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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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II. Verfahren. §. 9. Anmeldung.
schreibung, welche innerhalb 6 Monaten nachgebracht werden
muss. Die vorläufige Beschreibung soll die Natur der
Erfindung darstellen, während die vollständige Beschreibung
zugleich die Art der Ausführung angeben soll. Es unterliegt
keinem Zweifel, dass die vorläufige Beschreibung nicht auf die
blosse Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung beschränkt
sein darf. Sie muss vielmehr eine vollständige Erläuterung
der Erfindung in allen ihren wesentlichen Theilen enthalten.
Ist dies nicht der Fall, so verordnet der mit der Prüfung
beauftragte Kronanwalt die Ergänzung der vorläufigen Be-
schreibung1).

Die Behörden, bei welchen das Patentgesuch angemel-
det werden muss, sind nach den Vorschriften einiger Gesetz-
gebungen Centralbehörden, so dass nur an einer Stelle im
Staate Patentgesuche angenommen werden, während nach an-
dern Gesetzen die Provinzialbehörden mit der Annahme der
Patentgesuche beauftragt sind. Die letztere Einrichtung em-
pfiehlt sich am wenigsten bei der Anwendung des Vorprüfungs-
verfahrens, da die Provinzialbehörden nicht sämmtlich im Be-
sitze des zur Vorprüfung erforderlichen Apparates sein können.
Sie gilt gleichwohl als gesetzliche Regel in Preussen, da das
Publicandum vom 14. October 1815 im Art. 3 bestimmt:

"Wer ein Patent erhalten will, muss das desfallsige Ge-
such bei der Provinzial-Regierung anbringen. -- Die Regie-
rung veranlasst eine Prüfung der angezeigten Erfindung
oder Verbesserung durch Sachverständige und berichtet über
die Gewährung des Gesuches an das Finanz-Ministerium,
welches entweder eine neue Prüfung vornehmen lässt, oder
auf Grund der von der Provinzialregierung angestellten Prü-
fung über das Gesuch entscheidet."

1) Die vorläufige Beschreibung ist nicht identisch mit dem soge-
nannten Titel der Erfindung, welche nach dem Französischen Gesetze
v. 5. Juli 1844 Art. 6 und nach dem Italienischen Gesetze v. 30. Octo-
ber 1859 Art. 20 neben der Beschreibung in dem Patentgesuche ange-
geben werden muss. Auch die Englische Praxis unterscheidet neben
der vorläufigen Beschreibung einen solchen summarischen Titel der
Erfindung, unter welchem dieselbe beim Erlasse des Aufrufes bekannt
gemacht wird. Die vollständige Bekanntmachung der vorläufigen Be-
schreibung, obgleich zulässig, ist nicht üblich. Vergl. das Englische
Blaubuch von 1865 S. 8 Frage 218.

II. Verfahren. §. 9. Anmeldung.
schreibung, welche innerhalb 6 Monaten nachgebracht werden
muss. Die vorläufige Beschreibung soll die Natur der
Erfindung darstellen, während die vollständige Beschreibung
zugleich die Art der Ausführung angeben soll. Es unterliegt
keinem Zweifel, dass die vorläufige Beschreibung nicht auf die
blosse Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung beschränkt
sein darf. Sie muss vielmehr eine vollständige Erläuterung
der Erfindung in allen ihren wesentlichen Theilen enthalten.
Ist dies nicht der Fall, so verordnet der mit der Prüfung
beauftragte Kronanwalt die Ergänzung der vorläufigen Be-
schreibung1).

Die Behörden, bei welchen das Patentgesuch angemel-
det werden muss, sind nach den Vorschriften einiger Gesetz-
gebungen Centralbehörden, so dass nur an einer Stelle im
Staate Patentgesuche angenommen werden, während nach an-
dern Gesetzen die Provinzialbehörden mit der Annahme der
Patentgesuche beauftragt sind. Die letztere Einrichtung em-
pfiehlt sich am wenigsten bei der Anwendung des Vorprüfungs-
verfahrens, da die Provinzialbehörden nicht sämmtlich im Be-
sitze des zur Vorprüfung erforderlichen Apparates sein können.
Sie gilt gleichwohl als gesetzliche Regel in Preussen, da das
Publicandum vom 14. October 1815 im Art. 3 bestimmt:

