellten Klage interveniren 1) Der Kupferschmied Storch zu Königsberg erhielt am 4. Mai 1818 ein Patent auf eine Branntwein-Klärmaschine. Der Kupferschmied Zander daselbst beantragte die Aufhebung des Patentes, weil er und nicht Storch der Erfinder des patentirten Apparates sei und Storch an seiner Erfindung ein Plagiat begangen habe. Das Handels-Ministerium verwies die Entscheidung über diesen Antrag auf den Rechtsweg. Das Stadtgericht zu Königsberg wies jedoch die Klage des Zander per de- cretum zurück, weil die Entscheidung über die Gültigkeit des Patentes nach §. 8 und §. 9 des Publicandums vom 14. October 1815 zur Com- petenz der Regierung gehöre. 2) Die Ungültigkeit des Patentes kann auch im Wege der Ein- wendung gegen eine wegen Verletzung des Patentrechtes erhobene Klage geltend gemacht werden. Die gerichtliche Entscheidung, welche diese Einwendungen für begründet erklärt, hat jedoch in diesem Falle nicht die Wirkung, das Patent dem Verklagten gegenüber ein für alle- male ausser Wirkung zu setzen. Die Prozesse über die Verletzung des Patentrechtes werden vor den Zuchtpolizeigerichten geführt, während die Klage auf Anfechtung der Patente vor das Civilgericht gehört. Die Entscheidung des Zuchtpolizeigerichts hat daher nur für den einzelnen Contraventionsfall Geltung, welchen sie betrifft. Auch die Staatsbe- hörde kann nicht in diesem Prozesse mit dem Antrage auf absolute Aufhebung interveniren, weil zu dieser Entscheidung nach Art. 34 nur das Civilgericht competent ist. — Urtheil des Pariser Cassationshofes vom 29. April 1857. — Renouard, Traité des brevet d’inventions. Pa- ris 1856 p. 468.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/149>, abgerufen am 24.04.2024.