VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
nales vom 15. Juli 1857 angenommen, welches den folgenden Rechtsfall betrifft:
Eine in Preussen erschienene Sammlung von Musterzeich- nungen wurde später in England mit Bewilligung des ersten Herausgebers in einer besonderen Ausgabe veröffentlicht, und demnächst in Preussen ohne Erlaubniss des Herausgebers nach- gedruckt. Das Obertribunal wies die Denuntiation wegen die- ses Nachdruckes zurück, indem es feststellte, dass das Vorbild des Nachdruckes nicht die erste preussische, sondern die eng- lische Ausgabe der Musterzeichnungen gewesen sei, und dass diese englische Ausgabe nicht nach Vorschrift des Vertrages vom 13. Mai 1846 durch Einregistrirung in Preussen gegen Nachbil- dung geschützt sei. Es könne daher der Herausgeber der Zeichnungen die Reproduction derselben nach der in England veröffentlichten Copie auch in Preussen nicht hindern1).
Diese Entscheidung kann jedoch nicht als zutreffend an- erkannt werden. Der Urheber der fraglichen Musterzeichnun- gen erwarb durch deren Erscheinen in Preussen nach §. 18 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 das ausschliessliche Recht der Ver- vielfältigung. Wenn er demnächst eine besondere Ausgabe in England autorisirte, wozu er nach dem Staatsvertrage vom 13. Mai 1846 ausschliesslich befugt war, so übte er dadurch nur das ihm zustehende Recht aus. Er beging jedenfalls eine ganz erlaubte Handlung, mit welcher die Gesetze einen Rechtsnach- theil, insbesondere den Verlust des ausgeübten Rechtes keines- weges verbunden haben. Die fraglichen Musterzeichnungen sind also nach wie vor gegen Nachdruck geschützt und dies scheint auch das Obertribunal anzuerkennen, indem es seine Entscheidung darauf stützt, dass nicht ein Exemplar der Preus- sischen, sondern der Englischen Ausgabe als Vorbild für den Nachdruck benutzt worden sei. Allein beide Ausgaben waren Reproductionen derselben Zeichnung, an der der Herausgeber das Recht der ausschliesslichen Vervielfältigung besass. Es kann also auf die Herkunft der benutzten Copie nicht ankom- men, da es für die Beurtheilung einer Rechtsverletzung offen- bar gleichgültig ist, welcher Mittel sich der Urheber zu dersel- ben bedient hat. Auch würde es nicht bloss theoretisch unrichtig, sondern practisch geradezu verkehrt sein, die Strafbarkeit des
1) Goltdammers Archiv Bd. 5 S. 631 ff.
VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
nales vom 15. Juli 1857 angenommen, welches den folgenden Rechtsfall betrifft:
Eine in Preussen erschienene Sammlung von Musterzeich- nungen wurde später in England mit Bewilligung des ersten Herausgebers in einer besonderen Ausgabe veröffentlicht, und demnächst in Preussen ohne Erlaubniss des Herausgebers nach- gedruckt. Das Obertribunal wies die Denuntiation wegen die- ses Nachdruckes zurück, indem es feststellte, dass das Vorbild des Nachdruckes nicht die erste preussische, sondern die eng- lische Ausgabe der Musterzeichnungen gewesen sei, und dass diese englische Ausgabe nicht nach Vorschrift des Vertrages vom 13. Mai 1846 durch Einregistrirung in Preussen gegen Nachbil- dung geschützt sei. Es könne daher der Herausgeber der Zeichnungen die Reproduction derselben nach der in England veröffentlichten Copie auch in Preussen nicht hindern1).