»Wer ein Patent erhalten will, muss das desfallsige Ge-
such bei der Provinzial-Regierung anbringen. — Die Regie-
rung veranlasst eine Prüfung der angezeigten Erfindung
oder Verbesserung durch Sachverständige und berichtet über
die Gewährung des Gesuches an das Finanz-Ministerium,
welches entweder eine neue Prüfung vornehmen lässt, oder
auf Grund der von der Provinzialregierung angestellten Prü-
fung über das Gesuch entscheidet.«

1) Die vorläufige Beschreibung ist nicht identisch mit dem soge-
nannten Titel der Erfindung, welche nach dem Französischen Gesetze
v. 5. Juli 1844 Art. 6 und nach dem Italienischen Gesetze v. 30. Octo-
ber 1859 Art. 20 neben der Beschreibung in dem Patentgesuche ange-
geben werden muss. Auch die Englische Praxis unterscheidet neben
der vorläufigen Beschreibung einen solchen summarischen Titel der
Erfindung, unter welchem dieselbe beim Erlasse des Aufrufes bekannt
gemacht wird. Die vollständige Bekanntmachung der vorläufigen Be-
schreibung, obgleich zulässig, ist nicht üblich. Vergl. das Englische
Blaubuch von 1865 S. 8 Frage 218.
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[92/0119] II. Verfahren. §. 9. Anmeldung. schreibung, welche innerhalb 6 Monaten nachgebracht werden muss. Die vorläufige Beschreibung soll die Natur der Erfindung darstellen, während die vollständige Beschreibung zugleich die Art der Ausführung angeben soll. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die vorläufige Beschreibung nicht auf die blosse Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung beschränkt sein darf. Sie muss vielmehr eine vollständige Erläuterung der Erfindung in allen ihren wesentlichen Theilen enthalten. Ist dies nicht der Fall, so verordnet der mit der Prüfung beauftragte Kronanwalt die Ergänzung der vorläufigen Be- schreibung 1). Die Behörden, bei welchen das Patentgesuch angemel- det werden muss, sind nach den Vorschriften einiger Gesetz- gebungen Centralbehörden, so dass nur an einer Stelle im Staate Patentgesuche angenommen werden, während nach an- dern Gesetzen die Provinzialbehörden mit der Annahme der Patentgesuche beauftragt sind. Die letztere Einrichtung em- pfiehlt sich am wenigsten bei der Anwendung des Vorprüfungs- verfahrens, da die Provinzialbehörden nicht sämmtlich im Be- sitze des zur Vorprüfung erforderlichen Apparates sein können. Sie gilt gleichwohl als gesetzliche Regel in Preussen, da das Publicandum vom 14. October 1815 im Art. 3 bestimmt: »Wer ein Patent erhalten will, muss das desfallsige Ge- such bei der Provinzial-Regierung anbringen. — Die Regie- rung veranlasst eine Prüfung der angezeigten Erfindung oder Verbesserung durch Sachverständige und berichtet über die Gewährung des Gesuches an das Finanz-Ministerium, welches entweder eine neue Prüfung vornehmen lässt, oder auf Grund der von der Provinzialregierung angestellten Prü- fung über das Gesuch entscheidet.« 1) Die vorläufige Beschreibung ist nicht identisch mit dem soge- nannten Titel der Erfindung, welche nach dem Französischen Gesetze v. 5. Juli 1844 Art. 6 und nach dem Italienischen Gesetze v. 30. Octo- ber 1859 Art. 20 neben der Beschreibung in dem Patentgesuche ange- geben werden muss. Auch die Englische Praxis unterscheidet neben der vorläufigen Beschreibung einen solchen summarischen Titel der Erfindung, unter welchem dieselbe beim Erlasse des Aufrufes bekannt gemacht wird. Die vollständige Bekanntmachung der vorläufigen Be- schreibung, obgleich zulässig, ist nicht üblich. Vergl. das Englische Blaubuch von 1865 S. 8 Frage 218.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/119>, abgerufen am 27.04.2024.