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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 32. Umfang u. Dauer d. Verlagsrechtes.

Diese doppelte Bedeutung entspricht durchaus dem gemei-
nen Sprachgebrauche, denn man spricht ebensowohl von Aus-
gaben in Quart oder Octav, von illustrirten und Prachtausga-
ben, als man verschiedene Ausgaben des Götz von Berlichingen
oder des Don Carlos in Bezug auf die Recension des Textes
unterscheidet 1).

Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass unter demselben
Namen zwei ganz verschiedene Dinge bezeichnet werden. Es

veränderter Abdruck einer Schrift in eben demselben Formate veran-
lasst wird, so heisst solches eine neue Auflage." §. 1012: "Wenn
aber eine Schrift in verändertem Formate, oder mit Veränderungen im
Inhalte, von neuem gedruckt wird, so wird solches eine neue Ausgabe
genannt." §. 1013: "Ist im Verlagsvertrege die Zahl der Exemplare
der ersten Auflage nicht bestimmt, so steht es dem Verleger frei, auch
ohne ausdrückliche Einwilligung des Verfassers neue Auflagen zu
veranstalten." §. 1016: "Hingegen erstreckt sich das Verlagsrecht in
der Regel, und wenn nicht in dem geschlossenen schriftlichen Vertrage
ein Anderes verabredet ist, nur auf die erste Ausgabe des Werkes,
mit Inbegriff aller ferneren Theile und Fortsetzungen desselben." §. 1017:
"Der erste Verleger kann also niemals eine neue Ausgabe machen,
ohne mit dem Schriftsteller einen neuen Vertrag darüber geschlossen
zu haben."
1) Eine ausführliche Erörterung des Sprachgebrauches findet sich
in dem Gutachten des Literarischen Sachverständigenvereines vom 29.
Januar 1856 (Heydemann und Damhach, Die Preussische Nachdruckge-
setzgebung S. 27 f.). Es steht mit dem im Texte behaupteten Sprach-
gebrauche nicht im Widerspruch, wenn sich auf Büchertiteln die Be-
zeichnung findet: Sechste veränderte Auflage. (Wächter a. a. O. S. 263
Note 14.) Denn die neue Ausgabe ist eben eine veränderte Auflage.
Wenn irgendwo auch die Bezeichnung: Unveränderte Ausgabe gebraucht
sein sollte, so würde auch dagegen nichts Erhebliches einzuwenden
sein. Die Ausdrücke Auflage und Ausgabe sind in gewissem Grade
synonym, so jedoch, dass die Auflage mehr den Act der blossen Ver-
vielfältigung, die Ausgabe dagegen die redigirende und ausstattende
Thätigkeit des Herausgebers und des Verlegers bezeichnet.
Es kann also auch die Auflage als der Gattungsbegriff für jede
neue Vervielfältigung, gleichviel, ob in veränderter oder unveränderter
Form, angesehen werden, während die Ausgabe als der engere Begriff
die veränderte Auflage bezeichnet.
Werden endlich beide Bezeichnungen einander gegenübergestellt,
wie in den angeführten Paragraphen des Allg. Landrechtes, so bezeich-
net die Ausgabe die Reproduction mit Veränderung der Form oder
des Inhaltes; die Auflage die unveränderte Reproduction.
VII. Der Verlagsvertrag. §. 32. Umfang u. Dauer d. Verlagsrechtes.

Diese doppelte Bedeutung entspricht durchaus dem gemei-
nen Sprachgebrauche, denn man spricht ebensowohl von Aus-
gaben in Quart oder Octav, von illustrirten und Prachtausga-
ben, als man verschiedene Ausgaben des Götz von Berlichingen
oder des Don Carlos in Bezug auf die Recension des Textes
unterscheidet 1).

Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass unter demselben
Namen zwei ganz verschiedene Dinge bezeichnet werden. Es