Diese Entscheidung kann jedoch nicht als zutreffend an- erkannt werden. Der Urheber der fraglichen Musterzeichnun- gen erwarb durch deren Erscheinen in Preussen nach §. 18 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 das ausschliessliche Recht der Ver- vielfältigung. Wenn er demnächst eine besondere Ausgabe in England autorisirte, wozu er nach dem Staatsvertrage vom 13. Mai 1846 ausschliesslich befugt war, so übte er dadurch nur das ihm zustehende Recht aus. Er beging jedenfalls eine ganz erlaubte Handlung, mit welcher die Gesetze einen Rechtsnach- theil, insbesondere den Verlust des ausgeübten Rechtes keines- weges verbunden haben. Die fraglichen Musterzeichnungen sind also nach wie vor gegen Nachdruck geschützt und dies scheint auch das Obertribunal anzuerkennen, indem es seine Entscheidung darauf stützt, dass nicht ein Exemplar der Preus- sischen, sondern der Englischen Ausgabe als Vorbild für den Nachdruck benutzt worden sei. Allein beide Ausgaben waren Reproductionen derselben Zeichnung, an der der Herausgeber das Recht der ausschliesslichen Vervielfältigung besass. Es kann also auf die Herkunft der benutzten Copie nicht ankom- men, da es für die Beurtheilung einer Rechtsverletzung offen- bar gleichgültig ist, welcher Mittel sich der Urheber zu dersel- ben bedient hat. Auch würde es nicht bloss theoretisch unrichtig, sondern practisch geradezu verkehrt sein, die Strafbarkeit des
1) Goltdammers Archiv Bd. 5 S. 631 ff.
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VI. Entstehung und Endigung. §. 24. Ort des Erscheinens.
nales vom 15. Juli 1857 angenommen, welches den folgenden
Rechtsfall betrifft:
Eine in Preussen erschienene Sammlung von Musterzeich-
nungen wurde später in England mit Bewilligung des ersten
Herausgebers in einer besonderen Ausgabe veröffentlicht, und
demnächst in Preussen ohne Erlaubniss des Herausgebers nach-
gedruckt. Das Obertribunal wies die Denuntiation wegen die-
ses Nachdruckes zurück, indem es feststellte, dass das Vorbild
des Nachdruckes nicht die erste preussische, sondern die eng-
lische Ausgabe der Musterzeichnungen gewesen sei, und dass
diese englische Ausgabe nicht nach Vorschrift des Vertrages vom
13. Mai 1846 durch Einregistrirung in Preussen gegen Nachbil-
dung geschützt sei. Es könne daher der Herausgeber der
Zeichnungen die Reproduction derselben nach der in England
veröffentlichten Copie auch in Preussen nicht hindern 1).
Diese Entscheidung kann jedoch nicht als zutreffend an-
erkannt werden. Der Urheber der fraglichen Musterzeichnun-
gen erwarb durch deren Erscheinen in Preussen nach §. 18 des
Gesetzes vom 11. Juni 1837 das ausschliessliche Recht der Ver-
vielfältigung. Wenn er demnächst eine besondere Ausgabe
in England autorisirte, wozu er nach dem Staatsvertrage vom
13. Mai 1846 ausschliesslich befugt war, so übte er dadurch nur
das ihm zustehende Recht aus. Er beging jedenfalls eine ganz
erlaubte Handlung, mit welcher die Gesetze einen Rechtsnach-
theil, insbesondere den Verlust des ausgeübten Rechtes keines-
weges verbunden haben. Die fraglichen Musterzeichnungen
sind also nach wie vor gegen Nachdruck geschützt und dies
scheint auch das Obertribunal anzuerkennen, indem es seine
Entscheidung darauf stützt, dass nicht ein Exemplar der Preus-
sischen, sondern der Englischen Ausgabe als Vorbild für den
Nachdruck benutzt worden sei. Allein beide Ausgaben waren
Reproductionen derselben Zeichnung, an der der Herausgeber
das Recht der ausschliesslichen Vervielfältigung besass. Es
kann also auf die Herkunft der benutzten Copie nicht ankom-
men, da es für die Beurtheilung einer Rechtsverletzung offen-
bar gleichgültig ist, welcher Mittel sich der Urheber zu dersel-
ben bedient hat. Auch würde es nicht bloss theoretisch unrichtig,
sondern practisch geradezu verkehrt sein, die Strafbarkeit des
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/276>, abgerufen am 23.11.2024.
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