veränderter Abdruck einer Schrift in eben demselben Formate veran-
lasst wird, so heisst solches eine neue Auflage.« §. 1012: »Wenn
aber eine Schrift in verändertem Formate, oder mit Veränderungen im
Inhalte, von neuem gedruckt wird, so wird solches eine neue Ausgabe
genannt.« §. 1013: »Ist im Verlagsvertrege die Zahl der Exemplare
der ersten Auflage nicht bestimmt, so steht es dem Verleger frei, auch
ohne ausdrückliche Einwilligung des Verfassers neue Auflagen zu
veranstalten.« §. 1016: »Hingegen erstreckt sich das Verlagsrecht in
der Regel, und wenn nicht in dem geschlossenen schriftlichen Vertrage
ein Anderes verabredet ist, nur auf die erste Ausgabe des Werkes,
mit Inbegriff aller ferneren Theile und Fortsetzungen desselben.« §. 1017:
»Der erste Verleger kann also niemals eine neue Ausgabe machen,
ohne mit dem Schriftsteller einen neuen Vertrag darüber geschlossen
zu haben.«
1) Eine ausführliche Erörterung des Sprachgebrauches findet sich
in dem Gutachten des Literarischen Sachverständigenvereines vom 29.
Januar 1856 (Heydemann und Damhach, Die Preussische Nachdruckge-
setzgebung S. 27 f.). Es steht mit dem im Texte behaupteten Sprach-
gebrauche nicht im Widerspruch, wenn sich auf Büchertiteln die Be-
zeichnung findet: Sechste veränderte Auflage. (Wächter a. a. O. S. 263
Note 14.) Denn die neue Ausgabe ist eben eine veränderte Auflage.
Wenn irgendwo auch die Bezeichnung: Unveränderte Ausgabe gebraucht
sein sollte, so würde auch dagegen nichts Erhebliches einzuwenden
sein. Die Ausdrücke Auflage und Ausgabe sind in gewissem Grade
synonym, so jedoch, dass die Auflage mehr den Act der blossen Ver-
vielfältigung, die Ausgabe dagegen die redigirende und ausstattende
Thätigkeit des Herausgebers und des Verlegers bezeichnet.
Es kann also auch die Auflage als der Gattungsbegriff für jede
neue Vervielfältigung, gleichviel, ob in veränderter oder unveränderter
Form, angesehen werden, während die Ausgabe als der engere Begriff
die veränderte Auflage bezeichnet.
Werden endlich beide Bezeichnungen einander gegenübergestellt,
wie in den angeführten Paragraphen des Allg. Landrechtes, so bezeich-
net die Ausgabe die Reproduction mit Veränderung der Form oder
des Inhaltes; die Auflage die unveränderte Reproduction.
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[344/0360] VII. Der Verlagsvertrag. §. 32. Umfang u. Dauer d. Verlagsrechtes. Diese doppelte Bedeutung entspricht durchaus dem gemei- nen Sprachgebrauche, denn man spricht ebensowohl von Aus- gaben in Quart oder Octav, von illustrirten und Prachtausga- ben, als man verschiedene Ausgaben des Götz von Berlichingen oder des Don Carlos in Bezug auf die Recension des Textes unterscheidet 1). Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass unter demselben Namen zwei ganz verschiedene Dinge bezeichnet werden. Es 3) 1) Eine ausführliche Erörterung des Sprachgebrauches findet sich in dem Gutachten des Literarischen Sachverständigenvereines vom 29. Januar 1856 (Heydemann und Damhach, Die Preussische Nachdruckge- setzgebung S. 27 f.). Es steht mit dem im Texte behaupteten Sprach- gebrauche nicht im Widerspruch, wenn sich auf Büchertiteln die Be- zeichnung findet: Sechste veränderte Auflage. (Wächter a. a. O. S. 263 Note 14.) Denn die neue Ausgabe ist eben eine veränderte Auflage. Wenn irgendwo auch die Bezeichnung: Unveränderte Ausgabe gebraucht sein sollte, so würde auch dagegen nichts Erhebliches einzuwenden sein. Die Ausdrücke Auflage und Ausgabe sind in gewissem Grade synonym, so jedoch, dass die Auflage mehr den Act der blossen Ver- vielfältigung, die Ausgabe dagegen die redigirende und ausstattende Thätigkeit des Herausgebers und des Verlegers bezeichnet. Es kann also auch die Auflage als der Gattungsbegriff für jede neue Vervielfältigung, gleichviel, ob in veränderter oder unveränderter Form, angesehen werden, während die Ausgabe als der engere Begriff die veränderte Auflage bezeichnet. Werden endlich beide Bezeichnungen einander gegenübergestellt, wie in den angeführten Paragraphen des Allg. Landrechtes, so bezeich- net die Ausgabe die Reproduction mit Veränderung der Form oder des Inhaltes; die Auflage die unveränderte Reproduction. 3) veränderter Abdruck einer Schrift in eben demselben Formate veran- lasst wird, so heisst solches eine neue Auflage.« §. 1012: »Wenn aber eine Schrift in verändertem Formate, oder mit Veränderungen im Inhalte, von neuem gedruckt wird, so wird solches eine neue Ausgabe genannt.« §. 1013: »Ist im Verlagsvertrege die Zahl der Exemplare der ersten Auflage nicht bestimmt, so steht es dem Verleger frei, auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Verfassers neue Auflagen zu veranstalten.« §. 1016: »Hingegen erstreckt sich das Verlagsrecht in der Regel, und wenn nicht in dem geschlossenen schriftlichen Vertrage ein Anderes verabredet ist, nur auf die erste Ausgabe des Werkes, mit Inbegriff aller ferneren Theile und Fortsetzungen desselben.« §. 1017: »Der erste Verleger kann also niemals eine neue Ausgabe machen, ohne mit dem Schriftsteller einen neuen Vertrag darüber geschlossen zu haben.«

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/360>, abgerufen am 28.04.2024.